Reinbek. Bis zu 320 Impfungen werden täglich im Reinbeker Impfzentrum vorgenommen. Die Terminzeiten werden nun ausgeweitet.
Monatelang sehnte Ute Wolter ihn herbei: den Piks der neuen Freiheit. In dieser Woche erhalten im Reinbeker Impfzentrum im im Jürgen-Rickertsen-Haus die meisten Impfwilligen ihre zweite Spritze. Erleichterung und Dankbarkeit unter ihnen sind groß. Seit Eröffnung der drei Impfzentren im Kreis Stormarn setzten Ärzte 62.769-mal die Nadel an. Allein im April wurden 33.278 Dosen verimpft. 54 Prozent davon in Bad Oldesloe, jeweils 23 Prozent in Großhansdorf und Reinbek.
„Ich habe lange versucht, einen Termin zu bekommen“, sagt Ute Wolter. „Die Dreiviertelstunde nach Reinbek bin ich gerne gefahren.“ Die 57-Jährige kommt aus Schackendorf im Kreis Segeberg. Für sie sei die Impfung durch eine zurückliegende Brustkrebserkrankung sehr wichtig gewesen. Monatelang habe sie sich in ihrem privaten Leben sehr eingeschränkt, aus Angst vor einer Corona-Erkrankung.
Krankenschwester will nach überstandener Covid-Erkrankung helfen
Ebenso dankbar ist Martha Pannwitz aus Glinde, die erst im neunten Versuch bei der Terminvergabe die Telefonwarteschlange überwand: „Ich bin froh, dass ich es hinter mir habe“, sagt die 84-Jährige. Prof. Winfried Schreblowski (80) aus Wohltorf ist so begeistert, dass er ungefragt erklärt: „Die meisten loben ja nicht, aber es läuft exzellent hier. Alle sind freundlich und hilfsbereit.“
Das Impfteam im Jürgen-Rickertsen-Haus ist am Mittwoch gut gelaunt. Die Krankenschwester Silke Jonczyk (45) arbeitet hauptberuflich im Reinbeker St.-Adolf-Stift. „Im Dezember war ich Covid-positiv. Das war der Anreiz, dass ich selbst helfen wollte“, sagt sie. Auf 450-Euro-Basis gibt sie den Menschen den erlösenden Piks in den Oberarm. Am Check-in scherzen die Mitarbeiter der Bundeswehr. Leif Geyer (29), eigentlich Hauptfeldwebel in Hagenow, ist einer der Schichtführer. Für die Bundeswehr sei es toll, „so nah an der Zivilbevölkerung zu arbeiten“.
Auslastung des Impfzentrums hängt von Lieferungen und Terminplanung ab
Etwa 30 Menschen engagieren sich im Reinbeker Impfzentrum. Es sind Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes, der Bundeswehr, Ärzte, ein Sicherheitsdienst und ein Koordinator des Kreises. Die Schicht beginnt täglich um 8 Uhr morgens, wenn das Vakzin aus einem geheimen Lager an die Klosterbergenstraße geliefert wird. Dann ist auch Jessica Schliemann vom DRK schon im Einsatz, um den Tag vorzubereiten. „Ich bin quasi das Mädchen für alles“, sagt die 37-Jährige. Schliemann, die ihren Job bei Otto coronabedingt verloren hat, ist etwa für die Material- und Impfstoffbestellungen zuständig. „Bis zu 350 Spritzen und Kanülen werden jeden Tag verbraucht“, erklärt sie.
Die ersten Impflinge stehen gegen 9 Uhr vor der Tür. Vormittags können bis zu 120 Menschen geimpft werden, nachmittags an die 200. „Wir versuchen, ansatzweise eine Auslastung von 100 Prozent zu fahren, liegen bei ungefähr 99 Prozent“, so Torben Steiner vom Sachgebiet Katastrophenschutz des Kreises Stormarn. Wie Fachbereichsleiter Andreas Rehberg erklärt, hänge dies von den Lieferungen ab und auch von den Terminplanungen.
Demnächst auch Johnson & Johnson in Reinbek
Am kommenden Wochenende gebe es etwa weniger Termine als zuvor, in der kommenden Woche aber wird das Impfzentrum dann eine Stunde früher als üblich und auch während der Mittagspause öffnen. „Um nach der geänderten Altersempfehlung für Astrazeneca die kürzere Wartezeit zwischen der Erst- und Zweitimpfung aufzufangen“, erklärt Rehberg.
Ab der 20. Kalenderwoche erwartet er eine Auslastung von nahezu 100 Prozent in Reinbek. Für eine Stunde am Tag wird dann auch Impfstoff von Johnson & Johnson angeboten. Termine dafür werden kommende Woche freigeschaltet. Ansonsten wird fast ausschließlich das Vakzin von Biontech/Pfizer genutzt. In Stormarn kam in 86 Prozent der Fälle im April Biontech zum Einsatz, Astrazeneca zu 14 Prozent.
Unklarheiten über Priorisierung, fehlende und unleserliche Dokumente
Jessica Schliemann vom DRK steht im Pausenraum. Ein Soldat ruft ihr zu: „Draußen steht ein Paar, sie hatten am 1. Mai ihren Termin, sind aber erst heute hier.“ Schliemann kennt das schon. „Gestern hat eine Dame kurzfristig abgesagt, weil sie beim Hausarzt ihre Zweitimpfung erhalten hat. Durch solche Fälle hat eine andere Person nicht die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Das ist schade“, sagt sie. Manchmal sitzt sie abends bis um 19.30 Uhr im Impfzentrum und bemüht sich darum, nicht genutzte Kapazitäten anderweitig über eine Notfallliste des Kreises zu vergeben.
Hier und da gibt es zudem Unklarheiten über die Priorisierung. Seit der Eröffnung des Impfzentrums ist deshalb auch die Anmeldung verstärkt worden. „Denn der Gesprächsbedarf am Eingang ist gestiegen“, erklärt Torben Steiner vom Kreis. Menschen, die durch Vorerkrankungen priorisiert sind, bringen etwa unleserliche Schriftstücke ihrer Hausärzte mit, die Priorisierung ist nicht richtig gewählt oder es fehlen notwendige Unterlagen. Im Zweifelsfalls müssen die Kräfte der Bundeswehr, die die Anmeldung betreuen, diese Menschen wieder nach Hause schicken.
Reinbeker Impfzentrum wird in jedem Fall bis 1. Juli betrieben
Dass zu Impfende mit Termin nicht erscheinen oder diese abgesagt werden, das seien aber Einzelfälle, betont Rehberg. „Das kam im März bis Mitte April praktisch gar nicht vor. Gefühlt wird es jetzt etwas mehr“, sagt er und appelliert, Termine zumindest ein bis zwei Tage vorher abzusagen, damit diese anderweitig vergeben werden können.
Am Donnerstag wurden im Land wieder 65.000 neue Termine für die Prioritätengruppen 1, 2 und 3 freigeschaltet. Wie Andreas Rehberg verrät, sollen alle drei Impfzentren des Kreises auf jeden Fall noch bis zum 1. Juli öffnen. Er sagt: „Auf Landesseite gibt es Überlegungen, etwa ein Dutzend weiterzubetreiben. Das wird nun geprüft.“ Größere Impfzentren hätten Vorrang und könnten etwa bis August oder September geöffnet bleiben.