Itzehoe/Flensburg. Sechs Aktivisten stehen wegen Protestaktionen auf Sylt vor Gericht. Sie sollen an einem Privatjet einen Millionenschaden verursacht haben.

Drei Frauen und drei Männer im Alter von 22 bis 61 Jahren hatten im Sommer auf Sylt einen Privatjet mit oranger Farbe besprüht und wenig später auf einem Golfplatz einen Baum sowie Blumen gepflanz. Wegen dieser Protestaktionen sowie der damit verbundenen Sachbeschädigung müssen sich die sechs Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation nun vor dem Amtsgericht Niebüll verantworten.

Sie sollen bei ihren Aktionen auf dem Flugplatz der Insel im vergangenen Sommer erhebliche Schäden verursacht haben. Aufgrund von Kapazitätsgründen wird nicht im Amtsgericht Niebüll selbst, sondern in einem Saal in Itzehoe verhandelt.

Haftstrafen für Klimaschützer der Letzten Generation gefordert

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Farbaktion an dem Privatjet einen Schaden von mindestens einer Million Euro verursacht. Hauptursache dafür sei, dass die Klimaschützer vor dem Sprühen die Schutzabdeckungen der Triebwerke entfernt hätten. Allein dabei hätten sie Schäden von über 700.000 Euro verursacht. Die Staatsanwaltschaft nennt das Vorsatz und fordert für zwei Aktivistinnen im Alter von 22 und 24 Jahren jeweils Haftstrafen von über fünf Monate ohne Bewährung.

Sechs Aktivisten treffen nach Aktionen auf der Insel im Gericht ein.
Sechs Aktivisten treffen nach Aktionen auf der Insel im Gericht ein. © dpa | Marcus Brandt

Da die 24-Jährige bereits in einem anderen Verfahren zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurde, käme sie damit auf eine achtmonatige Haftstrafe. Für zwei weitere Mitglieder der Gruppe, die vor Gericht versichert hatten, keine weiteren politischen Straftaten begehen zu wollen, beließ es die Staatsanwaltschaft bei Geldforderungen über 1000 und 1200 Euro.

Gegen einen 29-Jährigen sowie eine 28-Jährige wurden die Klagen dagegen bereits fallen gelassen. Ihnen wird keine Beteiligung an der Sprühaktion am Flughafen vorgeworfen. Jedoch muss sich die Aktivistin in einem anderen Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin verantworten. Insgesamt wurde der Vorwurf, die Protestaktion habe den Flughafenbetrieb gestört, für die gesamte Gruppe fallen gelassen.

Letzte Generation vor Gericht: Mit Protestaktionen auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen

„Ich leiste zivilen Ungehorsam, weil ich Angst und Hoffnung habe”, begründete die Angeklagte Lilli G. ihre Beteiligung an der Syltaktion. Sie habe Angst vor der Klimakatastrophe und gleichzeitig Hoffnung, dass die Menschheit es doch noch schaffen könne.

Nach Ansicht der Angeklagten Regina S. haben die durchgeführten Protestaktionen auf Ungerechtigkeiten aufmerksam gemacht. „Im Grundgesetz steht, dass der Staat die Verantwortung trägt, für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen“, betonte sie. Allerdings schränke die Freiheit weniger Menschen, in Privatjets zu fliegen, die Freiheit vieler Menschen ein. 

„Ich bin hier heute angeklagt, und das macht mir höllische Angst“, so die Angeklagte. Doch auch das, was in der Welt passiere, mache ihr Angst. Und wenn die Menschen angefangen hätten, etwas gegen die Klimakatastrophe zu machen, hätte sie nicht protestieren müssen, rechtfertigte Regina S. ihr Handeln unter Tränen. 

Der Elterngeneration und der Gesellschaft warf die 22-Jährige vor, versagt zu haben. „Ich bin aktiv, weil die älteren Generationen es nicht für mich gemacht haben“, erklärte die Angeklagte. Denn auch das Pariser Klimaschutzabkommen, das die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen soll, sei gerissen.

Protestaktionen auf Sylt: Schäden gehen in die Millionen

Den drei Männern und drei Frauen wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, an zwei Aktionen im Juni 2023 beteiligt gewesen zu sein. Zunächst hätten sich die Angeklagten Zugang zum Sicherheitsbereich des Flughafens Sylt verschafft und dort ein Privatflugzeug mit oranger Farbe besprüht und verschiedene Banner angebracht. Darauf zu lesen waren Sprüche wie: „Euer Luxus = unsere Dürre“. Dabei entstand den Angaben nach ein Sachschaden in Höhe von mindestens einer Million Euro an dem Flugzeug und etwa 3700 Euro am zerschnittenen Zaun. 

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Acht Tage später sollen die Angeklagten auf dem Golfplatz des Hotels Budersand in Hörnum mehrere Löcher gegraben sowie einen Baum und mehrere kleine Blumen gepflanzt haben. Dabei, so hieß es zunächst, sei ein Schaden von gut 1.600 Euro entstanden. Nun aber erklärte die Staatsanwaltschaft, der entstandene Schaden falls im Verhältnis zu den Beschädigungen des Privatjets nicht weiter ins Gewicht.