Barsbüttel. Seit Mai bewirtschaftet das Abendblatt in Barsbüttel einen „Redaktionsgarten“. Das erste Gemüse ist erntereif. Und dann?
Ich weiß gar nicht so richtig, was ich erwartet habe, als ich das Projekt Garten gestartet habe. Wirklich vertraut habe ich mir und meinem nicht besonders grünen Daumen nicht. Deshalb habe ich auch nicht damit gerechnet, dass nur wenige Wochen, nachdem alles gepflanzt und gesät ist, das Gemüse zu sprießen beginnt, als gäbe es kein morgen mehr. Genau so passiert es aber. Und das, obwohl sich meine Arbeit im Garten tatsächlich eher in Grenzen hält.
Denn Kai Wriggers vom Milchhof Wriggers, der sich um die Mietgärten kümmert und selbst erfahrener Gärtner ist, hat mir im Vorfeld verraten, dass weniger mehr ist – vor allem, wenn es ums Gießen geht. Daran halte ich mich. Ab und zu, meistens mindestens wöchentlich, schaue ich im Garten vorbei, sehe nach dem Rechten und denke mir: Meine Pflanzen machen das schon. Tatsächlich scheint sich das zu bewahrheiten.
Gemüse ernten: So geht’s richtig
Als ich eines Tages meine direkte Gartennachbarin treffe, lobt sie mich für meine kräftigen Pflanzen und macht keinen Hehl aus ihrem Bedauern, dass sie mit einigen Pflanzen in ihrem Beet weniger zufrieden ist. Nach und nach wächst das Gemüse heran, und ich erkenne, was das alles in meinen Beeten werden soll: Brokkoli, Rote Bete, Kohlrabi, Radieschen.
Und dann kommt der Moment, in dem das erste Gemüse erntefertig ist. Dann stehe ich eines Tages wieder vor meinem Beet und werde von meiner Ahnungslosigkeit übermannt. Wie erntet man eigentlich Radieschen? Und Kohlrabi? Einfach rausziehen? Zum Glück beschäftigen viele Fragen nicht nur mich. In der Whatsapp-Gruppe lese ich einige Fragen, die ich mir selbst schon gestellt habe – und die passenden Antworten der erfahrenen Gärtnerinnen und Gärtner dazu. Radieschen zu ernten ist gar nicht schwer, lerne ich (einfach rausziehen), für die dicken Kohlrabiköpfe brauche ich Kraft und ein Messer. Eine Herausforderung, die ich gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte: Gerichte und Mahlzeiten planen, um das geerntete Gemüse auch zu verbrauchen.
Kleingärtner Sönke Tuitjer hat den grünen Daumen von seinem Großvater geerbt
Doch natürlich geht auch nicht alles gut. Nicht alles klappt ohne Verluste. Nicht aus allen Pflanzen und Samen wächst auch tatsächlich Gemüse. Aber das nehme ich gelassen. Wie heißt es so schön: Entweder man hat Erfolg – oder man lernt. Ich lerne zum Beispiel, dass man Spinat ernten muss, bevor er blüht. Sonst schmeckt er bitter. Und dass man das Schutznetz für die Jungpflanzen entfernen sollte, bevor die Pflanzen durch die Löcher wachsen. Sonst hängt alles darin fest. In beiden Fällen war ich zu spät dran.
Übrigens: Wenn das erste Gemüse abgeerntet ist, lässt sich der freigewordene Platz gut für weiteres Gemüse nutzen. Das wissen auch Sönke und Kerstin Tuitjer vom Kleingärtnerverein Barsbüttel. Sönke Tuitjer ist seit zehn Jahren Vorsitzender des Vereins. Seit etwa 17 Jahren Jahren bewirtschaften er und seine Frau einen Kleingarten, den sie zur Erholung und Selbstversorgung nutzen.
Gemüse anbauen: Vieles ist Versuch und Irrtum
„Ich habe den grünen Daumen von meinem Großvater geerbt“, sagt Sönke Tuitjer. Der war nämlich Landwirtschaftsdirektor der Landwirtschaftskammer in Schleswig. Schon als kleiner Junge hat der Enkel kräftig in seinem Garten mitgeackert. „Ich habe es geliebt, mit meiner Großmutter Johannisbeeren zu pflücken und Kartoffeln auszubuddeln“, sagt er. Im Erwachsenenalter hatten er und seine Frau lange einen Campingplatz in der Lüneburger Heide. Wegen beruflicher Veränderungen und der steigenden Benzinpreise hat das Paar den aufgegeben – und ist stattdessen unter die Kleingärtner gegangen. Der gebürtige Schwabe wohnt seit 1974 im Norden, seit einiger Zeit in Glinde. Seit 2005 haben Tuitjer und seine Frau einen Garten beim Kleingärtnerverein Barsbüttel.
Sein kleines Stück Land hat das Paar nach seinen Vorstellungen gestaltet. „Bis auf die Laube ist eigentlich nichts geblieben, wie es mal war“, sagt Tuitjer. Kleingärten müssen zu jeweils einem Drittel aus Nutzgarten, Ziergarten und Nebenanlagen bestehen. Was das Ehepaar alles anbaut? „Fast alles“, sagt der Tischlermeister. Von Kartoffeln, Zucchini, Bohnen, Zwiebeln, Kürbis und Paprika über Spinat, Rucola, Lauch, Bärlauch, Sauerampfer, Estragon, Mangold, Pastinaken oder Schnittlauch bis hin zu Johannisbeeren, Himbeeren, Rhabarber und Pflaumen ist alles dabei.
Radieschen können mehrmals im Jahr ausgesät werden
Mittlerweile sind die Eheleute Experten, wenn es ums Gärtnern geht. Das Wissen haben sie sich über die Jahre angeeignet. „Vieles ist Versuch und Irrtum“, sagt Sönke Tuitjer. Einen Plan haben sie aber, wenn es darum geht, welches Gemüse wann am besten angepflanzt werden sollte. „Spinat und Radieschen kann man früh ernten“, sagt Tuitjer. Von April bis Juni können die beiden Gemüsesorten geerntet werden. Kerstin Tuitjer: „Nach den Eisheiligen Mitte Mai kommen dann Bohnen, Tomaten und Paprika in die Erde.“ Um das ganze Jahr über mit frischem Gemüse aus dem eigenen Garten versorgt zu sein, macht es Sinn, einen Plan aufzustellen. Wenn die Radieschen und der Spinat abgeerntet sind, kann die Fläche für neues Gemüse genutzt werden. Kopfsalat und Karotten zum Beispiel sind ab Mai erntereif, Kohlrabi oder Erbsen ab Juni.
Projekt Redaktionsgarten: Wie alles begann
Zwischen Mai und Juni können zum Beispiel Brokkoli, Gurken, Mangold oder Zucchini ausgesät werden, die ab Juli geerntet werden können. Auch im Juli und August können wieder Radieschen oder Spinat, aber auch Porree oder Feldsalat ausgesät werden – die Möglichkeiten sind vielfältig. „Es gibt im Internet viele Pläne, die auch zeigen, welche Gemüsesorten sich miteinander vertragen und welche nicht“, sagt Kerstin Tuitjer. Immer wieder stoße sie dabei auf neue Obst- und Gemüsesorten, die sie in ihrem eigenen Garten ausprobiert. Einiges gelingt, einiges auch nicht. Das nehmen die Eheleute gelassen. Und ihr Nummer-eins-Tipp nach so vielen Jahren Gärtnererfahrung? Kerstin Tuitjer: „Kartoffeln und Zwiebeln gehen immer. Und Mangold klappt meistens auch.“
Unerwünschte Pflanzen stehlen dem Gemüse Licht und Wasser
Das kann ich aus meinem eigenen Garten zumindest schon einmal für den Mangold bestätigen – der wächst fantastisch und schmeckt auch noch richtig gut. Aus meiner Ernte koche ich eine Gemüsepfanne aus Mangold und Spinat und verfeinere sie mit Petersilie und Schnittlauch – das wächst in meinem Garten nämlich auch wie Unkraut.
Apropos Unkraut: Das ist eine Baustelle, um die ich mich in Zukunft mehr kümmern muss. Unkraut habe ich viel in meinem Garten – beziehungsweise Beikraut, wie man mittlerweile oft sagt. Problem: Weil ich mich so schlecht auskenne, weiß ich bei manchen grünen Pflänzchen gar nicht, was das werden soll, ob es Beikraut ist oder ich an diese Stelle Rosenkohl gepflanzt hatte. Doch alles so lassen wie es ist, geht wohl leider auch nicht, wie einer meiner Gartennachbarn mir nahelegt – nicht nur, weil ich sonst eine Verwarnung von Meine Ernte bekomme, sondern auch, weil Beikraut den Pflanzen Wasser und Licht stiehlt. Daher werde ich mich in Zukunft wohl verstärkt um die Beseitigung ungewünschter Gewächse kümmern. Denn ein Gemüsegarten, so viel habe ich schon mal gelernt, ist ein bisschen wie der Slogan einer bekannten Baumarktkette: Es gibt immer was zu tun.