Cotignac. Mit ihren Weinen und dem eigenen Gin feiern Jeany und Stephen Cronk in Frankreich Erfolge. Nun wollen sie den deutschen Markt erobern.
Jeany Cronk spürt das Gefühl von Stolz, als sie im Garten ihrer Domaine sitzt und die Sonne hinter ihrem eigenen Weinfeld langsam untergeht. Auf der Terrasse nebenan läuft gerade eine Weinprobe mit dem hauseigenen Winzer. Sieben Rosé-Weine verkosten ihre Gäste hier in der Ferienvilla in einer abgeschiedenen Ecke der Provence in Südfrankreich. Sieben Flaschen ihrer Marke „Mirabeu“, die sie zusammen mit ihrem Mann Stephen entwickelt hat. Sie zählen heute zu den bekanntesten Rosé-Weinen der Region. Und es gibt viele Rosé-Weine in der Provence.
Für ein paar Minuten kann Jeany Cronk durchatmen, bevor in der Nacht das nächste Onlinemeeting mit Kunden aus Australien beginnt. „Man muss sich diese Momente nehmen und sie genießen“, sagt Cronk und lehnt sich in ihren Stuhl zurück, währen im Hintergrund ein Eichelheer zu Singen beginnt.
Vom Tegernsee über London nach Südfrankreich
Blickt die 49-Jährige nicht nur nach hinten auf ihr Weinfeld, sondern zurück auf die vergangenen 13 Jahre, liegt ein langer und steiniger Weg hinter der Münchnerin, die im Alter von 16 Jahren vom Tegernsee in ein Internat nach England gezogen ist. In London lernte sie bei ihrem ersten Job in einer Telekommunikationsfirma ihren heutigen Mann kennen. Sie bekamen drei Kinder. Lebten ein normales Leben. Doch sie vermissten etwas. „In unserem Leben war nichts falsch, aber es fehlte die zentrale Aufgabe, an die wir glaubten“, sagt Jeany Cronk mehr als ein Jahrzehnt später.
Ihr Mann Stephen hatte sich Jahre zuvor auf einer einsamen Radtour durch Australien in den Wein verliebt, als er durch das Barossa Valley radelte. In England eröffnete er ein kleines Weingeschäft. Doch es lief nicht rund. Die Leidenschaft für den Wein aber blieb. „Es war ein konstantes Verlangen, dass er es wieder schafft, seit ich ihn kenne“, sagt Jeany. Stephen wurde in seinem Job als Entrepeneur immer unglücklicher. „Wenn ich meine Ehe intakt halten wollte, musste ich eine Entscheidung treffen.“
Chanel, George Clooney und Brad Pitt mischen in der Provence mit
Zusammen trafen sie 2009 die Entscheidung, ihr Haus in London zu verlaufen, nach Südfrankreich zu ziehen und eine Weinmarke zu gründen. Jeanys einzige Bedingung: Wenn schon Südfrankreich, dann auch Rosé. „Die Provence ist die Ikone des Rosé-Weins“, sagt sie. Hier tummeln sich prominente Namen, die in Wein investieren. Ein Spielplatz der Milliardäre. Die Wertheimer-Familie von Chanel hat hier eine Domaine gekauft. Auch Hollywood-Star George Clooney mischt mit.
Aber aller Anfang ist auch im Weingeschäft schwer. Jeany und Stephen hatten ihren Traum. Sie wussten nur nicht, wie sie ihn realisieren sollen. Über Freunde aus der Schweiz lernten sie dann einen Franzosen kennen. Es war der Besitzer des Chateau Miraval, das er an die US-Schauspieler Brad Pitt und Angelina Jolie verkauft hatte. Er kannte sich in der Region aus und konnte den beiden gute Tipps geben. „Damit war klar, dass wir uns in das Abenteuer stürzen“, sagt Cronk.
2009 ging es schließlich in die Provence. Ihr jüngster Sohn George war da gerade einmal 13 Monate alt. In Cotignac fanden sie ein Haus. Die beiden älteren Kinder Josephine und Felix meldeten die Eltern auf einer Dorfschule an. Über lokale Winzer machten sie dann eine Assemblage, also die Mischung ihres ersten eigenen Weins. Jeany erinnert sich noch genau, wie sie ihre erste eigenen Flasche in den Händen hielt. „Das war unglaublich, etwas ganz Besonderes.“ Das Foto von ihr mit dem Wein in einer Blumenwiese existiert heute noch.
2011 unterschrieben die Cronks ihren ersten Wein-Vertrag
Als sie 2011 ihren ersten Vertrag für eine Produktion in England unterschrieben, gelang ihnen der Durchbruch. „Es war ein schneller Erfolg. Wir sind jedes Jahr gewachsen und haben die ersten Medaillen gewonnen“, erzählt Jeany. Heute haben die Cronks 30 Mitarbeiter, eine Boutique im Herzen von Cotignac und mittlerweile ihr eigenes Weingut samt Ferienhaus in der Südfrankreich. Ein Traum, auf den sie lange hinarbeiteten.
Mehr als 40 Betriebe schauten sich Jeany und Stephen in der Provence an. Zwischenzeitlich hatten sie fast schon aufgegeben. Bis sie eines Tages im Jahr 2019 in einem Naturschutzgebiet unweit des Golfes von Saint-Tropez ihre heutige Domaine fanden und sich auf Anhieb in den 20 Hektar großen Hof verliebten. Zwei Jahre später konnten sie die ersten Flaschen ihres eigenen Weinguts verkaufen. Es ist der Star unter den Mirabeau-Weinen: La Réserve. 34,90 Euro kostet eine Flasche dieses besonderen Rosé-Weins, der in Deutschland auf 300 Flaschen limitiert ist. Aufgrund der sich ständig verändernden Klimabedingungen in der Provence variiert der Geschmack jährlich – sofern dieser Wein überhaupt produziert werden kann.
Dass ein eigener Weingarten, der zudem auch noch regenerativ betrieben wird, immer wieder neue Herausforderungen und Probleme mit sich bringt, hat Jeany Cronk mittlerweile erfahren. Zunächst verhinderte der Frost eine bessere Ernte, dann kam die Corona-Pandemie, in der die beiden nicht wussten, ob sie ihr Geschäft überhaupt weiterführen können. Auch die Trockenheit machte Probleme. „Wir haben immer wieder die Ärmel hochgekrempelt. Das ist Stephens Mentalität. Manchmal ist er vielleicht zu optimistisch“, sagt Jeany und lacht. „Ich bringe als Persönlichkeit mehr Zweifel ein. Zusammen ergibt das einen guten Entscheidungsprozess.“
Großbrand in der Provence zerstörte die Felder
Doch als vor einem Jahr dann alles nach einem guten Sommer aussah, brach plötzlich ein Waldbrand aus. Auslöser: eine weggeworfene Zigarette. Es war 15 Uhr am Nachmittag, als in der Ferne Rauchschwaden aufstiegen. Zwei Stunden später stand der ganze Hügel unweit der Domaine in Flammen. Zunächst breitete sich das Feuer Richtung Küste aus. Am nächsten Tag drehte der Wind und der Großbrand erreichte ihre Felder.
Jeany und Stephen mussten ihre Domaine für zwei Tage verlassen. Insgesamt 8000 Hektar Land brannten in der Provence ab. Auch ein kleines landwirtschaftliches Gebäude der Cronks. „Wir haben gebangt“, erzählt Jeany. Das Feuer konnte gelöscht werden, die Domaine blieb unversehrt, aber die Weinernte war hinüber. „Es sah grauenvoll aus. Wir haben uns gefragt: Was soll denn noch alles passieren?“
Maison Mirabeau macht jetzt auch einen Rosé-Gin
Ein Jahr später sind viele Bäume und Büsche immer noch verkohlt. Die Weinfelder aber haben sich schnell erholt. Wie die Ernte am Ende des Jahres ausfällt, ist bei dieser Form von Produktion aber schwer zu prognostizieren. „Dieses Jahr hoffe ich auf eine bessere Ernte, dann werden wir den Wein hoffentlich nach Deutschland bringen“, sagt Jeany Cronk.
In England, Frankreich, Australien und den USA ist die Münchnerin bereits ein kleiner Star der französischen Weinbranche. Vor allem, seit die Cronks 2020 mitten in der Pandemie ihren ersten Rosé-Gin herausgebracht haben. in Deutschland aber ist Mirabeau noch im Kommen.
Vor allem in ihrer bayerischen Heimat hofft Jeany Cronk mit ihrem Rosé nun auf den Durchbruch. Vier Mal im Jahr ist die Mirabeau-Macherin in München. „Der deutsche Markt gewinnt an Wichtigkeit. Die Deutschen entdecken den Rosé“, sagt Cronk, die als Kind eigentlich Modedesignerin werden wollte. Nun macht sie Rosé in der Provence. „Ich kann es mir nicht vorstellen, noch mal woanders zu leben.“ Jeany guckt in die Ferne über ihr Weingut und atmet tief durch. Die Provence ist jetzt ihr Zuhause. Und soll es auch bleiben.