Ahrensburg. Jugendschöffengericht stellt Verfahren gegen drei junge Männer ein. Einer von ihnen muss 600 Euro an den Verein Therapiehilfe zahlen.
Fast wäre der Prozess gegen drei junge Männer vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Ahrensburg wegen eines Formfehlers wieder vertagt worden. Die Anklageschrift war der Verteidigung eines der Angeklagten vor dem Prozess nicht zugesandt worden. Stattdessen übergab Richter Said Evora die Schrift im Gerichtssaal, vor Verlesung der Anklageschrift. „Die Anklageschrift muss schriftlich überreicht werden. Diese Vorschrift gehört zu den strikten, formalen Rechten eines Angeklagten, die die Sicherheit eines rechtsstaatlichen Verfahrens garantieren“, trug Verteidiger Benjamin Tachau vor. Nur so sei eine gewissenhafte Prozessvorbereitung gewährleistet.
Bereits vor einem knappen Jahr scheiterte der Prozess an einem Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den damaligen Richter. Der Vorwurf: Angeblich seien der Verteidigung Beweismittel vorenthalten worden. Inzwischen, so Tachau, habe der Vorsitzende Richter gewechselt und zwei neu vereidigte Schöffen sitzen am Tisch. Dieser Wechsel und der Zustellungsfehler seien genug Grund, einen Aussetzungsantrag in Betracht zu ziehen.
Drei junge Männer vor Gericht: Böller auf Großhansdorfer Schule geworfen
„Es gibt nach so langer Zeit aber auch ein gesteigertes Interesse unserer Mandanten, dieses Verfahren zu einem Ende zu bringen“, sagt Verteidiger Lino Peters. Das offene Verfahren hänge über ihnen und wirke sich auf Berufssuche und nahezu alle anderen Bereiche ihres Lebens aus. Genauso wie die zivilrechtlichen Haftungsansprüche, mit denen sich die Beschuldigten noch auseinanderzusetzen hätten.
Den drei Angeklagten wurde zur Last gelegt, am 22. Dezember 2020 vor dem Emil-von-Behring-Gymnasium in Großhansdorf Feuerwerkskörper gezündet zu haben. Dabei warfen sie auch einen Knaller in Richtung des Schulgebäudes. Durch die Wucht der Detonation wurde die Metallaußenfassade eines Gebäudes verbogen und mehrere Fensterscheiben zerbrachen. Der entstandene Schaden liegt bei 15.475 Euro.
Eine solche Summe sei für Heranwachsende eine große Menge Geld, so der Verteidiger. Auch das könne erst nach Durchführung des Strafprozesses geregelt werden. Außerdem, so fuhr Peters fort, greife der Erziehungsgedanke, der im Jugendstrafrecht vorherrsche, bei den Angeklagten nach so langer Zeit nicht mehr. Deshalb einigen sich Gericht, Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe bei einer Beratung nach der Verlesung der Anklageschrift darauf, den Prozess fortzusetzen.
In der Anklage warf die Staatsanwaltschaft den Angeklagten die Nutzung von Explosionsstoffen der Kategorie F3 und F4 vor. Das sind pyrotechnische Knallkörper, für deren Erwerb man laut Sprengstoffgesetz entsprechende Genehmigungen braucht. Das war bei den zum Zeitpunkt des Vorfalls 19, 20 und 21 Jahre alten Beschuldigten aus Ahrensburg und Trittau nicht der Fall.
Angeklagten kommen alle aus schwierigen Familienverhältnissen
Eine Jugendgerichtshelferin beschrieb, dass die drei Angeklagten alle aus schwierigen Familienverhältnissen stammten. Scheidungen der Eltern, Alkoholmissbrauch der Erziehungsberechtigten und der eigene Drogenmissbrauch hätten ihr Verhalten zum Tatzeitpunkt beeinflusst. Allerdings sei bei allen die Fähigkeit zur Reflexion gewachsen, sie seien mittlerweile drogenfrei.
Richter Evora führte aus, dass nach umfangreicher Prüfung nicht auszuschließen sei, dass einer der drei Beschuldigten den Böller geworfen hätte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe er jedoch nicht absehen können, dass so ein großer Schaden entstehen würde. Das Verfahren gegen die zwei jüngeren Männer wurde ohne Auflagen eingestellt. Das Verfahren gegen den dritten Angeklagten., der am Tattag bereits 21 Jahre alt war, wurde vorläufig eingestellt, mit der Auflage, 600 Euro an den Verein Therapiehilfe zahlen. Die zivilrechtlichen Ansprüche an die Beschuldigten werden durch diesen Beschluss nicht berührt. Schadenersatzansprüche können in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden. bja