Diese und weitere Fragen rund um Rosé-Wein (und Gin) beantworten die Experten und ihr Gast, Jeany Cronk vom Weingut Mirabeau.
Der Spätsommer geht langsam zu Ende und damit, zumindest in Deutschland, auch die hohe Zeit des Rosé. Denn dieser wird bei uns meist dann getrunken, wenn es richtig warm ist, man draußen sitzen, grillen und chillen kann.
In anderen Ländern ist das ganz anders, dort ist der Rosé längst ein Ganz-Jahres-Wein – auch weil er dort oft weniger fruchtig und süß daherkommt. So wie die Rosé-Weine aus der Provence, die nicht nur ziemlich hell, sondern so trocken sind, dass man sie „mit geschlossenen Augen auch für Weißweine halten könnte“. Sagt Jeany Cronk, eine Deutsche, die 2009 mit ihrem Mann Stephen aus dessen Heimat England in die Provence auswanderte, um dort mit Mirabeau „eine der beliebtesten Rosé-Marken der Welt zu erschaffen“, wie das Weinmagazin „Falstaff“ schreibt.
Weinpodcast Vier Flaschen: Wie schmecken Rosé-Weine eigentlich?
Ist das wirklich so? Und wie schmecken Rosé-Weine, die weder überbordend fruchtig noch besonders süß sind? Darum geht es in der neuen Folge unserer Reihe „Vier Flaschen“, in der Weinkenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard drei verschiedene Rosé von Jeany Cronk probieren – und, Premiere (!), einen Gin.
Los geht es mit dem Mirabeau Classic aus dem Jahr 2020, dem Einsteigerwein der Cronks, der „staubtrocken und quasi zuckerfrei ist“, so die Winzerin, denn das sei die Grundidee hinter den Rosés aus der Provence. Typisch ist auch die Farbe, ein fast durchsichtiger Lachston.
Der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen Rosés sei aber, so Michael Kutej, dass die verwendeten Trauben in der Provence nur zu deren Herstellung verwendet und daraus hinterher nicht noch Rotweine gemacht werden: „Das sind nicht Rosés, die man einfach so wegschlürft, die können auch sehr gut zum Essen gereicht werden.“ Der Weinkenner schmeckt bei der ersten Flasche Himbeere und Zitrone, „ich mag diese dezente Frucht“. Ein richtiger Terrassenwein ist der Classic aber nicht, er sei auch gar kein Sommerwein mehr, so Cronk: „Wir verkaufen den Wein das ganze Jahr über, die Engländer trinken ihn auch im Winter, in den USA ist er Weihnachten zum Truthahn beliebt.“
Rosés vom Weingut Mirabeau: Es wird trockener, bevor es fruchtiger wird
Zweite Flasche, nächsthöhere Mirabeau-Stufe: Der Pure, ebenfalls aus dem Jahr 2020, soll ein noch trockenerer Wein als der erste sein und hat statt eines Schraubverschlusses einen Korken. „Wenn es nach uns ginge, würden wir alle unsere Rosé-Weine mit einem Schrauber verkaufen. Aber in unseren wichtigsten Märkten wird von den Kunden erwartet, dass ein Wein in dieser Klasse mit einem Korken geliefert wird.“ Haider schmeckt Limette, Kutej Grapefruit und sagt: „Der Rosé hat auf jeden Fall etwas Bitteres, und er ist etwas gehaltvoller und spannungsgeladener als der erste.“ Leonhard ist der Pure dagegen „deutlich zu bitter, das ist mir zu viel“. Die Flasche kostet 14,90 Euro.
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Zu Nummer drei, dem Star der Cronks, dem Mirabeau Etoile, der zu 90 Prozent aus Grenache besteht, eine der bekanntesten Rotweinrebsorten der Welt, und zu zehn Prozent aus Syrah. „Man schmeckt Pfirsich, Aprikose und Birne, also eher die weißen als die roten Früchte“, sagt Jeany Cronk. Es sei einer der wenigen Weine aus ihrem Sortiment, der auch gut zu Desserts passen würde und den man nicht sofort trinken muss: „Ich finde ihn im zweiten Jahr sogar besser, weil er cremiger wird.“
Aus den Resten der Trauben wird Gin gebrannt
Aber trinken die Menschen Rosé, wenn er ein Jahr alt ist? Kutejs Erfahrung sagt: „Unsere Gäste wollen frische Rosés, bei einer Flasche aus dem Vorjahr wären sie skeptisch, ob die vielleicht einfach übergeblieben ist.“
Bleibt noch die Frage zu klären, was die Cronks eigentlich mit den ganzen Trauben machen, aus denen die Rosés gepresst werden. Die Antwort: Die Reste sind kein Abfall, sondern die Grundlage für einen lachsfarbenen Gin, der in einer Flasche abgefüllt wird, die wie ein Parfümflakon aussieht. „Ist das nicht, kombiniert mit der Farbe, ein Problem, um männliche Kunden zu erreichen?“, fragt Axel Leonhard.
Gin-Tonic-Exkursion: Früher war das Leben einfacher
Cronk gibt zu, dass ihr Gin eine „feminine Komponente“ hat, aber das sei bewusst so entschieden worden, „weil das Getränk sonst eher maskulin daherkommt: Wir wollten ein Produkt herstellen, das vor allem Frauen gut gefällt, weil die ja auch sehr gern Gin trinken.“ Was man über Gin wissen muss: Der Mindest-Alkoholgehalt liegt bei 37,5 Prozent, er muss mit Wacholderbeeren hergestellt werden und der Geschmack nach Wacholder vorherrschend bleiben, „das ist die Kernaussage“, sagt Michael Kutej.
Den Gin könne man übrigens auch pur trinken, wer einen Gin Tonic zubereitet, sollte ein möglichst geschmacksneutrales Tonic Water verwenden: „Das Tonic entscheidet, wie der Drink am Ende schmeckt“, sagt Kutej, nicht weniger wichtig sei, was man sonst noch in einen Gin Tonic stecke: Jeany Cronk mag Rosmarinzweige und Zitronenscheiben in ihrem Drink, das sei typisch für die Provence – genau wie der Lavendel, der neben dem Wacholder in ihrem Gin enthalten sei.
Überhaupt sei die richtige Mischung „eine Wissenschaft für sich“, von der Kutej manchmal auch genervt ist: „Früher, als es zwei Gin-Sorten und Tonic nur von Schweppes gab, war das Leben schon einfacher …“ Der Weinkenner schmeckt aus dem Gin übrigens noch mehr heraus als Wacholder und Lavendel – nämlich Rosenblätter, Koriander und Jasmin.
„Vier Flaschen“ alle zwei Wochen auch im Kurzformat
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen.
Ganz neu: Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es jetzt alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird. Hören/Schauen Sie mal rein! Und: Wenn Sie bei einer digitalen Weinprobe dabei sein wollen, schreiben Sie uns einfach eine Mail an chefredaktion@abendblatt.de.