Lütjensee. Gerät wurde unter massiver Gewalteinwirkung aus Verankerung gerissen. Schaden beträgt rund 6000 Euro. Eigentümer erstattet Anzeige.

Die Björn Steiger Stiftung und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) statten Badestrände in ganz Deutschland mit Notrufsäulen aus. So auch den Strandabschnitt am Lütjensee, wo bis zum Wochenende ein neu entwickeltes Modell stand, das erst vor einem Jahr dort aufgestellt worden ist. Jetzt steht an dieser Stelle nichts mehr und von der rot-weißen Säule ist nur ein Haufen Schrott übriggeblieben. Denn Unbekannte haben diese wichtige Einrichtung, mit der im Notfall schnell Hilfe angefordert werden kann, Freitagnacht mutwillig zerstört.

Eine Stiftung finanziert die Notrufsäulen

Eigentümerin und Betreiberin der Notrufsäule ist die Björn Steiger Stiftung, die ihren Sitz in der Nähe von Stuttgart hat. Die Anschaffung wird durch Spenden finanziert. Christian Lang ist für die Stiftung als Projektentwickler Notruf im Einsatz. Er hat die neuen Modelle entworfen, zu denen auch das Gerät in Lütjensee zählt.

Er sagt: „Am Freitagabend haben wir eine Erschütterungsmeldung von der Säule bekommen.“ Denn diese meldet sofort, wenn daran irgendwo manipuliert wird. Eine Erschütterungsmeldung könne theoretisch auch schon mal durch starken Wind hervorgerufen werden, so Lang. Doch am darauffolgenden Tag habe sich die Säule nicht mehr gemeldet. Ein Alarmzeichen. „Das Gerät meldet sich alle 24 Stunden mit einem Selbstdiagnosetest“, erläutert Lang. Denn der Mehrwert der optisch neu gestalteten und technisch hochwertigen Modelle liege vor allem in deren Wartungsfreiheit.

Bei nicht erfolgter Meldung werde ein Techniker mit der Überprüfung vor Ort beauftragt. Doch dann habe sich die DLRG bei der Stiftung gemeldet und mitgeteilt, „dass jemand die Säule umgetreten hat“.

Täter reißen Gerät aus der Verankerung

Das sei jedoch gar nicht so einfach, so Lang, und nur unter „massiver Gewalteinwirkung“ möglich. „Die Stahlschrauben sind unten abgerissen. Um eine solche Säule aus der Verankerung zu reißen, müssen die Täter mindestens zu zweit oder dritt gewesen sein.“

Thies Wolfhagen, Pressesprecher des DLRG-Landesverbandes Schleswig-Holstein, bestätigt diese Einschätzung. Er sagt: „Der Fuß der Säule ist einbetoniert und das Gehäuse ist komplett aus Sicherheitsstahl.“ Das Solarpanel am oberen Ende sei in Panzerplexiglas eingegossen. Christian Lang ergänzt, dass etlichen Sicherheitsschrauben dafür sorgen sollen, dass sich niemand an den Geräten zu schaffen macht. Und doch ist genau das passiert.

Hemmschwelle bei Notrufsäulen hoch

„Da Teile fehlen, glauben wir, dass es purer Vandalismus war“, vermutet Lang, dem jegliches Verständnis für eine solche Tat fehlt. „Wir können so etwas überhaupt nicht nachvollziehen“, sagt der Projektentwickler. Normalerweise sei die Hemmschwelle bei Einrichtungen wie dieser, deren „Sinn und Zweck es ist, Menschenleben zu retten“, hoch.

Die Stiftung werde in jedem Fall Strafanzeige in der Sache erstatten. Wenn die Verantwortlichen gefasst werden, könnte die Tat für sie schlimme Folgen haben. Sollte am Strand in Lütjensee ein Notfall eintreten und wegen des Ausfalls der Notrufsäule ein Notruf nicht möglich sein, könnte das für ein entsprechendes Gerichtsurteil durchaus eine Rolle spielen. Eine Einschätzung zu einem möglichen Strafmaß will Lang zwar nicht abgeben, sagt aber: „Wir wissen, dass Zerstörung von Rettungseinrichtungen etwas ist, dass Richter gar nicht mögen.“

Derartige Tat selten, aber kein Einzelfall

Ebenso wie Jens Kreutzfeldt, Pressereferent der Björn Steiger Stiftung. Rund 6000 Euro werden für so eine Rettungssäule fällig. Die Kosten werden aus Spenden finanziert. Kreutzfeldt sagt: „Es ist äußerst bedauerlich, wenn so ein Gerät Opfer von Vandalismus wird.“ Glücklicherweise komme so etwas nicht oft vor. Ein Einzelfall scheint es aber auch nicht zu sein. Lang berichtet von einem anderen Fall aus Schleswig-Holstein, in dem innerhalb von zwei Wochen eine Notrufsäule zweimal mit einem Vorschlaghammer beschädigt wurde.

Laut Kreutzfeldt ist es daher um so wichtiger, dass ein Problembewusstsein dafür entsteht, welche Folgen eine solche Tat haben kann.

Säulen nicht nur in Badesaison wichtig

Denn wenn es zu einem Unfall kommt, zählt jede Sekunde, ist schnelle Hilfe vonnöten. Viele Badegäste verzichten jedoch auf das Mitführen eines Mobiltelefons aus Angst, es könne gestohlen werden. So haben sie es im Notfall nicht zur Hand, um schnell die 112 zu wählen. Auch im Winter sind die Notrufsäulen wichtig, vor allem wenn Schlittschuhläufer auf dem zugefrorenen See ihre Bahnen ziehen. Das Risiko eines Einbruchs ins Eis wird dabei oft unterschätzt.

Im Notfall genügt ein Knopfdruck, um eine Sprachverbindung zur Rettungsleitstelle herzustellen. Gleichzeitig übermittelt die Säule per GPS-Signal ihre Position. So kann die Leitstelle die Retter zielgenau zum Einsatzort schicken.

Techniker installiert bald neues Gerät

Weil das alles zurzeit am Lütjensee nicht möglich ist, will die Stiftung schnell Abhilfe schaffen. Noch in dieser Woche soll ein Techniker an dem Standort eine neue Notrufsäule installieren.

Der Vorsitzende der DLRG Stormarn, Hauke Wrobel, hat erst am Sonntag Kenntnis von dem Geschehen durch ein Mitglied erhalten. Er sagt: „Ich hätte nie vermutet, dass ausgerechnet in Lütjensee jemand die Notrufsäule so malträtiert.“ Sie sei so beschädigt, dass sie nicht mehr brauchbar sei.

Um Technik ging es Tätern eher nicht

Dass sich die Täter deshalb an den Säulen zu schaffen gemacht haben, weil sie an die elektronischen Bauteile gelangen wollten, halten die mit der Angelegenheit befassten Mitarbeiter von Stiftung und DLRG für nicht plausibel. „Mit der Technik kann man im Normalfall überhaupt nichts anfangen“, sagt Thies Wolfhagen.

Christian Lang erläutert, dass auf Fotos, die den Schaden dokumentieren, zu sehen ist, dass das Solarpanel und Bauteile fehlten. Die Hauptelektronik hätten die Täter jedoch zurückgelassen. Was darauf hindeutet, dass das Motiv einfach nur blinde Zerstörungswut war.