Vielerlei sagenhafte Geschichten und Ereignisse ranken sich um die Ostseeküste. Hier bauten die Wikinger ihre erfolgreiche Handelsstadt Haitabu, die Hanse brachte Städte wie Lübeck, Wismar und Stralsund zu Weltgeltung und Fürsten und Könige bauten sich gewaltige Schlösser und Burgen. Nicht weniger phantastisch ist die Natur: zum Beispiel Bernstein, die “Tränen der Götter“ sind mehrere Millionen Jahre alt und gar nicht so schwer zu finden.

Bernstein Kaum zu glauben, wer einen Bernstein findet, der hält vielleicht etwas in den Händen, das 40 bis 50 Millionen Jahre alt sein könnte. Bernstein ist versteinertes Harz von Nadelbäumen, das vor dieser unvorstellbar langen Periode (Tertiärzeit) vom Baum herabtropfte und durch Flüsse dem Meer zugeführt wurde. Meist ist Bernstein am Wasserrand zwischen angespülten Algen und Seegras zu entdecken. Und wie erkennt man, ob der Fund echt ist? Bernstein ist leichter als ein echter Stein, sodass er in konzentriertem Salzwasser schwimmt, und sich elektrostatisch auflädt. Schnelltest: Wenn man mit seinem Fund vorsichtig an die Zähne klopft, klingt es dumpf und matt. 300 verschiedene Bernsteinarten sind bekannt. Sie schimmern hellgelb bis orangerot, bräunlich oder gelblich weiß. Bereits in ur- und frühgeschichtlicher Zeit war er als Schmuckstein begehrt, wie Funde in Großsteingräbern belegen.

Knicks Typisch für die ostholsteinische Bauernlandschaft sind Knicks. Sie begrenzen fast alle Äcker und bestehen überwiegend aus Schlehdorn, Haselsträuchern, Holunder, Weißdorn und Brombeeren. Knicks entstanden erstmals vor etwa 200 Jahren, als anlässlich der Bodenreform die Weideflächen in Privateigentum aufgeteilt wurden. Um Grenzstreitigkeiten zu vermeiden, mussten die neu geschaffenen Felder mit Wällen umgeben werden. Zum Schutz gegen überlaufendes Vieh wurden diese dann mit Hecken bepflanzt, die auch vor Wind schützten und Brennholz lieferten.

Leuchttürme Als Navigationshilfen für die Schifffahrt wurden 1220 erstmals in Travemünde Leuchtfeuer eingesetzt. Entlang der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns gibt es zehn Leuchttürme, die Türme in Warnemünde, Wustrow, Darßer Ort, auf Kap Arkona und Hiddensee können Sie besteigen. An der Schleswig-Holsteinischen Ostküste sind noch 19 Leuchttürme in Betrieb. Spitzenreiter ist Fehmarn, auf der Insel stehen sechs Leuchtfeuer. Klassisch ist das Ringel-Outfit in Rot und Weiß, doch es gibt sie in allen Farben und Formationen. Einer der berühmtesten steht auf Kap Arkona (Insel Rügen) und ist klein und eckig. Ihn hat kein geringerer als Karl Friedrich Schinkel 1825 entworfen.

Matrosenanzug Ausgerechnet eine Ente rettete dieses traditionelle Kleidungsstück in die moderne Welt: Comicfigur Donald Duck schwört nach wie vor auf die Kieler Bluse. Doch der klassische, weiß-blau gestreifte Matrosenanzug erhielt bereits 1846 Weltgeltung: Der fünfjährige Kronprinz Edward, Sohn der englischen Königin Victoria, wurde in dem so genannten Kieler Anzug fotografiert, der seitdem als modischer Trendsetter fungierte. Kaiser Wilhelm II. begeisterte sich für das »patriotische« Kleidungsstück, das noch heute in abgewandelter Form von den "Blauen Jungs" der Bundesmarine getragen wird.

Mühlen Es gibt sie in Bock-, Turm- oder Erdholländer-Ausführung: die Windmühle. Sie mahlte für den Bauern alles, was sie so zwischen die Mühlsteine bekam, meistens natürlich Korn und Schrot. Das stürmische Schleswig-Holstein war ein Land der Windmühlen. Wassermühlen wurden nur selten gebaut. Noch im vorigen Jahrhundert gab es eine Mühle auf etwa 1000 Einwohner und rund 1000 Mühlen im ganzen Land. Etliche von ihnen wurden in den vergangenen Jahrzehnten wieder frisch aufgetakelt und funktionsfähig gemacht. Andere dienen als Hotel, Gaststätte oder private Wohnung. Gleich eine ganze "Sammlung" kann man im Schleswig-Holsteinischen Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel bewundern.

Nord-Ostsee-Kanal Der 1895 fertig gestellte, rund 100 km lange Nord-Ostsee-Kanal ist das größte und bekannteste Wahrzeichen Schleswig-Holsteins. Als "Kiel Canal" ist er den Schifffahrtsleuten in aller Welt bekannt. Rund 45.000 Schiffe passieren die Wasserstraße zwischen Brunsbüttel und Kiel-Holtenau jährlich. Wegen der zehn Hochbrücken dürfen ihre Mastspitzen nicht höher als 40 m die Wasseroberfläche überragen. Die beiden Schleusenanlagen am Anfang und Ende des Kanals zählen zu den größten der Welt. Dem Zuschauer bietet sich am Nord-Ostsee-Kanal ein faszinierendes Schauspiel: Passagierschiffe, riesige Tanker und Frachter schieben sich scheinbar mitten durch grüne Wiesen, auf denen Tiere weiden.

Raps Im Mai/Juni blüht er an der Ostseeküste. Es ist eine zu den Kohlgewächsen gehörende Pflanze, aus deren Samen in den Schoten Öl gewonnen wird. Zwischen Nord- und Ostsee liegt das größte geschlossene Rapsanbaugebiet Deutschlands, weil hier die Voraussetzungen am besten sind: nährstoffreiche, feuchte Böden, hohe Luftfeuchtigkeit und geringe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht.

Sanddorn Zitrone des Nordens. Der dornige Strauch wächst auf kargstem Boden, seine Wurzeln festigen den lockeren Sand. In Zentralasien ist seine Heilwirkung in ältesten Medizinwerken überliefert, in Deutschland erst seit den vierziger Jahren bekannt. Sanddorn enthält zehnmal mehr Vitamin C als eine Zitrone, weitere Vitamine, Mineralstoffe, Fettsäuren und Spurenelemente. An der Ostsee wird er als Likör, Marmelade, Bonbon und sogar als Gummibärchen verkauft. Inzwischen hat auch die Kosmetikindustrie das kostbare Öl entdeckt. Sanddorn gibt es als Duschbad, Körperlotion oder Seife. Die wilde Frucht ist schwer zu ernten und daher recht teuer. Zu schade für die Vase.

Seeadler und Kraniche Wenn Artenreichtum den Wert einer Naturlandschaft ausmacht, ist Mecklenburg-Vorpommerns Küste unbezahlbar, ein großräumiges Reservat für seltene und bedrohte Vogelarten. Die amphibische Welt der Boddenküste Moore und Schilfgürtel, Süßwasserwatten und Erlenbrüche, Hecken und Feuchtwiesen ist die Heimat von über 100 ständig hier lebenden Vogelarten, darunter Gänsesäger und Kolbenente, Drosselrohrsänger und Schlagschwirl. In Herbst und Frühjahr landen hier außerdem hunderttausende Zugvögel auf der Durchreise.

Plattdeutsch Nach dem Rückgang des Lateinischen war Plattdeutsch bzw. Niederdeutsch vom 14. Jh. an in Norddeutschland Amtssprache. Ab dem 16. Jh. nahmen der Adel und das Bürgertum das Hochdeutsche an; Plattdeutsch blieb die Umgangssprache der einfachen Menschen. Heute dient Plattdeutsch als Sammelbegriff für die verschiedenen, in Norddeutschland gesprochenen Dialekte, wobei das Mecklenburg-vorpommersche und das schleswig-holsteinische Platt nur geringe Unterschiede aufweisen. Junge Menschen haben oft Probleme, Plattdeutsch zu sprechen, die Älteren an der Ostseeküste verwenden es dagegen noch häufig. Binnenländern fällt es meist schwer, den Inhalt eines in Plattdeutsch geführten Gesprächs vollständig zu verstehen. Aber nur Döösbaddel (Dummköpfe) lernen nicht schnell, dass kieken gucken heißt, klönen sich unterhalten, n' lütten heben einen Schnaps trinken und dass man hinterher antütert (angeheitert) sein kann.

Strandkorb Der Rostocker Hofkorbmachermeister Wilhelm Bartelmann gilt als der Erfinder des Strandkorbs. 1882 baute er einer älteren, rheumakranken Dame einen mit Markisenstoff überdachten Rohrstuhl als Windschutz, der einem hochgestellten Wäschekorb glich. 1883 annoncierte Bartelmann im »Allgemeinen Rostocker Anzeiger«: »Badegästen empfiehlt Bartelmann Strandkörbe als Schutz gegen Sonne und Wind …« Und seine Ehefrau eröffnete 1884 in Warnemünde den ersten Strandkorbverleih an der Ostseeküste. In Heringsdorf auf Usedom fertigt eine Fabrik noch Strandkörbe in traditioneller Handarbeit.

Quallen Harmlos ist die glasklare Ohrenqualle, wenngleich als Schwimmpartner nicht jedermanns Sache. Mit der gelb bis rot aussehende Nesselqualle - auch als Feuerqualle bezeichnet - sollte dagegen möglichst keine Bekanntschaft gemacht werden, denn sie verursacht brennende Hautreizungen.