Geesthacht. Die Druckerei des Kelter-Verlags wird abgewickelt. Hoffnung gibt es nicht mehr. Zu den Gründen gibt es schon heikle Vermutungen.
Nun ist es offiziell: Es gibt keine Hoffnung für das Fortbestehen von Mero-Druck an der Düneberger Straße in Geesthacht. Knapp eine Stunde lang bis gegen 12.30 Uhr informierte der vom Hamburger Amtsgericht eingesetzte Insolvenzverwalter Dr. Thilo Streck am Donnerstag die Belegschaft über die Insolvenz. Hamburg ist zuständig, weil Mero-Druck an der Sonninstraße in Hamburg gemeldet ist, dort firmiert auch der Martin Kelter Verlag.
Anwesend waren zudem von der Geschäftsleitung Oliver Melchert und Finanzbuchhalter Wolfgang Wolk, die sich aber nicht gegenüber den Mitarbeitern äußerten. „Es dreht sich nur noch um die reine Abwicklung“, sagte ein Betriebsratsmitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte.
Mero-Druck Geesthacht: Großteil der Mitarbeiter freigestellt
Die Versammlung fand in der Halle der Druckerei zwischen den Maschinen statt, danach war für die meisten „Feierabend“. Der Großteil der 80 Mitarbeiter ist nun freigestellt, lediglich die Lohnbuchhaltung und die Betriebsleitung halten noch die Stellung, insgesamt sind das drei Menschen.
Zu arbeiten gibt es für die anderen nichts mehr, auch, weil kein Werkstoff mehr vorhanden ist. „Wir haben alles bis zur letzten Rolle weggedruckt“, sagt ein Betriebsratsmitglied. „Wir können momentan gar nichts tun, nur abwarten, was passiert.“
Da die Mitarbeiter bis jetzt aber nur freigestellt und nicht entlassen sind, könnte später doch noch mal Arbeit anfallen. „Wir wurden darauf hingewiesen, dass einige von uns noch mal gebraucht werden könnten, wenn in der Druckerei etwas anfällt“, sagt einer. Soll heißen: Antreten zum Anpacken beim Demontieren des alten Arbeitsplatzes.
Geesthacht: Insolvenzantrag kurz vor Auszahlung des Januar-Lohns
Was den Betriebsrat besonders ärgert: Der Insolvenzantrag wurde kurz vor der Auszahlung des Lohns im Januar gestellt, der nun nicht mehr ausbezahlt wird. Zum Tragen kommt jetzt ein Insolvenzausfallgeld, das die Agentur für Arbeit überweist.
Es ist eine einmalige Zahlung in Höhe des Nettolohnes, wird aber erst rückwirkend ausbezahlt als Ersatz für ausstehenden Lohn aus den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es könnte sich also bei einigen eine finanzielle Lücke ergeben. Der Insolvenzverwalter wolle aber beantragen, dass die Auszahlung vorverlegt wird, hieß es.
Geesthacht: Sind Rivalitäten der Enkel des Gründers schuld?
Gegründet wurde der Verlag 1938 in Leipzig. Die Druckerei war seit 1957 in Geesthacht an der Mühlenstraße ansässig gewesen, erst im Jahr 2018 an die jetzige Adresse umgezogen. Der Martin Kelter Verlag, der von Otto Melchert nach dem Krieg in Hamburg neu aufgebaut wurde, war der einzige Auftraggeber.
Warum der Kelter-Verlag nun lieber woanders druckt als in der verlagseigenen Druckerei – „in Rumänien, Litauen und sonstwo“, hieß es wütend aus Kreisen der Belegschaft – darüber wird bei den Mitarbeitern heftig spekuliert. So ist zu hören, dass es nicht nur geringere Kosten sein könnten, auch Rivalitäten in der Enkelgeneration des Gründers würden für möglich gehalten, hieß es. So ist Oliver Melchert für Mero-Druck zuständig, Mario Melchert hat die Geschäftsführung des Martin Kelter Verlags inne.
Druckerei-Belegschaft in Geesthacht fühlt sich hintergangen
Die Stimmung in der Belegschaft schwankt von „maßlos enttäuscht“ bis „schockiert“. „Wir fühlen uns hintergangen“, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen ebenfalls nicht gedruckt sehen wollte. „Im vergangenen Jahr hat es noch geheißen, dass wir gut aufgestellt sind. Da hat keiner mit gerechnet, dass es so schnell geht.“
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Der Betriebsrat ist am Montag vor einer Woche informiert worden. Man sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden, hieß es. Da sei kein Interesse an einem Sanierungskonzept gewesen. Daraufhin wurde zunächst die Früh-, dann die Spätschicht informiert. „Es war vor dieser Versammlung jedem bekannt, dass es vorbei ist“, heißt es aus Kreisen der Belegschaft.
Betriebsrat in Geesthacht will Fachanwalt engagieren
Und so drehten sich die Fragen aus der Belegschaft, die Dr. Thilo Streck am Donnerstag beantwortete, bereits um die persönliche Zukunft. Fragen an die Geschäftsleitung indes blieben aus: „Mit denen haben wir abgeschlossen, hier hat keiner wirklich Interesse daran, sich mit denen auseinanderzusetzen“, hieß es vom Betriebsrat.
Der will einen Fachanwalt für Arbeitsrecht engagieren, zudem hat die Gewerkschaft Ver.di Unterstützung zugesagt. Um die Verbindung unter den Mitarbeitern zu halten, wird eine WhatsApp-Gruppe gegründet. „Und wir planen noch einen letzten Umtrunk, nach Möglichkeit in der Halle“, verspricht der Betriebsrat.
Oliver Melchert war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.