Reinbek. Der Jungunternehmer lebt noch bei seinen Eltern. Von dort steuert er sein Start-up und bietet Immobilien und Grundstücke an.

Zwei 27-Zoll-Bildschirme, dazu ein Laptop und jede Menge Know-how beim Programmieren: Viel mehr bedarf es nicht für Malte Kuhr, um seinem Job nachzugehen. Der 17 Jahre alte Reinbeker ist sein eigener Chef. Er hat vor Kurzem die Auktionsplattform mit dem Namen Immoauk gegründet, versteigert im Internet Häuser, Wohnungen und Grundstücke. Das Start-up steuert der Jungunternehmer von seinem Zimmer aus, das zugleich als Büro dient. Er lebt noch bei seinen Eltern.

Bislang 80.000 Euro in das Start-up Immoauk investiert

Setzt sich sein Geschäftsmodell durch, dürfte manch einem Makler die gute Laune vergehen beim Blick auf Umsatz und Gewinn. Der Reinbeker will eine ernsthafte Konkurrenz im Kampf um Kunden werden. Sein vermeintlicher Vorteil: Die klassische Courtage entfällt. Beim Abschluss kassiert er lediglich eine sogenannte Auktionsgebühr. Sie beträgt 0,59 Prozent des Kaufpreises, zu entrichten von jenen, die Grund oder eine Immobilie erwerben.

„Ich brauche zehn bis 15 Objekte, um in Fahrt zu kommen“, sagt der Stormarner. „Später würde ich gerne parallel 500 Immobilien deutschlandweit im Angebot haben.“ Jetzt geht es darum, Bekanntheit zu erlangen und verkaufswillige Personen dazu bewegen, sich auf seiner Plattform anzumelden. Derzeit vermittelt Kuhr ein Einfamilienhaus in Reinbek, der Eigner verlangt mindestens 850.000 Euro. Die Internetseite des jungen Mannes ist seit vergangenem Monat online.

An 18. Geburtstag wird Kuhr zum Geschäftsführer

Noch ist der Onkel als Geschäftsführer eingetragen. Am 25. Oktober, wenn Kuhr seinen 18. Geburtstag feiert, übernimmt er auch offiziell den Betrieb. Die Arbeit erledigt er ohnehin schon in Eigenregie, verbringt momentan viel Zeit mit der Optimierung von Google-Werbung.

Wer in Hamburg und Umgebung die Wörter „Haus verkaufen“ in die Suchmaschine eingibt, findet sofort den Firmennamen. Das kostet natürlich Geld. Rund 4000 Euro hat der Reinbeker an den Internet-Riesen für das Schalten von Werbung gerade bezahlt, bislang 80.000 Euro in das Projekt investiert, vornehmlich für das Marketing. Das Geld kommt aus dem Kreis der Familie.

Kein Abitur trotz Empfehlung für die Oberstufe

Seine Objekte sind auf allen großen Immobilienportalen in Deutschland zu sehen mit Weiterleitung auf die Auktionsplattform. „Und ich wollte zudem mit Maklern kooperieren, die haben aber kein Interesse gezeigt“, sagt Kuhr. Seine Aussprache ist gewählt, das Vokabular vielfältig. Man könnte denken, dass dieser Mensch Abitur hat. Das ist jedoch nicht der Fall.

Zwar hatte der Reinbeker eine Empfehlung für die Oberstufe, begnügte sich aber mit dem mittleren Schulabschluss an der Gemeinschaftschule Wiesenfeld in Glinde. In Mathematik hatte er eine Eins, in Deutsch und Englisch eine Drei. „Wirtschaft war mein Lieblingsfach, auch Geschichte habe ich sehr gemocht. Aber auf Abi hatte ich wirklich keine Lust.“

Der 17-Jährige hat ein Faible für Computer

Stattdessen begann er in Corona-Zeiten eine Lehre in Hamburg als Fachinformatiker für Anwendungstechnik, war aber mit dem Betrieb unzufrieden und schmiss hin. Zu diesem Zeitpunkt war schon die Idee gereift, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.

Dass der Computer dabei die wichtigste Komponente ist, war vorgezeichnet. Mit 13 schrieb Kuhr Programme, saß Nächte vor dem Bildschirm. Zwei Jahre später entwickelte er Funktionalitäten für ein Spiel, verdiente so 500 Euro. Sein Onkel brachte ihm das Thema Immobilien näher.

Jetzt arbeitet der Reinbeker acht bis zehn Stunden pro Tag, lernt zudem jeden Morgen bis zu 60 Minuten Englisch. „Das ist für die Zukunft sehr wichtig für mich.“ Das Handballspielen im Verein hat er aufgegeben, die Duelle mit anderen Teams am Wochenende waren zu zeitintensiv. Stattdessen geht er regelmäßig Spazieren - auch, um den Kopf freizubekommen.

Freund aus München half beim Programmieren

In der Gründerphase ist einiges in die Wege zu leiten, zum Beispiel einen Pool von Fotografen und Textern für die Anfertigung der Exposés zu gewinnen. 80 Prozent der Programmierung hat Kuhr selbst erledigt, den Rest übernahm ein Freund aus München. Automatismus ist ein zentraler Punkt bei seinem Werk.

Verkäufer registrieren sich auf dem Portal und tragen Objektdaten ein, daraufhin wird ihnen ein professioneller Text erstellt. Sie legen einen Verbindlichkeitspreis fest. Wird die Auktion mit einem Gebot über diesen beendet, ist der Verkauf besiegelt. Liegt es darunter, hat der Verkäufer 15 Minuten die Möglichkeit, das Geschäft zu schlechteren Konditionen abzuschließen. Tut er das nicht, generiert Kuhr kein Geld.

Verkäufer können auch das Startgebot festlegen, alternativ macht das ein Algorithmus und gibt rund 75 Prozent des Verbindlichkeitspreises vor. Nachdem Bieter auf dem Portal ein Konto angelegt haben, kontaktieren sie den Verkäufer und werden von diesem freigeschaltet. Eine Auktion dauert bis zu acht Wochen. Der Besichtigungstermin wird über das Portal gebucht – vergleichbar mit der Anmeldung bei einem Impfzentrum. Wer sein Haus veräußern will, muss es selbst präsentieren. Damit hat der Reinbeker nichts zu tun und unterscheidet sich dabei von Maklern.

Die Großeltern waren nur schwer zu überzeugen

„Ich habe viele Sicherungen für den Verkäufer eingebaut, alles ist transparent. So möchte ich Vertrauen schaffen“, sagt Kuhr, der gerade einen Antrag auf Mitgliedschaft in der FDP gestellt hat. Er hatte es nicht leicht, seine Eltern von dem Projekt zu überzeugen. Sie hätten sich zumindest gewünscht, dass ihr ältester Sohn die Ausbildung beendet vor dem Schritt in die Selbstständigkeit. Der schwerste Brocken sei es gewesen, sagt der Reinbeker, Oma und Opa die Karriereplanung zu erläutern. Er hat es ihnen erst vor zwei Wochen erzählt. Da war das Auktionsportal schon online.