Kappeln/Twedt. Die jungen Mütter in der Region müssen oft lange Wege in die Kliniken auf sich nehmen. Das will Lena Gieseke endlich ändern. Ihre Pläne.
Michelle Diekmann hat sich im Vorwege über die Geburt ihres Sohnes viele Gedanken gemacht. Der Grund: Die Fahrwege zu den Kliniken in der Schleiregion sind weit, eine Entbindung muss also genau geplant werden. „Ich musste schauen was für mich am besten passt und womit ich mich wohl fühle“, so die junge Mutter.
Das Problem: Die werdenden Mütter in der Region haben seit der Schließung der geburtshilflichen Klinik in Eckernförde keine Möglichkeit mehr, in der Nähe eine Krankenhaus zur Entbindung zu finden. „Alle Kliniken sind mindestens 40 Minuten mit dem Auto entfernt.“ Und eine solche Fahrzeit kann für eine Frau in den Wehen zur Qual werden. Und so kommt es, dass schon einige Kinder auf einem Parkplatz zwischen Kappeln und Kiel geboren wurden. Oder im Rettungswagen oder unfreiwillig sogar zu Hause.
Schlei-Region: Deshalb gründet eine Hebamme aus Kappeln ein Geburtshaus
Michelle Diekmann berichtet, dass sie sich mit ihrem Mann für das Krankenhaus in Kiel entschieden habe. In Absprache mit ihrer Hebamme habe sie versucht, den idealen Zeitpunkt abzupassen, sich auf den Weg zu machen. „Ich wurde in der ersten Phase der Geburt zuhause betreut. Das hat mir die Sicherheit gegeben, zum richtigen Zeitpunkt zum Kreißsaal loszufahren. Denn meine größte Angst war, zwei Mal hin und her fahren zu müssen, falls der Kreißsaal mich nochmal nach Hause schickt wenn die Geburt noch nicht so weit ist.“
„Von hier aus sind es zehn Minuten bis zur Klinik in Schleswig. Sollte bei einer Geburt ärztliche Hilfe nötig sein, würden wir die schnell bekommen.“
Diesen Umstand, dass junge Mütter die Geburt genau planen müssen, möchte die Kappelner Hebamme Lena Gieseke nun ändern. Sie plant ein eigenes kleines Geburtshaus in Twedt, genau auf halber Strecke zwischen Kappeln und Schleswig. „Von hier aus sind es zehn Minuten bis zur Klinik in Schleswig. Sollte bei einer Geburt ärztliche Hilfe nötig sein, würden wir die schnell bekommen.“
Stück für Stück hat Lena Gieseke ihr Geburtshaus Nordlicht für die Schlei-Region entworfen
Der Anfahrtsweg sei für die werdenden Mütter aus der Region ideal. „Mit dem Geburtshaus bekommen sie die Möglichkeit, ihr Kind in einem geschützten Rahmen zur Welt zu bringen, müssen aber nicht auf eine Hausgeburt zurückgreifen.“ Dazu biete das Haus eine eins zu eins Betreuung während der Geburt.
In Lena Gieseke ist der Plan lange gereift. „Frauen haben hier in der Gegend kaum eine Wahl den Geburtsort frei zu wählen oder zwischen Kliniken zu entscheiden. Alles hat mit langen Anfahrtswegen zu tun und dadurch entstehen Sorgen und Ängste. Diesen Zustand möchte ich ändern.“ Also habe sie Stück für Stück angefangen ihr Geburtshaus Nordlicht zu entwerfen.
In Twedt unweit von Schleswig wird das neue Geburtshaus stehen
Im vergangenen Jahr fand Lena Gieseke dann das passende Haus für ihr Projekt. Ein schlichtes Einfamilienhaus in Twedt, das die junge Mutter im Frühjahr erworben hat. Seit dem Sommer laufen die Umbauarbeiten, im Februar, spätestens im März, will sie ihr Geburtshaus nun eröffnen.
Lena Gieseke plant unterschiedliche Räume in ihrem Geburtshaus. Natürlich eine großzügigen Geburtsraum, ein Sprechzimmer, Bad, Küche und Aufenthaltsraum. Im ersten Stock wird es neben dem Büro auch ein Gästezimmer für Hebammenstudentinnen geben. „Ich möchte andere junge Frauen in der Ausbildung unterstützen“, so Lena Gieseke.
Das finanzielle Risiko für das Geburtshaus stemmt Lena Gieseke allein
Um ihren Traum zu verwirklichen, hat sie viel Mühen auf sich genommen. Das finanzielle Risiko stemmt sie dabei ganz alleine. „Leider erhalte ich nicht einmal eine Förderung, denn ein Geburtshaus fällt durch das Raster aller Vorschriften“, so die Hebamme. Weder die Gemeinde, noch der Kreis oder das Land hätten Gelder bewilligt. „Keiner sieht das Geburtshaus als seinen Zuständigkeitsbereich und damit wurden alle Anfragen nach Fördermittel direkt abgelehnt.“
Also habe sie verschiedene Kredite für den Hauskauf und den Umbau auf sich genommen. Was sie ärgert. „Denn alle reden immer davon, dass wir dringend Hebammen und die geburtliche Hilfe benötigen. Unterstützung bekommen wir aber quasi keine.“
Bei einer Crowdfunding-Aktion sind für das Geburtshaus 25.000 Euro zusammengekommen
Deshalb hat Lena Gieseke nun eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Unter startnext, per Überweisung oder Paypal konnten alle Menschen, die ihr Geburtshaus unterstützen wollen, eine Spende abgeben. Mit Erfolg. Bisher sind bereits 25.000 Euro zusammen gekommen. „Das macht mich stolz und glücklich“, so Lena Gieseke.
- Sieseby: Betreiber für Restaurant an der Schlei gesucht
- Schlei: Wie Amt gegen illegale Ferienwohnungen vorgeht
- Schleifähre Missunde: Streit zwischen Amt und Betreiber spitzt sich zu
Wenn das Geburtshaus Nordlicht fertig ist, wird Lena Gieseke hier allerdings nicht alleine arbeiten. Mit drei weiteren Hebammen hat sie Kooperationen abgeschlossen, die ebenfalls Geburtshilfe in Twedt anbieten wollen. „Die Miete, die ich dadurch einnehmen, gibt mir die Möglichkeit, zumindest bei den laufenden Kosten nicht alleine dazustehen.“
Erste Anmeldungen für das neue Geburtshaus in Twedt gibt es bereits
Mittlerweile kann es die junge Hebamme kaum mehr erwarten, endlich ihr Geburtshaus Nordlicht zu eröffnen. Erste Anmeldungen für Geburten im Frühjahr hat sie bereits. Und auch Michelle Diekmann ist begeistert von den Plänen ihrer Hebamme. „Das wird ein großer Gewinn für alle Mütter in der Region“, sagt sie. Und wer weiß, vielleicht kann sie ja auch eines Tages noch einmal auf die neue Einrichtung zurückgreifen.