Grönwohld. Abbruch der Bestandsbauten auf Jahre verschoben. Bauunternehmer macht Gemeinde für Stopp seines Projekts verantwortlich.

Als sich die Bremer Firma myenso Anfang des Jahres als Nachfolger für die Ende Januar geschlossene Edeka-Filiale Evers angeboten hatte, war die Freude über die unverhoffte Einkaufsalternative in der 1600-Einwohner-Gemeinde Grönwohld groß. Inzwischen ist die anfängliche Euphorie unverhohlener Skepsis gewichen. Noch immer ist unklar, wann und wo genau der Tante-Enso-Laden angesiedelt werden soll. „Ja, die Nachfragen werden drängender“, bestätigt Bürgermeister Ralf Breisacher. Er spüre eine wachsende Unzufriedenheit der Grönwohlder, manche seien sogar echt „sauer“.

325 Teilhaber warten auf Umsetzung des Projekts

So wie Dorothee Nair. Sie gehört zu jenen 325 Teilhabern, die inzwischen 371 vollständige Anteile zu jeweils 100 Euro gezeichnet haben. „Nachdem nun auch noch die HEM-Tankstelle dichtgemacht hat, fehlt es im Dorf mehr denn je an einer Einkaufsmöglichkeit für Waren des täglichen Bedarfs“, sagt die Mutter zweier Söhne. Deshalb sei die Hoffnung groß gewesen, mit Tante Enso möglichst bald eine Alternative zu haben. „Darum haben wir uns ja finanziell an dem Projekt beteiligt und wüssten nun gern, wann es endlich losgeht“, so Nair.

300 Teilhaber waren für den 24-Stunden-Shop des genossenschaftlich organisierten Unternehmens myenso notwendig. Die sind nach einer im Februar begonnenen Werbekampagne erst Anfang Juni zusammengekommen. Zu diesem Zeitpunkt war die Standortfrage allerdings längst noch nicht entschieden.

Stellplatzsatzung durchkreuzt Pläne des Bauherren

Ersten Plänen zufolge sollte der Tante-Enso-Laden erst einmal in ein Übergangsquartier ziehen, bis die Bestandsbauten der ehemaligen Edeka-Filiale an der Poststraße einem kombinierten Wohn-Gewerbe-Komplex mit 26 altersgerechten Wohnungen, vier Reihenhäusern und einer 300 Quadratmeter umfassenden Gewerbefläche gewichen sind. Der Abriss sollte bereits Ende dieses Jahres beginnen. Doch davon ist inzwischen längst keine Rede mehr.

„Weil die Gemeinde parallel zu unserem Bauantrag eine neue Stellplatzsatzung erlassen hat, sind unsere ursprünglichen Planungen nicht mehr umsetzbar“, sagt Bauunternehmer Sebastian Blome, der das gesamte Evers-Areal erworben hat. Wegen der massiven Kostensteigerungen in der Baubranche sei eine Tiefgarage nicht mehr wirtschaftlich. Ohne diese werde es aber schwer, die geforderten zwei Stellplätze pro Wohneinheit zu realisieren. Zumal die ohnehin im krassen Widerspruch zur ständig propagierten Mobilitätswende für den Klimaschutz stünden.

Projektentwickler will 17 Stellplätze weniger

Um sein Projekt zu retten, hatte der Projektentwickler aus Siek bei der Gemeinde beantragt, auf 17 Stellplätze zu verzichten. Das sei aber abgelehnt worden. „Die Parksituation ist an vielen Stellen in der Gemeinde inzwischen problematisch, insbesondere rund um die Poststraße“, erklärt Breisacher. Die Gemeinde habe deshalb im April vergangenen Jahres reagieren müssen. Und sich für eine Satzung entschieden, wie es sie so oder so ähnlich auch in anderen Kommunen gebe.

„Bei Wohneinheiten unter 60 Quadratmetern ist im Übrigen nur ein Stellplatz vorgeschrieben. Wir hätten das von uns stets positiv begleitete Projekt auch sicher nicht an zwei, drei Stellplätzen weniger scheitern lassen. Aber 17 waren eindeutig zu viel“, so Breisacher. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Antragsteller müssten Ausnahmeregelungen besonders kritisch geprüft werden.

Myenso hofft auf Mietvertrag für zehn Jahre

„Wenn sich die Gemeinde hier nicht bewegt, bleibt eben erst einmal alles wie es ist“, sagt Blome. Das hat er auch Thorsten Peter Bausch, den Co-Geschäftsführer von myenso, wissen lassen. Mit dem er jetzt über eine Vermietung der ehemaligen Edeka-Filiale verhandelt. „Diese neue Entwicklung kommt uns natürlich entgegen, weil wir Plan B und C damit für die nächsten Jahre ad acta legen können. Am liebsten wäre mir ein Mietvertrag über zehn Jahre“, reagierte Bausch erfreut.

Zuvor müsse man sich allerdings auch noch über notwendige Umbau- und Renovierungsmaßnahmen verständigen und wer die Kosten dafür trage. Kommt es in der kommenden Woche zu einer Einigung, könnte die Eröffnung der Grönwohlder Tante-Enso-Filiale laut Bausch womöglich im Frühjahr des kommenden Jahres erfolgen.

Containerlösung wäre in Millerbek-Siedlung umsetzbar

Im Gespräch mit dem Abendblatt ließ Sebastian Blome unterdessen durchblicken, dass er einem Mietvertrag für die alte Edeka-Filiale mit einer Laufzeit von zehn Jahren wohl kaum zustimmen werde. In diesem Fall müsste Bausch seine Alternativpläne wohl schneller aus der Schublade holen, als ihm lieb ist.

Die Idee, in die Partyscheune auf dem Hof von „Unter den Linden“-Gastronom Enno Oetjen zu ziehen, ist angeblich endgültig vom Tisch. Bliebe noch die Ausweichvariante mit den 16 20-Fuß-Containern. „Dafür stünde etwa die Sonderbedarfsfläche der Gemeinde unterhalb der neuen Millerbek-Siedlung zur Verfügung“, zeigt sich Bürgermeister Ralf Breisacher weiter gesprächsbereit.