Tremsbüttel. Wie man sich auf dem Sportplatz verhält, lernte der Däne schon früh von seiner Mutter. Eine Profikarriere verpasste er nur knapp.

Als Flemming Nielsen das erste Mal über die Kreisstraße 12 fuhr, vom Navigationsgerät geleitet die frühherbstlich gefärbten Alleen hinter sich und das Restaurant Europa rechts liegen ließ, um schließlich auf den Parkplatz am Tremsbütteler Gemeindezentrum einzubiegen, da war das so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. „Ich fühle mich in dieser Ruhe und ländlichen Idylle total wohl“, sagt der in Hamburg lebende Fußballtrainer, der seit knapp drei Wochen Chefcoach des VfL Tremsbüttel ist und sich bereits prächtig eingelebt hat.

Nielsen, gebürtiger Däne, 53 Jahre alt, hat schon viel gemacht und erlebt im Fußball, in Stormarn aber ist er kaum bekannt. Als der VfL Tremsbüttel einen Nachfolger für den zurückgetretenen Carsten Holzmüller suchte, kam aus der Verbandsliga-Mannschaft heraus der Vorschlag, bei Nielsen anzufragen – dessen Sohn spielte eins mit einigen heutigen Tremsbüttelern zusammen in der A-Jugend des SV Eichede. Jetzt möchte der Coach „zurück zu den Wurzeln“, wie er sagt, er will „Fußballer um mich haben, die Lust auf den Sport haben und eine Abteilung hinter mir, die mich in Ruhe arbeiten lässt“.

Sechs Jahre lang war der B-Lizenz-Inhaber im Frauenfußballbereich beim FC St. Pauli tätig, nachdem er nur vier Monate die Herrenmannschaft des SV St. Georg gecoacht hatte. Nach einem sportpolitischen Streit verließ er St. Pauli und wechselte mit 25 Spielerinnen zum Eimsbütteler TV. Dort führte er das Team von Aufstieg zu Aufstieg und am Ende auch die gesamte Fußballsparte mit rund 1200 Aktiven als Abteilungsleiter an. Im Februar dieses Jahres trat er zurück. „Es war einfach zu viel“, sagt er.

Tagsüber ist der Gründer einer Firma für Fahrzeuggroßhandel nicht zu erreichen

Beruf und Trainertätigkeit unter einen Hut zu bringen, wird auch jetzt die entscheidende Herausforderung sein. Nielsens Vertrag beim VfL läuft vorerst nur bis zur Winterpause. „Ich verspüre große Lust, weiterzumachen. Aber das muss ich im November mit meiner Firma gemeinsam entscheiden“, sagt der gelernte Kaufmann, der vor sechs Jahren mit zwei Partnern eine Firma für Fahrzeuggroßhandel gründete. Unter anderem ist er zuständig für Logistik, Marketing und Finanzen. Tagsüber ist Nielsen deswegen für niemanden zu erreichen, will sich nicht ablenken lassen.

Als begeisterter Hobbykoch steht Nielsen schon mal stundenlang für seine Lebensgefährtin oder Freunde in der Küche. Sportlich sucht er stets neue Herausforderungen, nahm zuletzt an einem Hindernislauf durch Schlamm teil. Sein größtes Faible aber entwickelte er schon in der Kindheit: Fairplay. „Du hast dich beim Sport so zu verhalten, dass du die Anlage mit gutem Gewissen verlässt“, bekam der kleine Flemming von seiner Mutter eingeimpft und der erwachsene Nielsen hat das nie vergessen. Gleich bei seinem ersten Spiel in Tremsbüttel demonstrierte er sein Verständnis von Fairplay, als er seine Spieler anwies, Gegner TSV Schlutup ein Tor schießen zu lassen. Zuvor hatte der VfL getroffen, während ein Schlutuper am Boden lag. Eine Woche darauf, beim hitzigen Derby in Pölitz, entschuldigte Nielsen sich in der Halbzeit per Handschlag bei zwei Pölitzern, weil er zwischenzeitlich laut geworden war.

Eine schwere Verletzung im letzten Saisonspiel verhinderte die Profikarriere

Als Spieler erreichte Nielsen 1985 mit dem Hummelsbütteler SV die Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga. Fortuna Düsseldorf und der VfL Bochum zeigten Interesse an dem Verteidiger, doch im letzten Spiel gegen Rot-Weiss Essen zog er sich eine schwere Adduktoren-Verletzung zu. Der Traum von der Profikarriere war geplatzt. Große Momente erlebte Nielsen, der als ehemaliger Jugendspieler des FC St. Pauli heute noch in der Traditionsmannschaft des Kiezclubs aktiv ist, trotzdem, spielte mit der Hamburger Auswahl vor 40.000 Zuschauern in Shanghai und überhaupt trauert Flemming Nielsen der verpassten Chance nicht nach: „Ich habe ein tolles anderes Leben und bin dankbar für jeden Moment.“