Grönwohld. Geflügelzuchtverein prämiert vor dem Gasthof in Grönwohld die Schreihälse der Region. Was mit denen passiert, die stumm bleiben.

Tweety ist kein kleines, gelbes Küken, sondern ein imposanter Hahn mit gescheckten Federn, der zur Rasse der Deutschen Sperber gehört. Sein Käfig reiht sich ein in eine lange Reihe anderer Käfige, die am Sonntagvormittag auf dem Gelände des Gasthofs Unter den Linden in Grönwohld aufgebaut sind.

In fast allen sitzen bereits Kandidaten für das Hähnewettkrähen des Geflügelzuchtvereins Ahrensburg-Hoisdorf. Von den neugierigen Blicken der jeweiligen Konkurrenten in den Nachbars­käfigen sind sie mit einem Stück Pappe als Sichtschutz abgetrennt.

"Büttenwarder"-Kulturgasthof: Wettkrähen in Grönwohld

Tweetys Besitzer, der 13 Jahre alte Florian Werth aus Bargfeld-Stegen, rechnet sich zwar keine Gewinnchancen für seinen Hahn aus, lässt ihn aber trotzdem antreten. Florians Mutter Tanja Werth, zweite Vorsitzende des Vereins, hält sich lieber mit einer Prognose zurück. Sie sagt: „Man kann sich da total vertun.“ Wenn ein Hahn zu Hause fleißig krähe, bedeute das nicht, dass das auch in ungewohnter Umgebung so sei. Und umgekehrt entwickle so manches Exemplar auf fremdem Territorium eine erstaunliche Lust, lautstark auf sich aufmerksam zu machen.

Einige der 17 Groß- und drei Zwerghähne legen schon mal vor dem Startzeichen los. Was beim Wettbewerb zählt, ist nicht etwa die Lautstärke, sondern die Häufigkeit des Kikerikis innerhalb einer halben Stunde. Als es gegen 10.30 Uhr losgeht, fordert Vereinsvorsitzender Andreas Konagel die Besucher auf, den Bereich mit den Käfigen zu verlassen. Dort haben die Zähler ihre Stühle aufgestellt und halten penibel per Strichliste fest, welches Federvieh wie oft Laut gibt.

Geflügelzuchtverein verzeichnet Mitgliederzuwachs

Konagel berichtet, dass der Verein das Wettkrähen früher regelmäßig veranstaltet hat. „In der Pandemie wurde es verboten und heute ist es unser erster kleiner Versuchsballon, mit dem wir zeigen wollen, dass wir wieder da sind“, sagt er. Jeder, der sein Tier geimpft habe, könne kommen. In den Vorjahren seien es zwar 30 bis 40 Hähne gewesen, trotzdem ist Konagel mit der Resonanz zufrieden. Das Okay für die Veranstaltung habe das Veterinäramt kurzfristig erteilt, viel Zeit für Werbung sei nicht geblieben und einige hätten wegen Quarantäne abgesagt.

Für die Tiere sei das kein Stress, versichert der Taubenzüchter, der sich eigens für die Veranstaltung „einen Leasinghahn von einem Kumpel geliehen“ hat. Ob der auf einem der ersten Plätze landet, sei nicht so wichtig, viel wichtiger sei es „wieder ein bisschen Spaß zu haben“. 38 Mitglieder hat der Verein, Tendenz „stark steigend“ so Konagel.

Ein Hobby, das sich bis zum Hühnerhof auswachsen kann

Den haben die Zuschauer, darunter viele Familien mit Kindern, offensichtlich. Viele lassen sich von Züchtern Tipps geben oder stellen Fragen zu den Tieren. Besondere Aufmerksamkeit zieht ein Teufelshahn auf sich. La Flèche heißt die Rasse, die den Beinamen wegen des auffälligen Hörnerkamms und der schwarzen Färbung trägt. 700 Kilometer ist Jan Eckert, der zusammen mit Oliver Haupt die Linauer Eierbar betreibt, gefahren, um eine Henne und zwei Hähne zu holen.

So sehen Gewinner aus: Jan Eckert (l.) und Oliver Haupt mit einem männlichen und einem weiblichen Teufelshahn.
So sehen Gewinner aus: Jan Eckert (l.) und Oliver Haupt mit einem männlichen und einem weiblichen Teufelshahn. © Elvira Nickmann

Eckert: „Die Rasse steht auf der Roten Liste und ist schwer zu züchten.“ Zudem schicken sie einen brasilianischen Kampfhahn ins Rennen. Was als Hobby mit zehn Hühnern begann, summiert sich inzwischen auf 120 Hennen und zwölf Hähne. Eckerts Frau Nora berichtet, dass sie mit dem Krähen der Hähne sogar besser schlafe als ohne.

Mancher Hahn enttäusch, andere begeistern mit Leistung

Tobias und Anna-Valeska Dins aus Geesthacht haben zwei Hähne am Start. Einen der Rasse British Araucana, die blaue Eier legt, der andere ist ein Mix. „Der kräht mehr“, sagt Tobias Dins. Ihr Verein richte keinen derartigen Wettbewerb aus, daher seien sie nach Grönwohld gefahren.

Tanja Werth hält den Pokal, den Sohn Florian (13) mit seinem Hahn Tweety gewonnen hat. Florian hatte ihm zuvor keine Chancen eingeräumt.
Tanja Werth hält den Pokal, den Sohn Florian (13) mit seinem Hahn Tweety gewonnen hat. Florian hatte ihm zuvor keine Chancen eingeräumt. © Elvira Nickmann

Bei der Verleihung der Siegerpokale landet die Zuchtgemeinschaft Eckert/Haupt (36-mal krähen) auf dem ersten Platz. Tweety schafft es mit 34 Kikeriki auf den dritten. Dins bekommen für ihren Mix-Hahn, der wider Erwarten stumm geblieben ist, einen Trostpreis. Einen Wasserhahn. Konagel schmunzelnd: „Weil der auch nicht kräht.“