Bargteheide. Das Abendblatt stellt die Kandidaten für die Wahl zum Stormarner Sportler des Jahres vor. Heute: Michele Becker.

Seinen Arbeitsplatz erreicht Michele Becker in wenigen Minuten zu Fuß. Von der Morgensonne geblendet hält sich der zweifache deutsche U20-Windsurfmeister im Slalom zunächst schützend eine Hand über die Augen. Ihm gefällt, was er sieht. Der Atlantische Ozean strahlt vor der spanischen Urlaubsinsel Teneriffa in einem tiefen Blau, der kräftige Wind verspricht bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius ideale Bedingungen für einen guten Tag auf dem Wasser.

Der 19-Jährige hat sich ein Jahr Auszeit gegönnt, nachdem er im Sommer am Bargteheider Kopernikus-Gymnasium sein Abitur abgelegt hatte. Zwölf Monate will er sich voll und ganz auf den Sport konzentrieren – mit dem Ziel, Profi-Windsurfer zu werden. Dafür investiert der junge Bargteheider eine Menge: Von Dezember bis März feilt der 19-Jährige in einem professionellen Trainingscamp auf Teneriffa täglich an seiner Technik und Kraftausdauer. Die TWS (Tenerife Windsurf Solution) ist jedes Jahr Treffpunkt der deutschen Windsurf-Elite, um sich optimal auf die kommende Saison vorzubereiten.

Mit der Fähre geht es von Cádiz nach Teneriffa

Becker machte sich Anfang Dezember von Bargteheide aus mit einem Transporter der Marke Iveco auf den Weg nach Spanien. Das ältere Fahrzeug belud der Stormarner bis oben hin mit Surfbrettern, Segeln, Gabelbäumen und weiterem Material. Beckers Ziel: die knapp 2800 Kilometer entfernte Küstenstadt Cádiz. Von dort aus erreichte er nach zweitägiger Reise mit einer Fähre Teneriffa.

Während der Autofahrt hatte Becker einige kleine Probleme zu meistern. „Der Abgasfilter war nicht ganz in Ordnung, ein Reifen verlor immer wieder Luft, ein Blinker hatte ab und zu einen Aussetzer und der Bordcomputer sendete ein falsches Signal“, erzählt der 19-Jährige dem Hamburger Abendblatt am Telefon und lacht. „Ich bin einfach langsamer gefahren und habe Cádiz zum Glück noch rechtzeitig erreicht, denn die Fähre war bereits seit Monaten fest gebucht.“

Mit dem üblichen Klischee hat das nichts zu tun

Mit dem üblichen Klischee eines Windsurfers hat der 19 Jahre alte Bargteheider auf der Urlaubsinsel Teneriffa nichts am Hut. „Nur durch hartes Training habe ich überhaupt die Chance, Deutschlands bester Nachwuchsfahrer zu werden“, sagt Becker. Im kommenden Sommer will er das Tripel im Slalom mit dem Titelgewinn in der Altersklasse U21 perfekt machen – und in der Rangliste der besten deutschen Slalomfahrer einige Plätze gutmachen. 2017 gelang Becker im Gesamtergebnis aller Altersstufen als Achtplatzierter der Sprung in die Top Ten der deutschen Elite. „Vincent Langer, Gunnar Asmussen und Nico Prien belegen als gestandene Profis die Plätze eins bis drei“, sagt Becker. „Mein Ziel ist, die Nummer vier in Deutschland zu werden.“

Bei einem Slalom-Wettbewerb gleiten die Fahrer mit Geschwindigkeiten von mehr als 60 Kilometer pro Stunde über das Wasser. „Das richtige Timing und die nötige Erfahrung entscheiden über Sieg oder Niederlage“, sagt Becker. Bei einem Slalom-Wettbewerb müssen die Fahrer – anders als in der Disziplin Racing – nicht gegen den Wind ankreuzen. Sie nutzen den Raumwindkurs, also jene Kraft, die von schräg hinten kommt. Als größte Schwierigkeit gilt beim Slalom der Start.

Michele Becker will im Sommer in Kiel studieren

Um sich überhaupt eine Chance auf einen der vorderen Plätze zu wahren, müssen die Teilnehmer beim Überqueren der Startlinie bereits die Höchstgeschwindigkeit erreicht haben. „Zunächst läuft ein Countdown von drei Minuten, die jeder Fahrer sich individuell einteilen darf. Bei null Sekunden muss er aber möglichst mit Höchstgeschwindigkeit ins Rennen gehen“, erzählt der junge Stormarner

Bis zu zehn Windsurf-Spezialisten eines Durchgangs müssen dann auf einer rund 2000 Meter langen Strecke viermal ein Manöver um 180-Grad absolvieren. Positionskämpfe an den Hal-
setonnen erfordern neben hohem fahrerischen Können auch ein geschultes Auge für den Nebenmann.

Für den Fall, dass der Traum Windsurf-Profi zu werden platzt, hat der 19-Jährige einen Plan B in der Tasche. „Nach der einjährigen Auszeit werde ich in Kiel Elektrotechnik studieren“, sagt Becker. Vater Marcus ist Inhaber einer Bargteheider Firma für Maschinen- und Anlagetechnik. „Ich kann mir gut vorstellen, später den Betrieb meines Vaters zu übernehmen“, sagt der Windsurfer.

Als Leser können Sie bei der Sportlerwahl mitmachen und gewinnen. Die Teilnahme ist ganz einfach. Wählen Sie in jeder Kategorie einen Kandidaten aus, notieren die Namen in Druckbuchstaben auf einer frankierten Postkarte und senden diese an den Kreissportverband (KSV) Stormarn, Lübecker Straße 35, 23843 Bad Oldesloe. Die Teilnahme ist aber auch per E-Mail (info@ksv-stormarn.de) oder auf der Internetseite des KSV (www.ksv-stormarn.de) möglich. Einsendeschluss ist 31. Januar 2018. Unter allen Teilnehmern werden attraktive Preise verlost.

Alle nominierten Kandidaten

Bei den Mannschaften hat eine aus Funktionären des Kreissportverbands Stormarn (KSV) und Sportjournalisten zusammengesetzte Jury die Handballfrauen des SV Preußen Reinfeld, die Badmintonmannschaft des TSV Trittau und die Tischtennisjungen des TSV Bargteheide nominiert.
Bei den Frauen stehen Judokämpferin Seija Ballhaus aus Glinde, die Rhönradturnerin Antonia Mertinkat vom TSV Trittau und die Schwimmerin Lisa Sophie Selle von der SG Stormarn Barsbüttel zur Wahl.
Bei den Männern müssen sich die Leser zwischen den Triathleten Udo van Stevendaal und Timo Ziegenbein vom SV Großhansdorf sowie dem Bargteheider Windsurfer Michele Becker entscheiden.