Schwarzenbek/Bergedorf. Universelle und Primary verschmelzen mit der Bergedorfer Mutter. Die Gewerkschaft lobt den Zukunftstarifvertrag.
Ein Schreiben, das jüngst an Lieferanten dreier Hauni-Tochterunternehmen versandt wurde, würde in anderen Konzernen Alarmglocken schrillen lassen, die Angst um den Verlust von Arbeitsplätzen befeuern. Teilt doch die Hauni GmbH mit, dass die bisherigen Tochterunternehmen Ende August mit der Mutter verschmolzen werden, damit verlieren sie ihren Status als eigenständige Firmen. Doch in Bergedorf und Schwarzenbek, wo die bisherigen Hauni-Töchter Baltic, Universelle und Primary ansässig sind, hält sich die Unruhe in Grenzen.
Dabei wird im Schreiben auch mitgeteilt, das sich für die Konzerntöchter die Rechnungsadresse ändert, mithin Aufgaben zentralisiert werden. Meist ein Zeichen, dass mit dem „Heben von Synergien“ Stellen gestrichen werden sollen. Zumindest aber können „für Warenlieferungen weiterhin die Anschriften in Schwarzenbek gültig sein“, so die Mitteilung. Aber: „Die genaue Adresse … ist bitte immer aktuell der Bestellung zu entnehmen.“
In der Corona-Pandemie erstmals Kurzarbeit vereinbart
Tatsächlich ist die Mitteilung wenig überraschend. Sie steht am Ende von Verhandlungen zwischen IG Metall, Betriebsräten und Arbeitgeberseite. Ziel: Die Hauni-Gruppe zukunftsfähig umbauen. Der Rahmen wurde in einem Zukunftstarifvertrag fixiert, ihn lobt die Gewerkschaft als „lehrbuchhaft“.
In der Corona-Pandemie musste erstmals für den Maschinenbauer Hauni Kurzarbeit vereinbart werden. Die eigentlichen Probleme für den Marktführer für Zigarettenmaschinen rühren jedoch aus der weltweit sinkenden Nachfrage nach Glimmstängeln. Der Absatz von Hightech-Zigarettenmaschinen, wie die Hauni sie fertigt, ist massiv eingebrochen. Folgerichtig werden auch weniger Anlagen zur Tabakaufbereitung benötigt, wie die Primary sie in Schwarzenbek herstellt. Auch das Kerngeschäft der Universelle leidet, die Instandsetzung und Modernisierung von Zigarettenmaschinen.
Der Maschinenbauer und seine Töchter leiden unter Absatzkrise
Auf 953 Arbeitsplätze hatte das Hauni-Management den Arbeitskräfteüberhang beziffert: Etwa jede dritte Stelle hätte abgebaut werden sollen, so die Ausgangslage. Die Betriebsräte setzten die Forderung dagegen, das Unternehmen müsse sich neu erfinden, für einen Umbau werde qualifiziertes Personal benötigt. Der Kompromiss wurde nach langen Verhandlungen zwischen Gewerkschaft, Betriebsräten und Management vereinbart: Der Stellenabbau wird auf knapp 700 reduziert, auf Entlassungen verzichtet.
Über Altersteilzeit (ab Geburtsjahr 1964) und Abfindungsangebote wird die Mitarbeiterzahl an den Standorten Bergedorf und Schwarzenbek bis Ende 2024 sozialverträglich auf 1610 Mitarbeiter reduziert, bestätigt Pressesprecherin Henriette Fiebig. Daten zu einzelnen Standorten würden nicht genannt, „diese werden als Einheit betrachtet“. Mit dem Betriebsrat vereinbart sind Qualifizierungsmaßnahmen. „Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen, die innerhalb des Betriebes eine neue Funktion einnehmen, bekommen eine umfassende Qualifizierung für ihren neuen Tätigkeitsbereich.“
„Das Unternehmen richtet sich komplett neu aus“
Die Einigung mit der Arbeitgeberseite sei vor allem durch den starken Hauni-Betriebsrat vorangetrieben worden, lobt Ina Mewes, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall. Mit dem abgeschlossenen Zukunftstarifvertrag habe man sich darauf verständigt, wie die notwendige „Transformation“ der Hauni gemeinsam zum Erfolg geführt werden könne. „Das Unternehmen richtet sich komplett neu aus. Die Verschmelzung bietet die Chance, sich neu zu strukturieren.“
Der Fortbestand einzelner Hauni-Töchter in und um Bergedorf mache keinen Sinn, so Mewes. Die Verschmelzung sei wirtschaftlich sinnvoll. „Es wird so gelingen, sich gemeinsam besser am Markt zu behaupten.“
Alle Betriebe, Mutter wie Töchter, müssen Personal abbauen
Alle Firmen seien gleichermaßen betrachtet worden, „alle müssen Personal abbauen“, sagt Mewes. Eines sei mit der Einigung nicht verbunden, eine dauerhafte Garantie der Standorte, so die Gewerkschafterin. Mit Blick auf die Primary in Schwarzenbek waren wiederholt Überlegungen laut geworden, sie mit ausländischen Unternehmen zu fusionieren.