Reinbek. Baugenossenschaft Sachsenwald schließt Erbpachtvertrag mit Kirchengemeinde ab und investiert sieben Millionen Euro.
Noch ist das 3800 Quadratmeter große Baufeld an der Berliner Straße 4 eine riesige Sandwüste. Doch ein paar Meter weiter in den Räumen der Baugenossenschaft Sachsenwald an der Röntgenstraße laufen schon jetzt die Telefone heiß, melden sich interessierte Bürgerinnen und Bürger auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Seit der vergangenen Woche ist die Baustelle neben der Nathan-Söderblom-Kirche eingezäunt, steht das Schild mit einer Visualisierung des viergeschossigen Rotklinkerbaus.
Viele Passanten bleiben interessiert stehen. 36 Zwei- und Dreizimmerwohnungen, 59 bis 79 Quadratmeter groß, entstehen hier direkt neben dem Ladenzentrum. Acht davon sind öffentlich gefördert und werden an Personen mit einem Wohnberechtigungsschein vergeben.
Wohnen in Reinbek: Schon jetzt ist die Liste der Interessenten lang
„Frühester Einzugstermin ist Frühjahr 2023“, sagt Projektleiterin Tanja Schulze. Doch schon jetzt ist die Liste der Interessenten lang – wenn die Baugenossenschaft denn eine führen würde. „Noch haben wir mit der Vergabe nicht angefangen. Damit werden wir frühestens Mitte 2022 beginnen“, sagt Dirk Reiche.
Das Mitglied im Vorstand der Baugenossenschaft geht aber davon aus, dass die 36 Wohnungen mehrfach überzeichnet sein werden. Verständlich ist das große Interesse in jedem Fall, denn die Wohnungen in dem neu entstehenden Rotklinkerbau sind nicht nur verkehrsgünstig gelegen – Bushaltestellen, der Wochenmarkt, Supermärkte, Schule und Ärzte liegen direkt vor der Tür – auch sind die Wohnungen licht und hell, haben alle einen Balkon oder eine Terrasse.
Mietwohnungen: Stellplätze werden mit Wallboxen ausgestattet
„Der Neubau ist ein Effizienzhaus nach KfW-55-Standard mit Wärmepumpe, dreifach verglasten Fenstern und einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach“, wirbt auch Architekt Holger Heidenreich aus Aumühle für seinen Entwurf. Die Wohnungen selbst werden über Fußbodenheizung beheizt, nur noch in den innenliegenden Badezimmern gibt es einen Handtuchheizkörper. Alle Etagen – vom Keller bis zum Dachgeschoss – sind über einen Fahrstuhl erreichbar.
Auch die neuesten Mobilitätstrends sind berücksichtigt: Im Teilkeller werden Fahrräder statt Autos parken, für die extra eine Rampe geschaffen wird. Die Autos werden auf 42 Stellplätzen östlich und nördlich des Neubaus parken können. Acht Plätze werden mit Wallboxen – Ladevorrichtungen für Elektroautos – ausgestattet.
Reinbek: 6,25 Euro pro Quadratmeter für die Sozialwohnungen
Das Beste allerdings ist, dass die Wohnungen noch bezahlbar sein sollen. Dafür wirbt die Baugenossenschaft auch mit einem großen Banner am Bauzaun. 6,25 Euro pro Quadratmeter werden für die acht Sozialwohnungen fällig. „So günstig werden wir die restlichen 30 Wohnungen nicht vermieten können“, sagt Reiche. Wie viel genau der Quadratmeter kosten wird, steht noch nicht abschließend fest. Eines aber kann der Vorstandsvorsitzende schon sagen: „15 Euro, wie andernorts aufgerufen werden, wird der Quadratmeter nicht kosten.“
Die Nettokaltmiete im Gesamtbestand der Genossenschaft mit 800 Wohnungen liegt im Schnitt bei 6,94 Euro. „Wir sind die Mietpreisbremse schlechthin“, sagt Reiche, der den immer angespannteren Wohnungsmarkt in Reinbek und Umgebung mit Sorge beobachtet. 50 Interessenten auf eine Wohnung seien keine Seltenheit mehr.
Grundstückspreise sind für die gemeinnützige Genossenschaft zu hoch
Zur Entspannung würden sicher weitere Neubauten beitragen: „Doch bei Grundstückspreisen jenseits von 600 Euro pro Quadratmeter können wir als Baugenossenschaft nicht mehr mitmischen“, sagt Reiche. „Deshalb setzen wir in den kommenden Jahren den Fokus darauf, unsere bestehenden Grundstücke weiter zu entwickeln und durch Abriss und Neubau zu verdichten.“ So plant die Genossenschaft am Buchenweg in Glinde in den nächsten 15 Jahren fünf Mehrfamilienhäuser mit derzeit 52 Wohnungen abzureißen und durch Neubauten mit insgesamt 150 Wohnungen zu ersetzen.
An der Berliner Straße 4 investiert die Genossenschaft aktuell sieben Millionen Euro. Das Neubauprojekt konnte sich das Wohnungsunternehmen aber nur leisten, weil es mit der Kirchengemeinde für das Grundstück einen Erbpachtvertrag über 80 Jahre bis zum Jahr 2101 geschlossen hat. Im Gegenzug erhält die Kirche in Zeiten sinkender Kirchensteuern eine jährliche Zinspacht. Ideengeber war die Kirche selbst. „Aber dies ist für alle – die Stadt, die Kirche und uns – eine Win-Win-Situation“, sagt Reiche.
Mietwohnungen in Reinbek – für Kirchenmitglieder
Die Kirchengemeinde selbst hat unter ihren Mitgliedern schon die Werbetrommel für das Neubauprojekt gerührt und eine Liste mit Interessenten für die Wohnungen zusammengestellt. Wer und ob davon am Ende jemand zum Zuge kommt, ist noch offen: „Wir werden auf eine gute Mischung achten, Jüngere und Senioren, Familien und Singles sollen hier zusammen leben“, sagt Reiche. Auch wird auf einen ausreichendenden Sozialstandard der Mieter geachtet, denn sie sollen sich die Wohnungen auch langfristig leisten können. Grundsätzlich aber darf nur hier einziehen, wer auch Mitglied der Genossenschaft ist oder es zum Zeitpunkt der Anmietung wird und am besten aus Reinbek kommt. 1200 Mitglieder zählt die Genossenschaft derzeit.
Bei der Vergabe der Sozialwohnungen hat die Genossenschaft kein Wörtchen mitzureden. Darüber entscheidet allein die Stadt Reinbek. Entspannung aber werden die acht öffentlich geförderten Wohnungen nicht bringen, suchen derzeit doch 421 Personen mit Wohnberechtigungsschein ein neues Zuhause. Die Stadt selbst verfügt aber nur über 211 Sozialwohnungen. In sieben Jahren verschärft sich die Lage weiter, dann verlieren 137 Wohnungen ihre Sozialbindung und es blieben noch 74 Wohnungen im Bestand übrig.