Hamberge/Lübeck. 30-Jährige wurde bei Hamberge in Auto eingeklemmt und starb. Raser geht gegen drei Jahre Haft vor. Fall wird neu aufgerollt.
Der Raserprozess um einen tödlichen Auffahrunfall auf der A 1 bei Hamberge im April 2018 wird neu aufgerollt. Niels K., der im Dezember 2021 vom Amtsgericht Lübeck wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässigem Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu drei Jahren Haft verurteilt worden war, hat Berufung eingelegt. Der Prozess beginnt am Dienstag, 2. August, vor der III. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Lübeck.
Niels K. hatte mit seinem BMW am Dienstag, 24. April 2018, um kurz vor Mitternacht den Smart der 30 Jahre alten Gülhan Abaci bei Hamberge mit rund 185 km/h regelrecht von der Autobahn katapultiert. In dem Abschnitt gilt Tempo 120. Der heute 36-Jährige hatte laut Test 2,2 Promille. Die Hamburgerin wurde in ihrem Auto eingeklemmt und starb an den Folgen des Unfalls.
Opfer war Nichte des Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Abaci
Gülhan Abaci war die Nichte des bekannten Hamburger SPD-Politikers und Bürgerschaftsabgeordneten Kazim Abaci. Wie er leiden auch die Eltern und der Bruder der Getöteten sehr unter dem Verlust.
Im Laufe der ersten Verhandlung wurden verschiedene Zeugen und Gutachter angehört. Fahrlässige Tötung wird mit bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet. Als mildernden Umstand sah das Gericht damals eine verminderte Steuerungsfähigkeit durch den Alkoholkonsum. Für den Angeklagten habe auch gesprochen,dass dieser sich weitgehend geständig zeigte, sich entschuldigt habe sowie seine günstige Sozialprognose. Negativ legte das Gericht das hohe Maß der Fahrlässigkeit aus. Mit dem hohen Alkoholgehalt und der viel zu hohen Geschwindigkeit habe Niels K. extrem rücksichtslos gehandelt.
Beim ersten Prozess plädierte die Verteidigung für Bewährungsstrafe
Wegen teils auch coronabedingter Verzögerungen und einer längerfristigen Krankheit der Richterin wurde die Tat erst etwa drei Jahre nach dem Unfall verhandelt. Drei Monate der dreijährigen Haftstrafe sollten deshalb bereits als abgegolten gelten. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und neun Monate Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte für eine Bewährungsstrafe. Am Tag der Verurteilung im Dezember sagte Kazim Abaci, der den Prozess wegen seiner langen Verzögerung als „Justizskandal“ bezeichnete, noch: „Ich hoffe, dass heute juristisch das letzte Wort gesprochen wurde.“
Zwei Verhandlungstage hat die III. Kleine Strafkammer anberaumt. Der Fortsetzungstermin ist am Donnerstag, 4. August. Vier Sachverständige sind geladen.
Prozess Di 2.8., 9.00, III. Kleine Strafkammer am Landgericht Lübeck, Außenstelle Am Waldsaum, Volksfestplatz