Grönwohld. Patricia Royo will das historische Gebäude künftig für Theateraufführungen, Lesungen und Ausstellungen öffnen.

Seit dem Tod des bekannten Künstlers Horst Wohlers im Dezember 2018 und seiner Ehefrau Helga im Juni 2019 ist es still geworden um die Drahtmühle in Grönwohld. Doch nun hat sich mit Patricia Royo eine Frau aufgemacht, den trutzigen Fachwerkbau am westlichen Ende der kleinen Gemeinde im Amt Trittau neu zu beleben. „Die Mühle birgt so viel Geschichte und kreatives Potenzial, das schrie förmlich nach neuen Ideen und Konzepten“, sagt die 50 Jahre alte Kulturaktivistin.

„Xeno“ konfrontiert Besucher mit dem Thema Fremdsein

Horst Wohlers im Jahr 2018 in seinem Atelier in der Drahtmühle.
Horst Wohlers im Jahr 2018 in seinem Atelier in der Drahtmühle. © Pelle Kohrs

Den Auftakt soll am 23. Februar die Aufführung des Theaterstücks „Xeno“ machen. Als der Außerirdische nach einer langen Reise durch Raum und Zeit auf der Erde landet, sind die Menschen fasziniert und beunruhigt zugleich. Was hat ihn auf den blauen Planeten geführt? Ist er mit guten oder bösen Absichten gekommen? Kann man ihm vertrauen oder sollte er schnellstmöglich wieder verschwinden?

„Die Konfrontation und der Umgang mit Fremdem, Unbekanntem ist eines der zentralen Themen unserer Zeit“, sagt Royo, die als Tochter eines Argentiniers und einer Bayerin in einer multikulturellen Familie aufgewachsen ist – und in ihrer Geburtsstadt Regensburg selbst Erfahrungen im Kampf gegen Vorurteile und latente Ausgrenzung gemacht hat.

Hohen Räume bieten sich für Aufführungen an

So empfand sie ihren Umzug von der bayerischen Provinz ins weltoffene Hamburg Anfang der 1990er-Jahre schon als Aufbruch und Befreiung. „Durch mein Studium zur Kostümdesignerin an der Fachhochschule für Gestaltung bewegte ich mich schon bald in einem überaus liberalen und künstlerisch geprägten Umfeld“, berichtet Royo. Zu ihren Kommilitonen zählten neben Joop-Tochter Florentine auch der Wohlers-Erbe Nikolai Rickert, Vater des gemeinsamen Sohnes Vincent.

„Als mich Nikolai das erste Mal mit in die Drahtmühle nahm, die seine Eltern 1976 gekauft hatten, war ich sofort überwältigt von dem großartigen Bau“, erzählt Patricia Royo. Dort, wo seit Anfang des 17. Jahrhunderts zuerst Stahlnieten für den Schiffsbau gefertigt, später Kupfer- und Messingdraht gezogen und Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich Papier und Pappe hergestellt wurden. „Gerade die hohen Räume im Erdgeschoss bieten sich für Lesungen, Ausstellungen und Aufführungen geradezu an“, sagt Royo.

Entstehung neuer Stücke zu aktuellen Themen

So sah die Drahtmühle um das Jahr 1900 aus. Das Mühlrad gibt es heute nicht mehr.
So sah die Drahtmühle um das Jahr 1900 aus. Das Mühlrad gibt es heute nicht mehr. © Privat

Mit „Xeno“ bringt sie eine Theaterproduktion in die Drahtmühle, an der die Kostümbildnerin vom English Theatre in Hamburg selbst beteiligt ist. Entwickelt wurde das Stück über den Raumfahrer aus einer fernen Galaxy vom Künstlerkollektiv Theaterbox unter Leitung von Regisseur Julius Jensen mit Schülern aus dem Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg.

Vor zwölf Jahren startete dort die Theaterreihe „Wintermärchen“, die inzwischen schon zweimal mit dem Hamburger Kindertheaterpreis ausgezeichnet worden ist. „In enger Kooperation mit den Schülern entstehen immer wieder neue Stücke zu einen aktuellen Thema“, erklärt Royo. Bevor sie ihre Premiere erleben, gebe es Theater-Workshops an verschiedenen Schulen, in denen das Thema und dessen künstlerische Umsetzung gemeinsam erarbeitet werden.

Platz auch für Musikerfamilie mit Schlagzeug und Keyboard

So soll es nun auch in Grönwohld und Lütjensee sein. Dank Förderung durch die Kulturstiftung der Sparkasse Holstein besuchen Mitte Februar Theaterbox-Mitglieder Klassen in den beiden Grundschulen und stimmen die Mädchen und Jungen spielerisch auf das Stück ein. „Dabei bieten Xeno und das Thema Fremdsein keineswegs nur Stoff für Kinder und Jugendliche“, sagt Royo. Da als Kulisse auch mehrere der großformatigen Wohlers-Werke dienen, habe die Aufführung in der Drahtmühle ein ganz eigenes, unverwechselbares Ambiente. Das ehemalige Atelier des Künstlers will Patricia Royo künftig zu ihrer Kreativ-Werkstatt machen, in der Kostüme und Masken für große Theaterproduktionen entstehen sollen. Weil unter dem gewaltigen Dach der 350 Quadratmeter großen Drahtmühle aber noch weitaus mehr Platz ist, wird dort schon bald eine Musikerfamilie mit Kind einziehen, samt Schlagzeug und Keyboard. Auch Unterrichtet soll es dann geben, in Gesang und im Schlagzeug.

Für 2020 plant Patricia Royo zudem Buchlesungen, Konzerte und eine Ausstellung des Grafikers Rüdiger Tillmann. Überdies soll die Drahtmühle Grönwohld ein Spot der beliebten Veranstaltungsreihe Sommerbrise werden.

Xeno: So 23.2., 15.00, Drahtmühle, Drahtmühle 13, Tickets 5,–, ermäßigt 4,–, Vvk.: per E-Mail an patricia_royo@yahoo.de, unter Tel. 04154/56 75