Stapelfeld. Klaus Fechner war 35 Jahre Gemeindevertreter für die SPD in Stapelfeld. Worauf der 78-Jährige rückblickend besonders stolz ist.
Klaus Fechner räumt dieser Tage auf und schließt zugleich mit einem Kapitel seiner Lebensgeschichte ab. Im Arbeitszimmer seiner Doppelhaushälfte in Stapelfeld befinden sind mehr als 20 Ordner mit Unterlagen über Kommunalpolitik in zwei Regalen. Nach und nach werden sie verschwinden, die Blätter zerschreddert. Der Rentner benötigt die Dokumente nicht mehr. Seit 1986 gehörte er der Gemeindevertretung an, war 16 Jahre Fraktionschef der SPD. Jetzt ist Schluss. Der Polit-Dino hat sich zurückgezogen, sein Amt abgegeben. Fechner ist 78 Jahre alt, körperlich fit und auch geistig voll auf der Höhe. Er sagt aber: „Ich wollte zu einem Zeitpunkt aufhören, wo es mir noch nicht nahegelegt wird.“
Es ist eine Zäsur für die Sozialdemokraten in der rund 1800 Einwohner zählenden Gemeinde. Fechner hat sich Anerkennung erarbeitet. Er ist kein Lautsprecher, gilt jedoch als meinungsstark. Als einer, der sich nicht verbiegen lässt und trotzdem kompromissbereit ist. Weggefährten bescheinigen ihm, er sei in der Diskussion immer sachlich geblieben und habe sich nie wichtig genommen. Verbale Schüsse unter die Gürtellinie waren nie sein Ding. Bürgermeister Jürgen Westphal von der örtlichen Wählergemeinschaft sagt über Fechner: „Ich bin mit ihm hervorragend zurechtgekommen, schätze sein Art. Wir konnten uns immer aufeinander verlassen und haben viel Spaß gehabt.“
Niederlage bei Kandidatur als Bürgermeister
An wie vielen Gremiumssitzungen und Parteitreffen der Sozialdemokrat teilgenommen hat, das weiß er selbst nicht. Es müssen Hunderte gewesen sein. Fechner war im Umwelt- sowie im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss, in jenem des Abwasserverbands des Amtes Siek, im Schulverband und Vorsitzender des Werkausschusses der Fernwärmeversorgung Stapelfeld. Fünf Jahre hatte er die Position des Werkleiters inne, ein ehrenamtlicher Job. „Das war eine Managertätigkeit ohne Blaumann. Als ich anfing, hatten wir rund 250.000 Euro Miese. Beim Abschied stand die schwarze Null“, sagt Fechner. Im Rückblick ist er darauf besonders stolz.
Zehn bis 20 Stunden seiner Freizeit hat der Stapelfelder pro Woche für die Politik geopfert. Vor Jahren kandidierte er einmal gegen Jürgen Westphal als Bürgermeister und verlor. Damit hatte Fechner auch gerechnet. Selbst von Fraktionskollegen sei er belächelt worden ob der Aussichtslosigkeit. In Stapelfeld ist die Wählergemeinschaft seit Langem stärkste Kraft, Familienmitglieder des Bürgermeisters sind in der CDU. Die Christdemokraten hätten geschlossen für Fechner stimmen müssen. Seine Glückseligkeit hing aber nie von diesem Posten ab. Der Stapelfelder Bürgermeister arbeitet ebenfalls ehrenamtlich.
Fechner weiß, was es heißt, wirkliche Schicksalsschläge zu bewältigen. Er verliert seinen Vater im Alter von vier Jahren, wächst als Halbwaise auf. Nach der mittleren Reife macht er eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann, absolviert seinen Wehrdienst in Schleswig, wo er seine Frau kennenlernt. Sie ziehen 1966 nach Stapelfeld, erst in eine Wohnung. Damals ist die Gemeinde viel kleiner. „Es gab seinerzeit 14 Landwirte und keine Kneipe“, sagt Fechner. Das Paar erwartet Nachwuchs, bei der Suche nach einer Bleibe muss es schnell gegen. Das Eigenheim kommt später. Mit Politik hat Fechner, der zu Beiersdorf wechselt und im Außendienst sein Geld verdient, noch wenig am Hut. „Ich habe zwar einen sozialen Fimmel und Sympathien für die Schwachen in unserer Gesellschaft“, erzählt er, aber eingetreten in die SPD sei er 1972 wegen Willy Brandt und dessen Ostpolitik.
Fechner besucht regelmäßig die Mitgliederversammlungen, entscheidet dann für sich, in Stapelfeld auch gestalten zu wollen, und wird Teil der Gemeindevertretung. Die Politiker wirtschaften gut, Stapelfeld ist auch heute schuldenfrei. Der Sozialdemokrat hat plötzlich mehr Zeit. Im Alter von 55 Jahren geht er in den Vorruhestand. In der Kratzmannschen Kate gibt er mit einem Freund regelmäßig Gratis-Konzerte, bringt sich auch so ins Gemeindeleben ein. Fechner führt eine glückliche Ehe. Das Paar bereist die Welt: viermal USA, Südkorea, Hongkong, Südafrika und die Malediven. Vor sieben Jahren stirbt die Gattin unerwartet. Inzwischen hat Fechner wieder eine Partnerin und sprüht vor Lebensfreude.
Punktspiele mit Tennisteam halten den Senior fit
Er wird künftig auch nicht als Besucher den Gemeindevertretersitzungen beiwohnen, ist zurzeit noch Ortsvorsitzender der SPD. Auch dieses Amt will Fechner so schnell wie möglich abgeben. „Da muss ich noch mal einen bekneten“, sagt er und rechnet sich dabei gute Chancen aus. Reden und dabei überzeugen, das kann Fechner. Langeweile verspürt der Stapelfelder auch ohne die Politik nicht. Er steht regelmäßig auf dem Tennisplatz und nimmt an Punktspielen teil. Über die Zukunft seines Ortes sagt der Senior: „Es ist die größte Herausforderung, den Charakter eines Dorfes beizubehalten. Auf große Wohnblöcke sollte hier verzichtet werden.“