Bargteheide. Die 15-Jährige aus Bargteheide steht im Juni im Bundesfinale des Wettbewerbs Jugend debattiert in Berlin.
Wenn der römische Dichter Plautus mit seinem Spruch „Nomen est omen“, frei übersetzt der Name ist Programm, Zeichen oder auch Vorbedeutung, tatsächlich recht hat, dann war der Sieg von Victoria Gar beim Landesfinale des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ alles andere als eine faustdicke Überraschung. Victoria war schließlich die geflügelte Siegesgöttin der Römer. Womit alle Mädchen gleichen Namens automatisch im Verdacht stehen, tendenziell siegreich zu sein, wo und wobei auch immer.
Teilnahme am Wettbewerb war ein Zufall
Das würde Victoria Gar so pauschal nicht unterschreiben und gelte für den konkreten Fall erst recht nicht. „Dass ich bei dem Wettbewerb mitgemacht habe, war eigentlich eher Zufall. Eine gute Freundin wollte bei dem Wettbewerb mit diskutieren, doch dann wurde sie krank, und schon stand ich im Finale“, erzählt die 15 Jahre alte Schülerin des Kopernikus Gymnasiums Bargteheide (KGB).
Dann machte Victoria ihre Sache bei der persönlichen Premiere aber so gut, dass sie beim Schulausscheid nicht nur das Halbfinale, sondern auch das Finale gewann. „Nun ja, ich habe schon immer gern und viel geredet. Aber dass ich damit auch bei solch einem Wettbewerb erfolgreich sein kann, hat mich schon überrascht“, sagt sie.
Konstruktive Beiträge in Kontroversen
Möglicherweise habe das aber auch an den Themen gelegen, die da debattiert worden seien. Im Halbfinale ging es um die Frage, ob es Regeln für eine korrekte Schulkleidung geben sollte, im Finale darum, ob private Feuerwerke verboten gehören. „Dazu ist mir offenbar eine ganze Menge eingefallen, was ich dann wohl auch ganz ordentlich vorgetragen habe“, vermutet sie bescheiden.
„Durch aufmerksames Zuhören knüpft sie in den Debatten wortgewandt an ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter an, zeigt neue Blickwinkel auf und argumentiert sehr überzeugend“, sagt Caroline von Sobbe, die den Wettbewerb am KGB gemeinsam mit ihrer Kollegin Susann Laatsch koordiniert. Fundiert auf die Argumente anderer einzugehen und kontroverse Diskussionen durch konstruktive Beiträge zu bereichern, sei eine der großen Stärken von Victoria, so Laatsch.
Talentierte Diskutantin spielt lieber Klavier
Die talentierte Diskutantin, die eigentlich viel lieber Klavier spielt, beschreibt sich selbst als durchaus meinungsstark und selbstbewusst. Was vielleicht daran liegen könnte, dass sie sich zu Hause auch schon mal gegen ihre 18 Jahre alten Zwillingsbrüder behaupten muss. Dennoch war sie sich einige Zeit unsicher, ob sie den Schritt ins Landesfinale wirklich wagen sollte.
„Zuerst war da ein wenig Angst, mich zu blamieren. Dann hat es mich aber doch gereizt, meine Schule in in Kiel zu vertreten“, sagt Victoria. Zur Vorbereitung habe sie sich unter anderem ein Video des Bundesfinales 2017 angeschaut. „Da wurde deutlich, dass es nicht nur um gute Argumente und eigene Perspektiven geht, sondern auch um Ausdrucksstärke und Dialogfähigkeit“, so die ehrgeizige Schülerin mit einem besonderen Faible für Fremdsprachen, Mathe und Geschichte.
Lieber dagegen als dafür argumentiert
Beim Landesfinale im Kieler Landtag, den sie kleiner fand als erwartet, sei sie dennoch anfangs ziemlich nervös gewesen. Vor allem des Debattenthemas wegen. „Ob Produktion und Verkauf von Lebensmitteln auf Insektenbasis staatlich gefördert werden soll, musste diskutiert werden. Da war ich erst einmal platt, weil ich mich mit solch einer Frage zuvor noch nie beschäftigt hatte“, berichtet Victoria.
Doch dann stellte sie ihre Fähigkeit unter Beweis, sich dank konzentrierter Recherche in (fast) jedes Thema einfinden zu können. In der Debatte selbst wäre sie zwar lieber auf der Kontraseite gewesen. Das allerdings wird im Wettbewerb ausgelost. „Ich hätte gern aus der Warte des Tierschutzes argumentiert“, sagt die stolze Hundebesitzerin der Mischlingsdamen Lotta aus Spanien und Lucy aus Rumänien.
Gute Gründe für geröstete Heuschrecken
Andererseits gebe es auch gute Gründe für geröstete Heuschrecken als Ersatz für Rinder- und Schweinefleisch. „Insekten in großen Hallen zu züchten, ist im Hinblick auf deren kurzen Lebenszyklus sicher ressourcen- und umweltschonender als die klassische Viehhaltung“, sagt der Landeschampion der Altersgruppe 1 für Schüler der 8. bis 10. Klassen.
Viel spannender hätte sie indes Diskussionsrunden zu Themen „Wie politisch korrekt müssen Kinder- und Jugendbücher sein?“ gefunden, oder „Wie sinnvoll ist das Gendern?“ Hierzu hat die Schülerin mit einem Notenschnitt zwischen 1,2 und 1,4 eine ganz klare Haltung: Originalwerke wie von Astrid Lindgren sollten auf gar keinen Fall zensiert werden und Gendern ist teilweise sexistischer, als es die Verfechter wahrhaben wollen.
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„Wenn von den Schülern des Kopernikus Gymnasiums gesprochen wird, fühle ich mich auch ohne das Wort Schülerinnen angesprochen“, sagt Victoria. Sie könne nicht sehen, dass Mädchen und Frauen bewusst ausgeschlossen würden, wenn die weibliche Form nicht extra genannt werde. „In anderen Sprachen gibt es so etwas nicht und Deutsch wird dadurch nun wirklich nicht besser“, ist der große Finnland-Fan („Weil es da so viel Seen und Wälder gibt und dort meine Lieblingsband Sunrise Avenue zu Hause ist“) überzeugt.
Nun freut sie sich schon auf das Bundesfinale am 10. Juni in Berlin. Es ist die Geburtsstadt ihrer Mutter Sabine und der Wohnort ihrer Oma Elfron und fühlt sich somit fast wie ein Heimspiel für sie an. „Das Vorbereitungsseminar der Landessieger werde ich jedoch verpassen, weil ich da zu einem Schüleraustausch in Spanien bin“, berichtet Victoria. Da sie nun aber schon einige Debatten-Erfahrung gesammelt habe, sehe sie dem Finale trotzdem optimistisch entgegen. „Wenn alle Familienmitglieder und Freunde kräftig die Daumen drücken, wird es schon klappen“, sagt sie.