Glinde. Novellierung der Baumschutzsatzung in Glinde scheitert, weil sich FDP-Vertreterin im Ausschuss enthält. Unverständnis bei der CDU.

Eigentlich war alles geklärt: Auf der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz in Glinde sollte die Änderung der Baumschutzsatzung mit Stimmenmehrheit von CDU und FDP beschlossen werden. Beide Parteien waren sich darüber einig. Bürgermeister Rainhard Zug sagt: „Mir wurde wenige Tage vorher signalisiert, dass es durchgeht.“ Doch dann kam alles anders. Daniela Andersch, Vertreterin der Liberalen, druckste beim Votum erst herum und enthielt sich schließlich. Dadurch gab es einen Patt, eine neue Verordnung kann somit nicht umgesetzt werden. Bei den Christdemokraten herrscht Unverständnis.

In einer ersten Reaktion sprach der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann, der zugleich Vorsitzender des Gremiums ist, von „Empörung“. Wirklich geglättet haben sich die Wogen auch über das Wochenende nicht. „Es ist ärgerlich. Das war ein dummer Unfall. Da hat eine Person wohl die Tragweite nicht erkannt“, so der Christdemokrat mit wenigen Tagen Abstand auf die Geschehnisse. Er hat bereits FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass man den Vorgang schwer nachvollziehen könne. „Herr Kopsch war selbst überrascht. Nun müssen wir sehen, wie wir es bereinigt bekommen.“

Bürgermeister Rainhard Zug wollte Vorschrift 2020 abschaffen

Thomas Kopsch, FDP-Fraktionsvorsitzender in Glinde, sagt: „Wir geben unseren Ausschussmitgliedern allerdings großen Freiraum. Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang.“
Thomas Kopsch, FDP-Fraktionsvorsitzender in Glinde, sagt: „Wir geben unseren Ausschussmitgliedern allerdings großen Freiraum. Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang.“ © HA

Hat es bei der FDP im Vorfeld der Sitzung keine Absprachen gegeben, wie abzustimmen ist? Und vor allem: Wird es für Andersch, die kein Parteibuch hat und der Fraktion als bürgerliches Mitglied angehört, Konsequenzen haben? Parteien legen bekanntlich großen Wert auf einen geschlossenen Auftritt in der Öffentlichkeit, fürchten ansonsten um ihr Image. Ein Zick-Zack-Kurs ist da wenig hilfreich. Kopsch sagt, er wolle sich nicht zu Streitigkeiten äußern. „Wir müssen erstmal intern sprechen. Es ist zu früh, tiefgreifend darauf einzugehen.“ Die FDP habe ihre Linie bei der Novellierung der Baumschutzsatzung aber nicht verlassen. „Wir geben unseren Ausschussmitgliedern allerdings großen Freiraum. Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang“, so Kopsch.

Die Neuausrichtung im Umgang mit Bäumen ist eine Idee des Bürgermeisters. Zug will die Akzeptanz der Satzung erhöhen und vor allem den Verwaltungsaufwand reduzieren. Er sagt: „Wir haben zum Beispiel das Problem, dass beim Knickschutz Doppelanträge gestellt werden müssen. Das bindet natürlich Kapazitäten.“ Womöglich müsse er, nachdem es keine Mehrheit für die Beschlussvorlage gegeben hat, jetzt mehr Personal einsetzen.

2020 wollte Zug die Satzung ganz abschaffen. SPD und Grüne verhinderten das jedoch. Das Parteien-Duo sorgte 2018 für eine Wiedereinführung, nachdem eine solche Vorschrift 2011 aufgehoben wurde. Auch jetzt lehnte es den Vorschlag des Bürgermeisters ab. Sozialdemokraten und Grüne sehen darin ein Aufweichen. Unter anderem sollte der Stammumfang für das Einholen einer Fällgenehmigung von 80 auf 100 Zentimeter angehoben werden. Bürger können das Holz auf ihren Grundstücken somit leichter absägen. Außerdem sollten Birken ausgenommen werden.

Inzwischen haben Sozialdemokraten und Grüne die Mehrheit im Stadtparlament verloren, weil eine langjährige SPD-Politikerin die Seiten gewechselt und sich der CDU-Fraktion angeschlossen hat. Im August 2021 stimmte die Stadtvertretung dem Ansinnen des Bürgermeisters zu, Träger öffentlicher Belange wie die Untere Naturschutzbehörde des Kreises und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wurden Ende vergangenen Jahres schriftlich beteiligt. Es gab fünf Stellungnahmen, woraufhin der Satzungsentwurf angepasst wurde. Aufgeführt sind etwa Anforderungen für Ersatzpflanzungen sowie Kosten für Ausgleichszahlungen mit 500 oder 550 Euro pro Baum – je nach Stammumfang.

Über die Vorlage könnte erneut abgestimmt werden

Der überarbeitete Entwurf wird also nicht wie geplant in der Stadtvertretersitzung am 31. März zur Abstimmung stehen. Voraussetzung wäre ein Abnicken im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz gewesen. Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, ist froh über das Scheitern der Vorlage aus dem Rathaus. Er sagt: „Wir haben ein tolles Klimaschutzkonzept, können den Baumschutz nicht auf das gesetzliche Mindestmaß zurückfahren. Das wäre ein falsches Signal.“ Man brauche eher eine Verbesserung des Schutzgegenstandes.

Daniela Andersch engagiert sich übrigens in der Glinder Klimaschutzinitiative. Sie war für unsere Redaktion nicht erreichbar. Rainer Neumann hat in seiner Funktion als Ausschussvorsitzender die Möglichkeit, erneut über die Vorlage abstimmen zu lassen. Das macht aber nur Sinn, wenn er Gewissheit über Unterstützung der FDP hat.