Ahrensburg. Vor allem bei großen Clubs sinken Mitgliederzahlen teils drastisch. TSV Glinde ist besonders betroffen, hofft auf staatliche Hilfe.

Die Corona-Krise hat auch die Sportvereine aus der Region teilweise hart getroffen. So sind die Mitgliederzahlen insbesondere bei den größeren Clubs gesunken. Das geht auch aus einer Umfrage hervor, die der Landessportverband (LSV) unter den mindestens 1000 Mitglieder starken Vereinen aus Schleswig-Holstein durchgeführt hat. Von 165 Vereinen nahmen 102 an der Umfrage teil. Allein diese Clubs werden zum 1. Januar 2021 voraussichtlich mehr als 13.200 Mitglieder verloren haben. Das entspricht einem Rückgang um mehr als sieben Prozent.

Landessportverband macht Ergebnisse öffentlich

Je größer ein Verein ist, desto größer ist auch der durchschnittliche prozentuale Rückgang. Bei der Gruppe der Clubs mit 1000 bis 1500 Mitgliedern ergibt sich ein erwarteter Rückgang von 3,92 Prozent. Clubs mit 1500 bis 2000 Mitgliedern verlieren 5,79 Prozent. Bei Vereinen, die zu Beginn dieses Jahres 2000 bis 2500 Mitglieder hatten, beträgt das Minus schon 7,92 Prozent und bei den 16 noch größeren Vereinen, die sich an der Umfrage beteiligten, sogar 10,81 Prozent.

Der Landessportverband sendete die Ergebnisse an alle Vereine mit über 1000 Mitgliedern und an seine Kreisverbände. Die gesunkenen Mitgliederzahlen seien nur einer der (finanziell) belastenden Faktoren für die Vereine, hieß es seitens des LSV. Die Auswertung werde in Gesprächen mit politischen Vertretern und der Landesregierung bezüglich einer weiteren Soforthilfe für den Sport zur Orientierung dienen. Auch Aspekte wie Einnahmeverluste aus Wegfall von Kursangeboten und Reha-Maßnahmen, Vermietungen, Veranstaltungen, Zeltlagern, Eintritts- und Meldegeldern sowie Sponsoren bei weiterhin laufenden Kosten für Sportstätten, Gehälter oder Darlehen sollen angesprochen werden, ebenso wie die negativen Auswirkungen auf die Haupt- und Ehrenamtlichen.

Mitglieder halten auf dem Land Vereinen die Treue

Unsere Redaktion hat bei den fünf größten Vereinen aus Stormarn nachgefragt. Dort zeigt sich ein ähnliches Bild wie im landesweiten Vergleich. Es gibt aber auch positive Erkenntnisse. So sind bei vielen Clubs keine zusätzlichen Vereinsaustritte im Vergleich zu den Vorjahren zu verzeichnen. Die Mitglieder halten ihrem Verein selbst während der Lockdowns die Treue, insbesondere im ländlichen Raum. „Ich glaube, dass es in der Sportwelt einen großen Solidaritätsgedanken gibt“, sagt Verena Lemm, Geschäftsführerin des Kreissportverbands Stormarn (KSV).

Der Rückgang der Mitgliederzahlen entsteht hauptsächlich durch fehlende Neueintritte. Das ist auch bei Stormarns größtem Verein so, dem Ahrensburger TSV (vor der Pandemie 4163 Mitglieder). Der Vorsitzende Jürgen Westphal äußert sich vergleichsweise optimistisch: „Die über 250 Übungsleiter sind in Zwangspause. Nachdem wir während des ersten Lockdowns ja schon etwas haben üben dürfen, konnten viele Abteilungen für ihre Mitglieder Online-Programme, Trainingsvideos und individualisierte Trainingsprogramme zur Verfügung stellen. Sicherlich hat dieses auch dazu beigetragen, dass der Mitgliederschwund mit lediglich etwa 300 Kündigungen durchaus noch überschaubar ist.“ Mit einem Mitgliederverlust von circa sieben Prozent steht der ATSV im Vergleich zu anderen Großvereinen in Schleswig-Holstein recht gut da.

Vereine hoffen auf finanzielle Unterstützung

Auch finanziell stehe der Verein nach wie vor auf solidem Grund. Westphal: „Natürlich machen uns die fehlenden Mitgliederbeiträge und insbesondere auch Einnahmen aus Turnieren und Veranstaltungen zu schaffen, aber es geht bei uns noch nicht ans ,Eingemachte’. Dank der Solidarität unserer Mitglieder haben wir bisher keinerlei staatliche Hilfen in Anspruch nehmen müssen und hoffen, auch in naher Zukunft ohne fremde Mittel über die Runden zu kommen. Sicherlich werden wir nach Beendigung des jetzigen Lockdowns wieder eine größere Anzahl von neuen Mitgliedern begrüßen dürfen.“

Beim TSV Bargteheide hofft man auf finanzielle Unterstützung. „Das Land Schleswig-Holstein hat weitere 2,5 Millionen Euro Unterstützung für Sportvereine bereitgestellt. Die genaue Ausgestaltung wird derzeit erarbeitet. Wir hoffen, das auch der TSV Bargteheide eine Unterstützung beantragen kann, um die Beitragseinbußen zu kompensieren“, sagt Ulrike Brodmann, Leiterin der Geschäftsstelle. Die bisherige Mitgliederzahl von 3960 wird um rund 350 (8,8 Prozent) sinken, das wären 130 Kündigungen mehr als im Vorjahr bei wenigen Neueintritten. Viele dürften aber zurückkommen.

Bei einigen Sportangeboten gibt es Wartelisten

Brodmann: „Wir sind absolut zuversichtlich, dass unsere verloren gegangenen Mitglieder wieder eintreten werden, sobald der Sportbetrieb wieder möglich ist. Nach wie vor gibt es auch Wartelisten bei einigen Angeboten und die Sportler warten nur darauf, starten zu können.“

Rund 300 Mitglieder wird auch die TSV Reinbek (Anfang des Jahres 3615) verloren haben, also knapp zehn Prozent. „Wir haben nicht mehr Austritte, aber eben deutlich weniger Neueintritte“, sagt Geschäftsführer Rüdiger Höhne. Am meisten Austritte gebe es im Fitness- und Studiobetrieb und im Schwimmen. Das deckt sich übrigens mit den Beobachtungen anderer ähnlich aufgestellter Vereine. In Reinbek hofft man auf staatliche Unterstützung. Höhne schloss sich dem Plädoyer des Deutschen Olympischen Sportbunds an. Der Sport sei beim Weg aus der Krise ein Teil der Lösung, kein Teil des Problems.

Zweiter Lockdown traf TSV Glinde besonders hart

Besonders stark ist der TSV Glinde (2995 Mitglieder am 1. Januar 2020) betroffen. „Wir werden voraussichtlich einen Rückgang um 454 Mitglieder haben, das ist bannig viel und wohl nicht mal im Laufe der kommenden zwei Jahre aufzuholen“, sagt der Vorsitzende Joachim Lehmann. „Für viele spielt die fehlende Prognose eine Rolle, dass noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist. Der zweite Lockdown trifft uns noch härter als der erste, als wir Soforthilfe in Anspruch genommen haben. Wir versuchen, über Kurzarbeit zu kompensieren und hoffen auf weitere staatliche Unterstützung.“

Dagegen hat der VfL Oldesloe von seinen Anfang des Jahres 2724 Mitgliedern „nur“ 5,2 Prozent verloren (Stand 30. November). „Wir gehen sehr stark davon aus, verlorene Mitglieder nach Corona zurückzugewinnen. In einigen Kündigungen wurde bereits angekündigt, dass nach Aufnahme des Sportbetriebs ein Wiedereintritt in Betracht gezogen wird“, sagt die Vorsitzende Gudrun Fandrey. Sie regt eine Hilfe auch durch die Verbände an: „Es gibt genügend Vereine, die nicht in den Genuss der Landesmittel kommen, da sie nicht die Voraussetzungen erfüllen. Ich würde es begrüßen, wenn LSV und KSV ihren Vereinen einen Teil der Verbandsabgaben erlassen würden. Das wäre eine spürbare Hilfe für die Vereine.“