Oststeinbek. Nach Bericht über Absturz eines US-Bombers im Zweiten Weltkrieg lässt sich ein Fundstück aus den 80er-Jahren zuordnen.

Der Umfang des Geräts ist ungefähr so wie der eines größeren Schuhkartons. Es wiegt allerdings wesentlich mehr, weil aus Eisen gefertigt. An einer Seite sind drei Rollen angebracht, obendrauf ist eine silberne Scheibe montiert, die noch glänzt. Das Utensil gehört zu einem amerikanischen B-24-Bomber, der am 30. Oktober 1944 in Oststeinbek abgestürzt ist. Dabei handelt es sich um eine Zielvorrichtung. Sie hatte Jahrzehnte auf dem Grund eines Teiches gelegen und konnte erst jetzt zugeordnet werden.

Diese Zeitung hatte vor Kurzem über das Unglück berichtet, sich dafür mit dem früheren ehrenamtlichen Gemeindearchivar Karlheinz Schmidt (83) und Julián Péter (31) getroffen. Die beiden Hobby-Historiker erforschten die Umstände des Todesflugs, erkundeten unter anderem die Namen der Besatzungsmitglieder. Die Militärmaschine mit der Seriennummer 44-10523 zerschellte in der Feldmark. Zu diesem Zeitpunkt waren acht Insassen an Bord. Alle kamen ums Leben.

US-Bomber ist im Zweiten Weltkrieg über Oststeinbek abgestürzt

„Aufgrund des Artikels hat sich ein Bergedorfer bei mir gemeldet, der in den 80er-Jahren bei der Entschlammung des Teiches auf Gut Domhorst mitgeholfen hat“, berichtet Schmidt. Der Mann erzählte von Fundstücken, die möglicherweise zu dem Flugzeug gehören. Daraufhin kontaktierte der Oststeinbeker den Eigentümer des Gutes. Es kam zu einem Treffen. In einer Garage waren vier alte Gegenstände gelagert, drei davon sind laut Schmidt unbedeutend. Was das große Gerät aber nun genau ist, wusste er nicht. Der Jurist machte von mehreren Seiten Bilder, schickte sie an Julián Péter. Der Hamburger recherchierte im Internet, verglich Zeichnungen von Bombenzielvorrichtungen mit dem Original. Knöpfe, Kompass und der Kurs-Kreis stimmten überein.

Karlheinz Schmidt (r.) und Julián Péter an der Absturzstelle. Heute ist dort ein Wohngebiet.
Karlheinz Schmidt (r.) und Julián Péter an der Absturzstelle. Heute ist dort ein Wohngebiet. © René Soukup | René Soukup

Der junge Mann hat großes Interesse an Kriegsgeschichte. Sein Vater war früher Pilot bei der Luftwaffe in der Slowakei. Péter lebt seit 2014 in der Hansestadt, hat profunde Kenntnisse über Kampfflugzeuge. Er sagt: „Bei amerikanischen Bombern war damals die Zielvorrichtung mit dem Autopiloten gekoppelt. In den letzten Minuten vor dem Angriff hat der Schütze das Flugzeug gesteuert.“ Laut dem Experten durften die Geräte auf keinen Fall in die Hände des Gegners gelangen. „Bei Notlandungen im Feindesland sollten die Soldaten die Zielvorrichtung zerstören.“ Péter ist der Meinung, dass solche Funde wie in Oststeinbek der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden müssen und in ein Museum gehören.

Die Distanz zwischen der Absturzstelle und dem Teich beträgt mehrere Hundert Meter. „Der Aufprall muss sehr heftig gewesen sein“, sagt der Hamburger. Laut Schmidt sind auch ein Flügel sowie ein Motor ins Wasser katapultiert. Der frühere Gemeindearchivar hatte vor mehr als 20 Jahren damit begonnen, das Unglück aufzuklären und mit Zeitzeugen gesprochen. Den exakten Ablauf konnte er jedoch nicht belegen.

Pilot verlor in einer Wetterfront die Kontrolle über die Maschine

Dann nahm sich Péter der Gesprächsprotokolle an, begab sich auf Onlinesuche nach Listen von abgestürzten Flugzeugen im Zweiten Weltkrieg. Er fand Protokolle mit wichtigen Hinweisen, kontaktierte Forscher in den USA und gelangte dadurch an Dokumente, mit deren Hilfe er letzte Rätsel lösen konnte. Unter anderem stieß der Hobby-Historiker auf Aussagen von Überlebenden. Drei der ursprünglich elf Besatzungsmitglieder waren vor dem Crash mit dem Fallschirm abgesprungen.

Eine solche B-24 Liberator stürzte in Oststeinbek ab. Der Typ war das meistgebaute US-Flugzeug im Zweiten Weltkrieg.
Eine solche B-24 Liberator stürzte in Oststeinbek ab. Der Typ war das meistgebaute US-Flugzeug im Zweiten Weltkrieg. © Morrison | HA

Der B-24-Bomber startete an jenem 30. Oktober in der Grafschaft Norfolk im Osten Englands, Ziel waren Ölwerke in Hamburg. Nach dem Abwurf der Bomben gegen 13 Uhr geriet die Maschine in eine dichte Wetterfront, kam in einer Wolke einem anderen Flugzeug zu nahe. Der Pilot verlor in einer Höhe von 28.000 Fuß die Kontrolle. Das Kampfflugzeug drehte sich auf den Rücken und gelangte in die sogenannte Todesspirale.

Julián Péter kommt von Oststeinbek nicht los. Ihn beschäftigt seit eineinhalb Jahren der Absturz einer Lancester – geschehen im März 1945 in Billstedt, wobei sich ein Insasse per Fallschirm rettete und in der Stormarner Gemeinde landete. Der australische Luftwaffensergeant Kevin Clark verhedderte sich dabei in einer Stromleitung, wurde von einem Bürger befreit. „Der Mann war 20 Jahre alt, wurde erst in Glinde gefangen gehalten und bei der Überführung nach Reinbek von einem Mitglied des Volkssturms wahrscheinlich auf Befehl des Vorgesetzten erschossen“, sagt Péter. Er forscht weiter an diesem Fall und möchte ein Buch darüber schreiben.