Reinbek. Nach Rücktritt von zwei SPD-Stadtverordneten in Reinbek wehrt sich Parteichef Gerd Prüfer gegen Vorwurf des Bruchs von Wahlversprechen.

„Die Partei ist nicht zerrissen. Die große Mehrheit ist für den Weg, den wir gehen wollen“, sagt Reinbeks SPD-Vorsitzender Gerd Prüfer. Aber es gibt eben auch jene, die sich mit der Ausrichtung nicht anfreunden können. Zum Beispiel Andrea Bachstein-Unglaube und ihr Mann Tomas Unglaube. Wie berichtet, war das Ehepaar vor Kurzem als Stadtverordnete zurückgetreten. Zudem hat es danach mit den Parteimitgliedern Andreas Fleischer und Ulrich Fritz einen Brief verfasst, der bei Prüfer auf Unverständnis stößt.

Zentraler Streitpunkt ist das Areal Holzvogtland zwischen den Stadtteilen Schönningstedt und Prahlsdorf. Tomas Unglaube wirft Parteikollegen den „Bruch zentraler Wahlversprechen“ vor. Die SPD-Fraktion habe sich mehrheitlich für die Baupläne der Investoren ausgesprochen, obwohl noch im Wahlprogramm 2018 großflächige Siedlungsgebiete abgelehnt worden seien. Auf einem 5,3 Hektar großen Acker planen Kai Dusenschön und Janno Krieger ein neues Quartier. Sie schlagen 200 Mietwohnungen vor, wollen dazu Grundstücke für rund 45 Einzel- und Doppelhäuser verkaufen und eine Kita schaffen.

Parteiprogramm zur Kommunalwahl 2018 zielt auf Wohnungsbau

Prüfer sagt, die SPD sei dem Projekt gegenüber aufgeschlossen, betont aber zugleich, dass es über die Anzahl der Einheiten in seiner Partei keine Festlegung gebe. Ohnehin wollen die Sozialdemokraten das gesamte Holzvogtland überplanen, „allerdings keine großflächige Bebauung“. Er spielt damit auf das Neubaugebiet Alte Wache in Glinde an mit seinen rund 2500 Menschen. Der Erhalt von Knicks ist dem 63-Jährigen wichtig. „Und unser Wunsch ist ein Naherholungsgebiet samt Wald am Festplatz neben dem Einkaufszentrum.“

Prüfer wehrt sich gegen den Vorwurf, die SPD halte sich nicht an Wahlversprechen. In dem Programm ist von einer Verhinderung von Wohnungen im Holzvogtland tatsächlich keine Rede. Unter der Überschrift Naherholung heißt es über jenes Areal und andere lediglich: „Diese Gebiete sollen den Menschen eine intakte Umwelt bieten.“ Aus Prüfers Sicht ist das auch mit Gebäuden möglich. Das Wahlprogramm zielt auf mehr Wohnraum: „Junge Familien müssen in Reinbek ebenso wie ältere Menschen ihren Lebensmittelpunkt finden können. Deshalb treten wir Sozialdemokraten für einen öffentlich geförderten Wohnungsbau in unserer Stadt ein. In diesem Sinne sind in sozial und ökologisch sinnvollen Rahmen neue Bebauungsgebiete auszuweisen.“ Großflächig ist übrigens nicht genauer definiert.

Ulrich Fritz wird sich für Brief erklären müssen

Was Prüfer bestärkt: Im Stadtleitbild wird das Holzvogtland als Entwicklungs- und Zukunftsoption verstanden. Er wolle keine Schlammschlacht mit den Unglaubes, diese hätten in der Vergangenheit wunderbare Arbeit geleistet. „Sie kommen aber jetzt mit Forderungen über die Öffentlichkeit. Das gefällt mir nicht“, sagt der Parteivorsitzende. Er meint damit einen offenen Brief an die Stadtverordneten mit der Bitte, einen Bürgerentscheid zur Bebauung des Holzvogtlands anzustrengen. Das wollen die Sozialdemokraten nicht, weil primär die Politik in der Verantwortung sei.

Bürgervorsteher Christoph Kölsch (CDU) ist von dem Vorschlag des SPD-Quartetts auch nicht wirklich überzeugt. Brisant: Mitverfasser Ulrich Fritz gehört der Fraktion an. In Kürze wird ihn Prüfer zur Rede stellen. Ist hier der nächste Zoff programmiert?

Tomas Unglaube sprach auch von „persönlichen Angriffen, Intrigen und Manipulationen“, ohne genauer darauf einzugehen. Laut Prüfer ist ein junges Mitglied gegenüber Unglaube einmal richtig wütend geworden. Das sei in politischen Diskussionen aber normal. „Und in einer hitzigen Debatte wurde dann mal gesagt: Dann geh’ doch zu den Grünen.“ Das sei aber nicht der Versuch gewesen, Unglaube loszuwerden.

Dessen Nachfolge als Vorsitzender des Schul- und Sozialausschusses soll Prüfer antreten. Das hat die Fraktion entschieden. Am 20. Mai steht das Votum in der Stadtverordnetenversammlung an.