Gambia ist am besten im Winter zu bereisen. Urlauber, die sich nicht auf die Strandhotels beschränken, erwartet ein afrikanisches Abenteuer.
Das Bier im Straßenimbiss kostet umgerechnet nur 80 Cent, der Urlauber sitzt auf einem klapprigen Plastikstuhl. Für den Gin Tonic in einer schicken Hotelanlage zahlt er fünf Euro, die Barhocker dort sind bequem gepolstert. Aber ob Bretterbude oder Sterne-Resort - der Ausblick ist gleich: Die Sonne steht über dem Atlantik, feiner Sandstrand, Palmen, ein wolkenloser Himmel. Die Luft hat 30 Grad. Sind das die Kanarischen Inseln? Der Längengrad passt zwar, doch der Sundowner spült noch weiter im Süden die Kehle herunter: in Bakau in Gambia.
Der Zwergstaat an der Westküste Afrikas ist komplett eingeschlossen vom Senegal. Benannt ist er nach dem Fluss, an dessen Ufer er liegt. Die Briten feuerten zu Kolonialzeiten von ihren Schiffen Kanonenkugeln an Land, und dort, wo sie einschlugen, zogen sie die Grenze. Seit 1965 ist Gambia unabhängig. Heute lebt die Wirtschaft stark vom Tourismus, und das liegt hauptsächlich an den schönen Stränden.
Von Spätherbst bis Februar ist Trockenzeit und das Meer noch warm. Bei Touristen vorn liegt Bakau im Norden am Cape Point, wo der Gambia-Fluss in den Atlantik mündet. Der Ort kann mit ordentlichen Hotels, Restaurants, Märkten, Geschäften und Internetcafés aufwarten. Viele Häuschen sind bunt gestrichen, die Händler bitten in ihre kleinen Läden. Ein Junge pirscht sich an einen Jeep heran und verscheucht mit einem Stock eine Ziege, die sich auf ein Autodach verirrt hat. Wie überall in Afrika spielt sich das Leben hier auf der Straße ab.
"In Gambia kommst du gut zurecht, die Leute helfen dir immer weiter", sagt Warren Hagist, ein amerikanischer Student auf Rucksackreise, und probiert das Maafe vom Imbiss: Reis mit Hühnchen in Erdnusssoße. Das Gericht kostet umgerechnet etwa einen Euro und schmeckt ausgezeichnet. Warren trägt Schlappen und Sporthose, er mag das einfache Essen hier. "Die schönsten Orte sind die, wo nur die Einheimischen hingehen." Weil Gambia zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, ist das Leben außerhalb der Touristenanlagen extrem günstig.
Innerhalb der Erholungs-Resorts verhält es sich dagegen wie in jedem beliebigen Strandhotel der Welt: Alles ist weitgehend sauber, der Kellner adrett gekleidet, und die Sonne brennt auf die Liegen am Pool, wo sonst nur wenig passiert. "Manche wollen, dass wir Hallo und Auf Wiedersehen sagen und reden sonst kein Wort mit uns", erzählt eine gambische Angestellte eines Vier-Sterne-Hotels. Sie hat gerade Pause, es ist ein heißer Mittag, und die Gäste sind zu träge, um sich bedienen zu lassen.
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Zurück im Ort ist es nahezu unmöglich, nicht mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Kurz stehen bleiben, Hände schütteln, Small Talk halten. "Oft gibt es aber einen schmalen Grat zwischen freundlich und aufdringlich", sagt die Amerikanerin Esther Hathaway, die neben Warren im Schatten an der Küstenstraße sitzt. Die 20-Jährige spielt auf diejenigen gambischen Männer an, die ihre Bekanntschaft für jede Art von Dienst oder Gefälligkeit anbieten - ein Problem, das fast überall dort entsteht, wo viel Geld auf arme Menschen trifft.
Meist sind die Offerten jedoch harmlos, es geht zum Beispiel um das Kunstgeschäft eines Cousins, das der Urlauber unbedingt noch gesehen haben muss. "Am Ende wollen sie Geld für etwas, von dem sie vorher behauptet haben, es sei auf jeden Fall nur ein Gefallen", erzählt Esther. Wer freundlich und bestimmt ablehnt, hat aber in der Regel nicht mehr Probleme als in jedem anderen Touristenort.
Nach dem Essen wollen die Amerikaner das Krokodilbecken von Kachikally finden. Eine Gruppe von Kindern übernimmt die Führung durch die engen Gassen. Der Tümpel ist Touristenattraktion und heiliger Ort zugleich. Für die Menschen in Gambia ist das Krokodil ein Symbol der Fruchtbarkeit. Ein Besuch von Kachikally könne sie von Krankheiten heilen, glauben manche. "Das größte Krokodil ist drei Meter lang und 55 Jahre alt", behauptet Aufpasser Mohamed Yalow. Er macht jetzt eine kleine Show und lockt die Reptilien mit einem Fisch aus dem Teich. Ein Weibchen lässt sich von Esther anfassen, es ist ganz mit Algen überzogen. "Die Frauen sind hässlich, die Männer sind schön. Bei uns ist es andersrum", sagt Mohamed. Das ist einer seiner lustigen Sprüche für die Touristen. Die Krokodile bleiben noch eine Weile erstarrt im Schatten liegen, dann kriechen sie zurück ins Wasser.
Noch mehr Tiere bekommen strandmüde Urlauber im Abuko Nature Reserve zu sehen: In Gambias bekanntestem Naturschutzgebiet leben unter anderem Hyänen. "Wir mussten zwei Gehege bauen, die Weibchen haben gekämpft", erklärt Ansunjan Njie, der gerade ein Schaf für die Fütterung zerlegt und sich um die Tiere kümmert.
Bald sollen noch drei Löwen aus Südafrika in den Park einziehen, in dem dichter Galeriewald den Rundweg überwuchert. In den Kronen der Ölbäume und Mahagonis sitzen Affen, gewaltige Spinnennetze spannen sich über die Pflanzen. Die Fahrt zurück nach Bakau dauert nur eine halbe Stunde.
Weil Gambia so klein ist, lässt sich die Küste leicht erkunden: die Vergnügungsmeile Kololi Beach, die ruhigen Fischerdörfer Gunjur und Katong oder das Vogelschutzgebiet von Tanji. Öffentliche Minibusse und Taxis wickeln den Verkehr ab, Fahrpläne gibt es nicht. Das Reisen vor Ort ist unkompliziert. Und die Hauptstadt Banjul fliegen mehrere Fluggesellschaften bequem von Europa aus an.
Abends kommen die Amerikaner für einen letzten Sundowner beim Imbiss an der Küstenstraße zusammen. Wenn die Sonne im Ozean versinkt, ist am Strand noch viel los: Die Kinder gehen schwimmen, Rauch steigt von den Grills auf, der letzte Fisch wird ausgeladen. Kleine Wellen schwappen auf den Sand, und die Möwen fliegen über dem Steg, bis der Himmel nur noch rot am Horizont glüht. Es sind diese Eindrücke, die in Erinnerung bleiben. Die Katalogbilder von Palmen, Meer und Traumstrand bleiben austauschbar.