Bargteheide. Basketballer zeigen gegen Neustadt Galavorstellung. Doppelter Grund zur Freude: Die Tochter des Trainer-Duos ist da.
Mit der Schlusssirene verwandelten die Fans der TSV Bargteheide Bees die Sporthalle der heimischen Dietrich-Bonhoeffer-Schule (DBS) noch einmal in einen Hexenkessel. Es war eine würdige Reaktion auf das wohl beste Basketballspiel der Vereinsgeschichte, auf den 124:111-Coup gegen den großen Regionalliga-Favoriten TSV Neustadt.
Und die Protagonisten? Konnten es scheinbar selbst nicht glauben, verzichteten zunächst auf große Jubelarien, klatschten sich eher routiniert ab. Auch in den folgenden Gesprächen wirkte es, als müssten sich die Stormarner nach einer traumhaften Vorstellung erst mal zwicken. „Wie kann man über 120 Punkte gegen die beste Defensive der Liga machen?“, rätselte Sportdirektor Said Ghalamkarizadeh. Und weiter: „Das ist verrückt, das ist krank! Im positiven Sinne krank. Das war unglaublich.“
Basketball-Regionalliga: TSV Bargteheide schlägt Tabellenführer Neustadt
Assistenztrainer Emanuel Bortz sagte: „Nein, wir haben damit gar nicht gerechnet.“ Und Center Tobias Schümann, der schon drei Klassen tiefer vor einem leisen Dutzend Zuschauern für die Bees auflief, musste grinsen beim Gedanken, was in den vergangenen Jahren alles passiert ist: „Wir haben hier etwas aufgebaut, haben eine Kultur, eine Brotherhood, das macht uns stark. Ich bin superstolz auf mein Team.“
Die Favoritenrolle lag vor Bargteheides letztem Heimspiel des Jahres klar bei den Gästen. Der TSV Neustadt am Rübenberge (bei Hannover) gilt als der stärkste und finanzkräftigste Club der Liga. Der Aufstieg ist das erklärte Ziel der nach dem Hauptsponsor benannten temps Shooters. Das untermauerte der Tabellenführer in seinen ersten neun Spielen mit neun (überwiegend haushohen) Siegen, stellt statistisch die beste Defense und die beste Offense der Liga. Auch die Erinnerung an die Vorsaison war noch frisch, damals zeigte Neustadt dem Liganeuling TSV Bargteheide mit zwei Kantersiegen so deutlich die Grenzen auf wie kein anderer Gegner.
Im ersten Viertel erzielen die Bargteheider unfassbare 38 Punkte
Diesmal war alles anders, und das von Beginn an. „Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es vielleicht das wichtigste Spiel der Saison ist, um zu zeigen, dass wir aus unseren Fehlern gelernt haben“, sprach Bortz die bisher größte Schwäche seiner Mannschaft an: das erste Viertel. „Wir wollten in erster Linie den Start in den Griff bekommen. Das ist uns diesmal gelungen.“
Gelungen ist natürlich eine krasse Untertreibung. Unfassbare 38 Punkte erzielten die Bees im ersten Viertel. Schon nach vier Minuten beim Stand von 18:8 nahm Neustadt die erste Auszeit, leistete sich direkt danach ein Offensivfoul, das Abdulai Abaker mit einem Dreier bestrafte. Wenig später traf Vladimir Migunov, obwohl er beim Wurf gefoult wurde, Marcel Hoppe dunkte zum 34:18, und Quran Dublin versenkte zwei Sekunden vor der Schlusssirene einen Dreier zum 38:24 – es gelang wirklich alles.
Die Aufstiegshelden Gäde und Schümann können glänzen
Ähnlich ging es weiter. Während Neustadt im zweiten Viertel zunächst fast vier Minuten ohne Punkt blieb, bauten die Hausherren ihre Führung zwischenzeitlich auf 22 Zähler aus. Erst kurz vor der Pause kippte das Momentum erstmals in die andere Richtung, Neustadt gewann das Viertel noch mit 26:25. Nach der Halbzeitpause machten die Gäste im dritten Abschnitt (36:35) erneut einen Punkt gut und kamen im letzten Viertel zwischenzeitlich bis auf sieben Zähler heran – doch die Bees erlaubten sich keine längere Schwächephase.
„Besonders das macht mich stolz“, sagte Bortz. „Einen guten Start kann man immer mal hinlegen. Aber wie wir dem Druck standgehalten haben, das war geil.“ In unterschiedlichen Situationen zeichnete sich wirklich jeder der neun Bargteheider aus. Besonders erfreulich für die Alteingesessenen unter den Fans waren sicher die starken Auftritte der Aufstiegshelden Jacob Gäde, der 13 Minuten spielte und mit einer Wurfquote von 100 Prozent glänzte, sowie Schümann, der besonders in den letzten seiner 18 Minuten mit wichtigen Punkten, Blocks und Rebounds großen Anteil am Sieg hatte.
US-Profi Quran Dublin kommt allein auf 53 Punkte
Dennoch kommt man nicht herum, eine Einzelleistung hervorzuheben: Quran Dublin erzielte utopische 53 Punkte, war für die Gäste nur mit Fouls (14) zu bremsen – was auch nichts nützt, wenn daraufhin der beste Freiwurfschütze der Liga an die Linie geht. Dublin versenkte alle seine 23 Freiwürfe. „Das war sicherlich bei Weitem mein bestes Spiel“, sagte der US-Profi, während er die zahlreichen Autogrammwünsche der jüngsten Fans erfüllte.
Bortz sprach von einer „Meisterleistung“. Nun haben die Bees sogar die Tabellenführung übernommen – und mit dem ersten Sieg gegen ein Spitzenteam der 1. Regionalliga den nächsten Schritt gemacht. „Wir haben in den letzten vier, fünf Jahren viele Meilensteine erreicht. Und das ist wieder einer“, sagte Sportdirekter Ghalamkarizadeh. „Wir haben gezeigt, dass wir ganz oben mitmischen und für eine Überraschung sorgen können.“
Für Emanuel Bortz war es das krönende Ende einer ohnehin unvergesslichen Woche. Am 4. Dezember brachte seine Ehefrau – Cheftrainerin Şükran Gencay – die gesunde Tochter Ikra auf die Welt. Die Galavorstellung ihrer Mannschaft verfolgte die junge Mutter im Livestream.
TSV Bargteheide Bees: Quran Dublin (53 Punkte), Abdulai Abaker (20), Marcel Hoppe (16), Tobias Schümann (10), Yngve Jentz (9), Vladimir Migunov (8), Jacob Gäde (5), Leonard Eckmann (3), Thorben Meißner