Bad Oldesloe. Warum Patricia Royo und Barbara Kranz-Zwerger den innovativen Kulturpreis des Kreises Stormarn erhalten haben.
Seit drei Jahren hat Patricia Royo die ehemalige Drahtmühle in Grönwohld mit verschiedenen künstlerischen Initiativen wiederbelebt. Wo Anfang des 17. Jahrhunderts zuerst Stahlnieten für den Schiffsbau gefertigt, später Kupfer- und Messingdraht gezogen und Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich Papier und Pappe hergestellt wurden, finden seitdem Lesungen, Ausstellungen und Aufführungen statt. „Die Mühle birgt so viel Geschichte und kreatives Potenzial, das schrie förmlich nach neuen Ideen und Konzepten“, hat die 53 Jahre alte Kulturaktivistin einmal gesagt. Nun wurde die gebürtige Bajuwarin neben der Natur- und Umweltpädagogin Barbara Kranz-Zwerger mit dem innovativen Kulturpreis des Kreises Stormarn geehrt.
Fokus liegt auf dem Thema Nachhaltigkeit
„Wir freuen uns sehr, dass der neue Kulturausschuss des Kreises in seiner ersten Sitzung die Entscheidung der Jury befürwortet hat“, sagt Kreiskulturreferentin Tanja Lütje. Damit könne der Kulturfonds weiterhin Kulturschaffenden und Kreativen einen experimentellen Raum bieten, um auf aktuelle Prozesse und Ereignisse innerhalb der Gesellschaft zu reagieren.
Wie im Vorjahr lag der Fokus erneut auf dem Thema Nachhaltigkeit. „Also auf Langfristigkeit angelegte Prozesse, die Strukturen, Werte oder Ideen schaffen, die möglichst lange möglichst Vielen zugutekommen“, so Lütje. Kultur und Nachhaltigkeit zusammen zu denken, sei Royo und Kranz-Zwerger auf anschauliche wie beispielhafte Weise gelungen, so die Juroren.
Viele Aufgaben nur interdisziplinär lösbar
Das gemeinsame Projekt „Ein Nistkasten für nachhaltige Ideen – Sammeln – Entwickeln – Weitergeben“ bietet einen Rahmen zum Ausprobieren und Erproben von Nachhaltigkeitszielen im kulturellen Kontext. Die Alte Drahtmühle dient dabei als Versuchsort, an dem sich die Besucher anhand von Experimenten und künstlerischen Angeboten wie etwa einem ressourcenschonenden Leben, dem Wasserkreislauf, oder der Bedeutung von Pflanzen für Mensch und Tier vertraut machen und auseinandersetzen können.
Fragen und Aufgaben, die die Gesellschaft zu meistern hat, sind nach Ansicht der beiden Preisträgerinnen nur interdisziplinär und gemeinsam zu lösen. Daher wirkte das Gewinnerinnenduo erstmals miteinander. Als Kreative verschiedener Professionen konnten sie ihre eigenen Expertisen einbringen und daraus Neues entstehen lassen.
Nachhaltige Bildung durch Baukastensystem
„Die Geschichte der Alten Drahtmühle bietet ein hervorragendes Beispiel für die Nutzung der Wasserkraft zum Antrieb von Maschinen für die Herstellung von Papier- und Pappe. Das ist eine gute Grundlage, um über Nachhaltigkeitsziele und Maßnahmen zum Klimaschutz zu diskutieren“, so Barbara Kranz-Zwerger. Nachhaltige Bildung werde hier durch ein Baukastensystem anschaulich und niedrigschwellig vermittelt.
„Die Drahtmühle ist der perfekte Ort, um unseren ,Nistkasten‘ zu testen“, sagt Patricia Royo. Besucher und Freunde der Drahtmühle würden ein „breites Spektrum der Gesellschaft“ abbilden. „Das verschafft uns Möglichkeiten, unsere gesammelten Ideen auf ihre Publikumswirksamkeit hin zu testen“, so die Tochter eines Argentiniers und einer Bayerin, die in ihrer Geburtsstadt Regensburg in einer multikulturellen Familie aufgewachsen ist.
Die Preisträgerinnen erhalten 10.000 Euro
Für ihre Mitstreiterin hat die alte Drahtmühle in Grönwohld, die eines der ältesten erhalten gebliebenen Industriegebäude Schleswig-Holsteins überhaupt ist, aber noch einen anderen entscheidenden Vorteil. „Historische Gebäude als Standort locken automatisch Besuchende und Interessierte an“, so die Umweltpädagogin aus Ahrensburg, die ihr Versuchslabor „Höhle der Wunder“ einbringt. Beide wollen ihr Projekt zugleich als Handreichung für Kulturschaffende und Interessierte verstanden wissen.
Der innovative Kulturpreis, der mit 10.000 Euro dotiert ist, wird jetzt zum dritten Mal vergeben. Unterstützt wird der Kulturfonds vom Klimaschutz-Management des Kreises Stormarn und dem Landeskulturverband Schleswig-Holstein. Zum Tag des offenen Denkmals am 10. September öffnet die Drahtmühle wieder ihre Türen. Neugierige können dann einen ersten Einblick in das Projekt bekommen.