Kiel/Ahrensburg. Als letztes Bundesland werden nun auch hier die Impuls-Geräte eingesetzt. Zunächst nur für ein Jahr und in zwei Städten.

An mehreren Schutzwesten der Streifenbeamten in Ahrensburg hängt schon bald ein Holster für einen „Taser 7“. Es ist das neue DEIG – das Distanz-Elektro-Impuls-Gerät. Die auch als Elektroschock-Pistolen bekannten Waffen sind in vielen Ländern bereits Alltag.

Wenn Worte nicht reichen, stehen Polizeibeamte bei Einsätzen in brenzligen Situationen oft vor der Wahl: Pfefferspray oder Pistole? Nun soll es ein Mittel dazwischen geben: Das Elektroschock-Impuls-Gerät ist eine Vorstufe zur ganz scharfen Waffe.

Schleswig-Holstein: Polizei testet nun Elektroschock-Pistolen

Die 35 Distanz-Elektro-Impuls Geräte für den Testbetrieb kosten 225.000 Euro.
Die 35 Distanz-Elektro-Impuls Geräte für den Testbetrieb kosten 225.000 Euro. © dpa | Axel Heimken

Die Landespolizei Schleswig-Holstein hat zunächst 35 Geräte des Typs „Taser 7“ vom US-Hersteller Axon Enterprise aus Arizona angeschafft. Zusammen mit der entsprechenden „Munition“. Dabei handelt es sich um jeweils zwei Schuss mit je zwei Projektilen, die mit einem Draht den Stromstoß auf den Angreifer übertragen. Bis zu 20.000 Volt stehen dafür im Akku der Waffe bereit. Der Strom fließt allerdings in Milliampere. Kostenpunkt für die Anschaffung der Taser: 225.000 Euro.

Wie ist dieser Stromstoß zu spüren? Dazu sagt der Leitende Polizeidirektor Ralph Garschke in Kiel: „In etwa wie ein Wadenkrampf.“ Der Stromstoß solle den Angreifer kurz lähmen. Nicht eingesetzt werden dürfen die Taser gegen Schwangere, Kinder und sichtbar erkrankte Personen.

Polizeibeamte in Schleswig-Holstein haben zweitägiges Einsatztraining bekommen

Die Polizeibeamten, die diese Geräte künftig nutzen sollen, wurden bereits geschult. „Sie haben ein zweitägiges Einsatztraining bekommen“, sagt Matthias Felsch, Pressesprecher des Landespolizeiamts. Das Training umfasse neben dem Handling auch Unterrichtseinheiten zur rechtlichen Würdigung, zum taktischen Vorgehen und auch der Ersten Hilfe.

Insgesamt können künftig 140 Frauen und Männer der Landespolizei die Waffe nutzen. Darunter die Kräfte des Spezial-Einsatz-Kommandos (SEK) sowie Beamte des 1. Polizeireviers Ahrensburg und Neumünster.

Diese Pilotreviere wurden ausgewählt, da an diesen Orten und Einheiten bei den täglichen Einsätzen Taser erfordert werden könnten. Felsch: „Wir haben dazu interne Erkenntnisse zu Auswirkungen von Gewalt gegen Polizeibeamte und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte betrachtet.“ In den beiden Städten sollen die Taser auch bei ganz normalen Streifenfahrten mitgeführt werden.

Projektstart der Elektroschock-Pistolen ist noch offen: am 1. April oder 1. Mai

Das Pilotprojekt mit den Tasern ist zunächst auf ein Jahr befristet. Im Sommer 2023 sollen dann die Erkenntnisse der Polizeiführung und der Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) vorgestellt werden. Einen endgültigen Starttermin gibt es noch nicht – vermutlich wird es der 1. April oder 1. Mai sein – je nach Lieferung des noch ausstehenden Equipments.

Nach jedem Taser-Einsatz muss der Rettungsdienst angefordert werden

Getragen werden die Waffen an neuen, gelben Schutzwesten. Hieran kann das Taser-Holster jeweils links oder rechts vorn angebracht werden. Damit soll das ausgeschlossen werden, was in den USA bereits zur Verwechslung mit der Pistole geführt hat. Die Schusswaffe bleibt weiterhin am Gürtel. Sobald der Taser zum Einsatz gekommen ist, wird zur Sicherheit auch der Rettungsdienst gerufen. Der überwältigte Angreifer muss vor dem Abtransport in Polizeigewahrsam in jedem Fall medizinisch untersucht werden. „Dies ist auch eine Lehre aus den Einsätzen in anderen Bundesländern wie etwa Niedersachsen und Rheinland-Pfalz“, sagt Polizeidirektor Ralph Garschke. Denn dort waren im Herbst bei Einsätzen zwei Menschen gestorben. Am 4. Oktober hatte das SEK in Garbsen bei Hannover bei einem Einsatz einen mit einem Messer bewaffneten Mann mit einem Taser überwältigt. Er starb kurz darauf.

Schleswig-Holstein ist das letzte Bundesland, das die Polizei mit Tasern ausstattet. Projektleiter Martin Frenzel sagt: „Im Ernstfall können Beamte mit dem Gerät einen bereits abschreckenden Lichtbogen erzeugen oder zwei Elektroden an Drähten auf den Angreifer schießen, der durch Stromimpulse außer Gefecht gesetzt wird.“ Diese Stromimpulse dauern etwa fünf Sekunden. Ende Februar 2021 hatte der Landtag eine Reform des Polizeirechts beschlossen.