Trittau. Bis Oktober überprüft die SH Netz das Leitungsnetz in fünf Stormarner Kommunen. Aron Bock war gerade in Trittau unterwegs.

Zieht Aron Bock in auffällig orange-grüner Arbeitskluft und seinem merkwürdigen Equipment durch die Straßen, sind ihm neugierige, nicht selten auch misstrauische Blicke gewiss. Zuweilen sieht er sich sogar mit der Polizei konfrontiert, wenn allzu ängstliche Anwohner Einbruch und Überfall wittern. „Das regt mich schon lange nicht mehr auf“, sagt der 40-Jährige gelassen: „Wir leben halt in unruhigen Zeiten. Da haben die Leute das Telefon schneller in der Hand als die Revolverhelden im wilden Westen ihre Colts.“

Prüfung wird alle vier Jahre wiederholt

Dabei ist die Frohnatur mit der dunklen Lockenmähne und der hippen Sonnenbrille vollkommen harmlos. Und würde er seinen Job nicht akkurat erledigen, wäre erst recht Gefahr in Verzug. Denn Bock sucht mit einer Hightech-Sonde nach Lecks in den Gasleitungen. Die sich ohne ihn zu einem echten Sicherheitsproblem auswachsen können.

„Aus diesem Grund wird das Gasnetz in Siedlungsgebieten alle vier Jahre abgelaufen, bei den Hochdruckleitungen setzen wir einen speziellen Helikopter ein“, sagt Fabian Dahlem, Sprecher der Schleswig-Holstein Netz AG. Im gesamten Versorgungsgebiet betreibt die SH Netz gemeinsam mit den Schwesterunternehmen ElbEnergie (im nördlichen Niedersachsen) und der HanseGas (in Mecklenburg-Vorpommern) Gasleitungen in einer Länge von 21.000 Kilometern. Allein in Schleswig-Holstein sind es 15.000 km, im Kreis Stormarn 1100.

In Stormarn werden 248 Kilometer abgelaufen

Zwischen Reinfeld und Reinbek werden bei der Kontrolle in diesem Jahr 248 Kilometer überprüft: in Ahrensburg, Grande, Grönwohld, Lütjensee und Trittau. Nicht immer kann sich der Gasschnüffler dabei auf den Tag genau vorankündigen. „Für den Spüreinsatz darf es draußen nicht nass sein, weil das Gas im feuchten Boden sonst gebunden wird und nicht an die Oberfläche dringt“, erklärt Bock.

Aus diesem Grund ist er in der Regel in den Monaten April bis Oktober unterwegs. „Da macht das alles doch auch gleich viel mehr Spaß und die Leute sind deutlich entspannter“, berichtet der drahtige Dauerläufer aus dem brandenburgischen Kyritz an der Knatter, der im vergangenen Jahr mit seiner Sonde innerhalb von sechs Monaten 1200 Kilometer zurückgelegt hat und dabei drei Paar Schuhe zerschlissen hat.

Posiert auch gern mal als „Ghostbuster“

Ein kurzer Plausch mit Passanten, dann geht es für den Gasspürer auch schon weiter. 
Ein kurzer Plausch mit Passanten, dann geht es für den Gasspürer auch schon weiter.  © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Im Trittauer Siedlungsgebiet nördlich des Herrenruhmwegs trifft er an diesem Tag gleich mal auf zwei ältere Damen, die am Straßenrand klönen. Ob er nach Gold und Edelsteinen suche, wollen sie von ihm wissen. „Nein, nein“, versichert Bock, „nur nach Gas, das nicht einfach auf Straßen und Grundstücken frei herumwabern sollte“.

Nach Feierabend könne man ihn aber auch als „Geisterjäger“ buchen. Weil er Passanten immer wieder an den Kultfilm „Ghostbusters“ mit Bill Murray und Dan Aykroyd erinnere, habe er sich zum Spaß eine Weste samt Aufnäher mit dem Filmlogo besorgt und posiert dann auch schon mal für ein Foto.

Vor vier Jahren zu den Superschnüfflern gewechselt

„Für mich ist dieser Job wie gemacht“, sagt der gelernte Installateur mit Entertainer-Qualitäten, der als Zählerwechsler vor vier Jahren in die „Phalanx der Superschnüffler“ wechselte: „Ich bin immer an der frischen Luft, kann eigenverantwortlich arbeiten und komme mit vielen Leuten ins Gespräch.“

Dabei werde es aber auch mal ungemütlich. Vor allem dann, wenn er die Privatgrundstücke betrete und dann in voller Montur plötzlich auf die Eigentümer treffe. Da helfe es nicht immer, mal eben den Dienstausweis zu zücken, der stets griffbereit an einem Gürtelband baumelt. Etwa dann, wenn sich die Frau des Hauses gerade im Garten oben ohne sonnt und sein Nahen trotz Klopfens und Rufens nicht wahrgenommen hat.

80 Prozent aller Eigentümer sind kooperativ

Er könne nicht ohne Vorwarnung einfach so auftauchen, werde ihm gelegentlich vorgehalten. Dann müsse er die Leute aber leider eines Besseren belehren. „Laut allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen die Leitungen bis zur Hauswand stets frei zugänglich sein. Ab da sind die Eigentümer dann selbst verantwortlich“, so Bock.

Nörgler und Besserwissen gebe es natürlich immer und überall. „80 Prozent aller Leute sind aber nett und kooperativ“, weiß Bock. So wie das Paar, das gerade in seinem Garten werkelt, als der Gasspürer um die Ecke kommt. Wenn es der Sicherheit der eigenen Scholle zuträglich sei, müsse er natürlich seines Amtes walten, sagt der Gatte.

Gasunfälle sind um 90 Prozent zurückgegangen

Über ein Display kann nachvollzogen werden, wo die Gasleitungen liegen und welche Strecken der Prüfer abgelaufen ist.
Über ein Display kann nachvollzogen werden, wo die Gasleitungen liegen und welche Strecken der Prüfer abgelaufen ist. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Wer glaubt, Bock könne sich schon mal die eine oder andere Strecke „schenken“, irrt gewaltig. Abkürzen, ist nicht, weglassen erst recht nicht. Das Display vor seiner Brust, zeigt ihm nicht nur den Verlauf des Netzes. Es protokolliert via GPS auch penibel jeden seiner Schritte. „Ja, ja, Big Brother ist allgegenwärtig“, scherzt er. Und verkündet kurz darauf, dass sich das 85 Kilometer lange Trittauer Gasnetz in „einwandfreiem Zustand“ befindet. Ganz im Gegensatz zu Westerland auf Sylt, wo unlängst 30 undichte Stellen gefunden worden seien.

„In den letzten 40 Jahren seit 1981 hat sich unser Gasnetz zwar verdoppelt. Die Unfälle im Zusammenhang mit Lecks, die in der Regel durch Tiefbauarbeiten verursacht werden, sind in dieser Zeit aber um mehr als 90 Prozent zurückgegangen“, sagt SH-Netz-Sprecher Fabian Dahlem. Ein Beleg dafür, dass Aron Bock und seine Kollegen ihren Job ernstnehmen und verlässlich verrichten.