Ahrensburg. Aktuell nisten bereits 46 Paare im Kreisgebiet. Rekordverdächtig! Wie es dem Pechvogel des Jahres 2022 inzwischen geht.

An den Störchen liegt es nicht, dass die Zahl der Geburten in Stormarn weitgehend stagniert. Im Gegenteil: Die als Glücksbringer gepriesenen Adebare gehen sogar mit gutem Beispiel voran. Im Vorjahr zählten die Storchenbetreuer des Naturschutzbundes (Nabu) im Kreisgebiet 72 Junge, so viele wie nie zuvor in den zurückliegenden 100 Jahren. „Das ist ein echter Erfolg angesichts der Tatsache, dass der beliebte Vogel erst im Vorjahr von der roten Liste der besonders bedrohten Tierarten genommen worden ist“, sagt Andreas Hack, der die Arbeit der vier ehrenamtlichen Stormarner Storchenbetreuer koordiniert. Mit 5,7 Paaren auf 100 Quadratkilometern liegt Stormarn weit über dem Landesschnitt (2,7).

Storchenvater Andreas Hack.
Storchenvater Andreas Hack. © HA | Lutz Kastendieck

Von Kindesbeinen an hat sich der 60-Jährige für Belange des Umwelt- und Naturschutzes engagiert und ist inzwischen mehr als 40 Jahre Mitglied der Nabu-Gruppe in Bad Oldesloe. Als Storchengebietsbeauftragter arbeitet er zugleich als Fachberater der unteren Naturschutzbehörde bei der Kreisverwaltung.

Von Golfball abgeschossen – Störche lieben Stormarn trotzdem

Doch warum haben es ihm gerade die Störche so angetan? „Ich finde sie einfach faszinierend. Mit einer Spannweite von mehr als zwei Metern gehören die Weißstörche neben den Kranichen zu den majestätischen Himmelsseglern unter unseren heimischen Großvögeln. Außerdem werden den echten Sympathieträgern ja viele gute Eigenschaften nachgesagt, die sie buchstäblich umso fabelhafter erscheinen lassen“, sagt der kürzlich pensionierte Kripobeamte beim Landeskriminalamt (LKA).

Außerdem existiert nur einen Steinwurf von seinem Haus in Sprenge entfernt seit vielen Jahren ein Storchenhorst hoch oben auf einem ehemaligen Strommast. Nur ein paar Schritte, und er kann das Treiben in Adebars Kinderstube aus nächster Nähe beobachten. „Das ist spannend und unterhaltsam zugleich“, so Hack mit einem Schmunzeln.

In Stormarn gibt es mehr als 100 Nistplätze für Störche

So wie ihm geht es offenbar vielen Stormarnern. Kreisweit gibt es inzwischen weit mehr als 100 Nistplätze für Störche und mit jedem Jahr werden es mehr. „Wir bekommen immer wieder Anfragen von Grundeigentümern, die gern ein Storchenpaar in ihrer Nähe haben wollen und deshalb nachfragen, was sie dafür tun können“, berichtet Hack.

Wichtig sind aus seiner Sicht vor allem extensiv genutztes, möglichst feuchtes Dauergrünland im unmittelbaren Umfeld sowie ein Nistplatz in einer Höhe von mindestens acht Metern. „Das muss nicht immer ein Mast sein“, weiß Stormarns Storchenvater. In Braak und Oststeinbek nisten drei Paare in Kopflinden, in Kronshorst hat es sich ein Paar in einer abgesägten Kiefer gemütlich gemacht. Und im Oldesloer Ortsteil Wolkenwehe an der A 21 hat ein Paar sein Nest direkt auf einem Reetdach gebaut.

Allzeitrekord stammt aus dem Jahr 2021

Aktuell haben sich bereits 46 Paare im Kreisgebiet eingefunden, im Oldesloer Stadtteil Kneeden wartet noch ein Einzelstorch auf eine feste Beziehung. „Während in Bargfeld-Stegen, Brooklande und Großensee noch Storchenpaare fehlen, haben sich in Hoisdorf, Jersbek, Lütjensee und Zarpen neue Störche angesiedelt“, so Hack.

Erste Flugversuche zweier Jungstörchen in Stemwarde.
Erste Flugversuche zweier Jungstörchen in Stemwarde. © HA | Helmut Wolek

Deshalb ist die Hoffnung groß, dass der Allzeitrekord aus dem Jahr 2021 mit 48 Paaren nunmehr gebrochen werden könnte. „Noch dürften nicht alle Stormarner Störche aus ihren Winterquartieren im Süden zurück sein“, glaubt Hack. Im März kämen zuerst jene, die über die sogenannte Westroute pendeln.

Bargfeld-Stegen ist der Hotspot im Kreis

Durch GPS-Tracker wisse man inzwischen, dass jene Störche gar nicht mehr übers Mittelmeer nach Nordafrika fliegen, sondern in Spanien überwintern, wo sie auf offenen Müllhalden genügend Nahrung finden. Deutlich länger für ihren Rückflug brauchen jene Artgenossen, die den langen und deutlich beschwerlicheren Ostweg über den Balkan zu den afrikanischen Feuchtsavannen der Sahelzone nehmen.

Als Stormarns Hotspot für Störche gilt die Gemeinde Bargfeld-Stegen im Amt Bargteheide-Land. Hier werden gleich sieben Nester regelmäßig von Störchen bewohnt. Erste verbürgte Zählungen gab es im Kreis bereits 1920. Ein durchgehendes, kontinuierliches Monitoring gibt es indes erst seit 1972. Penibel werden von den Storchenbetreuern seitdem nicht nur die Nester und die nistenden Paare gezählt, sondern auch deren Nachwuchs.

Störche sind echte Nahrungsopportunisten

Wie viele Jungvögel die ersten 60 Tage bis zu ihrem Jungfernflug überstehen, hängt vor allem vom Nahrungsaufkommen ab. Entgegen landläufiger Ansicht fliegen Weißstörche nicht vorrangig auf Frösche, sondern bevorzugen vielmehr Mäuse, Ratten, Echsen, Schlangen und in den ersten Wochen auch Regenwürmer. „Im Grunde sind Störche aber nicht sehr wählerisch. Sie fressen, was sie kriegen können. Deshalb werden sie auch als Nahrungsopportunisten bezeichnet“, erklärt Hack.

Mit einer Spannweite von mehr als zwei Metern gehören Weißstörche zu den majestätischsten Himmelsseglern unter den heimischen Großvögeln.
Mit einer Spannweite von mehr als zwei Metern gehören Weißstörche zu den majestätischsten Himmelsseglern unter den heimischen Großvögeln. © HA | Horst Sönksen

Ist das Angebot knapp, werden in der Regel nicht alle Nachkommen gleichermaßen gefüttert und die Schwächsten kurzerhand aus dem Nest geschubst. „Hätte es im Frühjahr 2022 nicht so eine ausgeprägte Regenperiode und dadurch viel weniger Mäuse gegeben, wären womöglich noch deutlich mehr als 72 Jungtiere durchgekommen“, sagt der Storchenvater. Wurden 2019 immerhin sechs Nester mit vier Jungen gezählt, so gab es im Vorjahr nur eines, in Sühlen bei Travenbrück.

Nicht immer enden die Abwürfe aus den Nestern in großer Höhe oder Abstürze nach Kollisionen mit Stromleitungen oder Mauern tödlich. So konnten im Vorjahr drei Jungstörche nach unfallträchtigen Jungfernflügen von den Betreuern bei Notfalleinsätzen geborgen und nach Eekholt in die Pflegestation des Wildparks gebracht werden.

Der kurioseste Unfall ereilte unterdessen einen erfahrenen Altstorch: Er wurde auf dem Heimflug zu seinem Nest am Rande des Golfplatzes in Großensee von einem verirrten Golfball getroffen. „Der Storch konnte zwar gerettet werden. Er zog sich jedoch einen komplizierten Trümmerbruch eines Flügels zu und wird voraussichtlich nie wieder fliegen können“, erzählt Andreas Hack. Daher werde der Unglücksrabe wohl im Wildpark Eekholt bleiben müssen und hoffentlich dort für weiteren Stormarner Storchennachwuchs sorgen.

Alle Orte mit besetzten Nestern in Stormarn

Bargfeld-Stegen (7), Bad Oldesloe, Bünningstedt, Braak (Hof Adolf), Delingsdorf, Fischbek-Mönkenbrook, Grönwohld, Groß Barnitz, Hammoor, Heilshoop, Hoisdorf, Jersbek (Lange Reihe), Jersbek (Hartwigsahler Weg), Klein Wesenberg, Köthel, Kronshorst, Langelohe, Lasbek-Dorf, Lütjensee, Meddewade, Meilsdorf, Mollhagen, Neritz, Oststeinbek-Havighorst, Papendorf, Rethwischfeld, Rümpel, Sprenge, Stellau, Stemwarde, Sühlen, Tangstedt-Wilstedt, Tangstedt-Fahrenhorst, Todendorf, Tremsbüttel, Vinzier, Westerau, Wiemerskamp, Zarpen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.nabu-badoldesloe.de.