Piotr Staczek spielte für den FC St. Pauli 17 Mal in der Zweiten Bundesliga. Jetzt kämpfte er im K-1-Fight um den deutschen Meistertitel.
Trittau. Gedacht war es als Kompliment. Aber aus dem Munde von Lutz Burmester dürfte es für Piotr Staczek einem verbalen Ritterschlag gleichkommen: „Piotr ist eine reine Kämpfernatur“, sagt der 50 Jahre alte Kampfsporttrainer vom X’ite Fighting. „Viele Dinge, die andere sich erst hart erarbeiten müssen, hat er einfach im Blut.“
Vor knapp vier Jahren traf der ehemalige Fußballprofi des Zweitligisten FC St. Pauli in Trittaus Medaillenschmiede auf den früheren Europameister im Vollkontakt-Kickboxen. Die Chemie stimmte. „In der ersten Trainingseinheit hatte Lutz mir schonungslos aufgezeigt, dass die konditionellen Anforderungen im Profifußball geradezu lächerlich im Vergleich zu denen im Kampfsport sind“, sagt Staczek. Großen Worten lässt der 36 Jahre alte Lütjenseer gern große Taten folgen. Beim zweiten Kampfabend des X’ite Fighting stieg er in der ausverkauften Sporthalle an der Großenseer Straße vor rund 800 Zuschauern in den Ring.
Den Kampf um die deutsche Meisterschaft bis 75 Kilogramm nach K-1-Regeln (eine Kombination aus Techniken verschiedener Kampfsportarten) verlor Staczek zwar gegen den Harburger Joschy Polakowski, hatte aber gleich die passende Erklärung parat: „Joschy war ein fairer, aber schwierig zu kämpfender Gegner“, sagt der Lütjenseer. „In Runde zwei hatte ich ihn mit einigen guten Schlagkombinationen stark unter Druck gesetzt, leider fehlten mir einfach die Mittel, um den Sack zuzumachen.“
Burmester, der vier Runden von der Ringseite auf seinen Schützling einredete, ärgerte die vermeidbare Niederlage. „Piotr hat höchstens 40 Prozent seines Leistungsvermögens abgerufen“, sagt der Coach, „Vor so vielen Fans war der Druck für ihn wohl zu groß.“ Ehefrau Kristy Oatley verfolgte den Kampf von der dritten Reihe aus. Die mehrfache Olympiateilnehmerin im Dressurreiten drückte ihrem Mann fest beide Daumen. „Wenigstens habe ich sie vier Runden lang gut unterhalten“, sagt Staczek und lacht. „Außerdem saß bei den Olympischen Spielen in London ich auf der Tribüne und hatte ihr Glück gewünscht.“
Angst vor einem Kampf verspürt der 36-Jährige nicht. „Es sind schon Gedanken an mögliche Schmerzen, aber auch an Sieg oder Niederlage, die mir durch den Kopf gehen“, sagt Staczek, der in Hamburg als IT-Manager arbeitet. Für ihn ist Kampfsport zu einer Form von Stressbewältigung geworden. „Allein das Training wirkt wie Medizin“, sagt Staczek, „da ich nach jeder Einheit klarere Gedanken fassen kann.“
2001 beendete er seine Karriere als Fußballprofi, da eine zunächst als Faserriss im Adduktorenbereich diagnostizierte Verletzung sich nach einer Kernspintomografie als Bandscheibenvorfall herausstellte. Staczek tauschte Fußballplatz gegen Hörsaal, studierte Betriebswirtschaftslehre in Hamburg und sammelte Auslandserfahrung im kalifornischen Berkeley (USA). Einige Jahre später und einige Spielklassen tiefer trat er noch einmal für den TSV Bargteheide, den SSV Pölitz und beim SV Timmerhorn-Bünningstedt gegen den Ball – bis er den Kampfsport für sich entdeckte.
Thomas Türk war von dem Besucherandrang überrascht. „Gegen 21 Uhr haben wir den Kartenverkauf gestoppt“, erzählt der Vorsitzender des X’ite Fighting. Vor dem Eingang wurde dies verständnisvoll aufgenommen.
„Die Polizei Trittau hat uns für unsere Organisation, die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen, aber vor allem auch für unser bunt gemischtes, faires Publikum, gelobt“, erzählt Türk stolz. Neben Staczek standen fünf weitere Kämpfer des X’ite Fighting im Ring: Daniel Breitzke (bis 90 Kilogramm) gewann den einzigen Boxkampf des Abends nach Punkten gegen den Hamburger Christian Schwank. Marvin Meinke (bis 82 kg) gegen Massimo Paldino (Braunschweig) und Marlon Bluhm (bis 67 kg) gegen den Polen Alex Stefaniuk entschieden ihre K-1-Kämpfe durch technischen K.o..
Jendrik Böhnke, 15, zeigte bei seinem Kampfdebüt gegen den Berliner Ermel Bryan einen couragierten Auftritt, musste sich aber mit einem Unentschieden zufrieden geben. Gregor Hevelke (bis 85kg) unterlag Lukas Dürbaum (Hamburg). Im Hauptkampf sicherte sich der von Burmester betreute Rostocker David Wachs gegen den Griechen Argiris Manekas den Titel „Intercontinental Champion“.