Bad Oldesloe. Torsten von Schachtmeyer schließt Traditionsgeschäft in Bad Oldesloe für immer, weil niemand mehr Pelz kauft. Wie geht es weiter?
Er ist einer der Letzten seiner Art, doch nun hört auch Kürschner Torsten von Schachtmeyer auf. Das Pelz-Mode-Design-Atelier von Schachtmeyer in Bad Oldesloe schließt nach fast 100-jähriger Geschichte für immer seine Türen. Noch bis Anfang nächsten Jahres wird der Bestand zu Sonderpreisen ausverkauft. Der Grund liegt auf der Hand: Die Zeiten des Pelzes sind vorbei. „Heute möchte kaum noch jemand sichtbar Pelz am Körper tragen“, sagt von Schachtmeyer. Das Geschäft kann nicht mehr wirtschaftlich geführt werden.
Torsten von Schachtmeyer übernahm den Familienbetrieb im Jahr 2000
Der Kürschnermeister führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Am 19. August 1929 gründet sein Großvater Rudolf von Schachtmeyer, der zuvor bereits eine Kürschnerlehrer absolviert hat, den Betrieb in Breslau. Das Geschäft wächst rasant. Zehn Jahre später, 1939, beschäftigt er bereits 40 Mitarbeiter. Doch dann kommt der Zweite Weltkrieg. „Mein Großvater wurde zur Wehrmacht eingezogen“, sagt Torsten von Schachtmeyer. 1943 übernimmt die Ehefrau, Lisbeth von Schachtmeyer, den Betrieb.
Die Familie wird aus Breslau vertrieben und gelangt schließlich nach Bad Oldesloe, wo das Geschäft 1948 am heutigen Standort an der Hamburger Straße wieder eröffnet wird. „Im Jahr 2000 habe ich den Betrieb von meinem Vater Martin übernommen“, sagt der heutige Geschäftsführer. Für den Kürschnermeister kam nie ein anderer Beruf infrage. „Ich bin schon als Kind durch die Werkstatt gelaufen und habe mit fünf oder sechs Jahren angefangen zu nähen.“
„Man kann den Beruf heutzutage niemandem mehr empfehlen“
Doch obwohl von Schachtmeyer seine Arbeit geliebt hat, sagt er auch: „Man kann den Beruf heutzutage niemandem mehr empfehlen, weil man kaum noch etwas verkauft.“ Dementsprechend sind seine beiden Töchter nicht in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. „Meine jüngere Tochter, die auch gerade im Laden hilft, studiert Agrarwissenschaften. Meine ältere Tochter ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte.“ Eine Nachfolgerin gibt es also nicht.
Der Hauptgrund für die Schließung ist aber, dass der Umsatz schlicht nicht mehr da ist. „Lange war Pelz ein Statussymbol“, sagt der 62-Jährige. Die Leute rannten dem Oldesloer Pelzmodehaus die Türen ein. Nerz, Lamm oder Fuchs sichtbar am Körper zu tragen war angesagt. 1973, als gerade Martin von Schachtmeyer den Betrieb übernommen hatte, wurden die Geschäftsräume um 100 Quadratmeter erweitert. Von 1947 bis 2004 wurden im Hause von Schachtmeyer über 100 junge Menschen ausgebildet.
In den 1970er Jahren gab es 400 Kürschner im Raum Hamburg, fast alle haben aufgehört
Doch diese Zeiten sind Geschichte. Gab es in den 1970er-Jahren noch 400 Kürschner im Raum Hamburg, sind heute noch eine Handvoll geblieben: „Es gibt noch jeweils zwei in Kiel und Hamburg und einen weiteren mit zwei Geschäften in Heide und auf Föhr.“ In den vergangenen Jahrzehnten habe die Nachfrage nach Pelz enorm nachgelassen. „In den 1980er Jahren begannen die Proteste gegen Pelz“, erinnert sich von Schachtmeyer.
„Seitdem ist es schwieriger geworden, Pelz zu verkaufen, weil die Kunden ihn kaum noch offen tragen können, ohne angepöbelt und teilweise körperlich angegangen werden.“ Der Umsatz brach ein, von den einst so vielen Mitarbeitern sind heute noch drei geblieben. „Wir schreiben schon seit vielen Jahren rote Zahlen“, sagt von Schachtmeyer. Dass die Räume Eigentum sind, hat das Geschäft durch schwierige Zeiten gerettet. „Hätten wir Miete zahlen müssen, hätten wir schon viel früher aufhören müssen.“
2020 hatte das Pelzmodehaus sein Geschäftsmodell geändert, doch dann kam Corona
2020 hatte das Pelzmodehaus das eigene Geschäftsmodell geändert, produzierte und verkaufte Mode mit innenliegenden Fellen. Auch Torsten von Schachtmeyer selbst trägt nur noch Pelz, der von außen nicht sichtbar ist. „Wir hatten damals gehofft, dass sich das Geschäft wieder erholt. Doch dann kam Corona.“ Das habe dem Unternehmen endgültig das Genick gebrochen. Heutzutage hat das Geschäft noch vielleicht einen Kunden am Tag, macht teilweise nur nach Termin auf. „Wir mussten immer mehr von Reserven leben“, so der Kürschnermeister.
Dass die lange Ära seines Geschäfts nun zu Ende geht, bedauert Torsten von Schachtmeyer schon: „Es ist schade. Ich habe den Beruf immer als vielfältig und kreativ empfunden. Aber ich bin auch Realist und sehe, dass es nicht weitergeht.“ Dass die Menschen sich in der Anti-Pelz-Bewegung für Tierwohl eingesetzt haben, befürwortet von Schachtmeyer auch. „Ich bin auch für Tierwohl“, sagt er. „Ich bin der Meinung, dass sie sich wohlfühlen sollten. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sie züchten und dann das Produkt, Fleisch wie auch Fell, benutzen darf.“
Bis April werden die Waren zu 50 Prozent reduziert abverkauft
Voraussichtlich noch bis April findet der Ausverkauf statt. Zu den normalen Öffnungszeiten (Montag bis Freitag von 10 bis 13 und 14.30 bis 18 Uhr und Sonnabend von 10 bis 13 Uhr) gibt es Jacken und Mäntel für Damen und Herren im gehobenen Preissegment. Alle Waren sind zu 50 Prozent reduziert. „Eine Lammfelljacke kostet zum Beispiel 2000 Euro und jetzt im Ausverkauf 1000 Euro“, so von Schachtmeyer. Für die etwa 300 Quadratmeter großen Räume inklusive Büroflächen sucht er momentan einen Mieter ab Mitte nächsten Jahres. „Ich denke zum Beispiel ein Geschäft, eine Versicherung oder auch eine Ergotherapie könnten hier gut einziehen.“ Interessenten können sich unter Tel. 04531/840 37 bei Torsten von Schachtmeyer melden.
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Bis zuletzt war der Geschäftsführer nahezu jeden Tag im Laden. Wenn sein Laden schließt, wird sich auch in seinem Alltag einiges ändern. „Ich werde frühzeitige Rente beantragen und mich dann um die Vermietung und Verwaltung von Haus und Grundstück kümmern“, sagt er. Aber auch Zeit für Freizeit soll bleiben: „Ich bin begeisterter Wassersportler“, sagt er. „Es fing an mit Surfen, dann kam Kiten, dann kam Wasserski und zuletzt Wingfoilen.“ Die Wassersportart verbindet Elemente aus Kitesurfen, Windsurfen, Surfen und Foilen miteinander. Außerdem hat die Familie seit einigen Jahren ein Boot, das in Lübeck an der Trave liegt. „Auch da werden wir in Zukunft wohl öfter Zeit verbringen.“