Bad Oldesloe. Kreis verzeichnet überdurchschnittliche Corona-Letalität. Fast fünf Prozent überleben Erkrankung nicht. Bundesschnitt: 2,65 Prozent.

Im Kreis Stormarn sind seit Beginn der Corona-Pandemie 281 Menschen gestorben, die mit dem Virus infiziert waren. Insgesamt wurde bei 5723 Stormarnern eine Covid-19-Erkrankung nachgewiesen. Das bedeutet: Die Fallsterblichkeit, also der Anteil der Verstorbenen an bestätigten Corona-Fällen, liegt bei 4,91 Prozent. Damit ist die Letalität in Stormarn deutlich höher als im Landes- (2,79 Prozent) und im Bundesschnitt (2,65 Prozent). Um die Daten vergleichen zu können, wurden sämtliche Zahlen vom Stand 7. April genommen.

Im kreisweiten Vergleich liegt Stormarn in Schleswig-Holstein an der Spitze. Im Herzogtum Lauenburg gab es zum Beispiel bislang 3989 Fälle und 103 Tote, die Fallsterblichkeit beträgt 2,58 Prozent. Im Kreis Segeberg erkrankten 5729 Menschen nachweislich an Corona, 145 starben. Daraus ergibt sich eine Letalitätsrate von 2,53 Prozent. Die landesweit meisten Covid-19-Fälle verzeichnete der Kreis Pinneberg mit 8819, genauso wie die Höchstzahl an Todesfällen (325). Bei der Fallsterblichkeit liegt er mit 3,69 Prozent hinter Stormarn auf Platz zwei.

Stormarn hat viele Corona-Toten zu beklagen

Das benachbarte Hamburg steht mit einer Quote von 2,2 Prozent viel besser da. Zu beachten ist, dass unentdeckte Infektionen nicht in die Auswertungen einfließen. Laut dem Internetportal Statista liegt die weltweite Fallsterblichkeit derzeit bei 2,62 Prozent. In den USA beträgt sie demnach 2,31 Prozent, in Italien 3,58 Prozent. Spitzenreiter Mexiko kommt auf 10,24 Prozent.

„Die Ursachen für die überdurchschnittliche Letalität im Kreis Stormarn sind vielschichtig und komplex“, sagt Christiane Clobes, Leiterin des Kreisgesundheitsamtes. „Als Gesundheitsamt ist es uns vor dem Hintergrund unserer anhaltenden Bemühungen bei der Bekämpfung der Pandemie vor Ort nicht möglich, die Kausalität hierfür wissenschaftlich voll zu ergründen.“

149 Menschen sterben nach Corona-Ausbrüchen in Heimen

Der Heimleiter in Rümpel, Daniel Schöneberg. Corona ist für das Pflegeheim Wohnpark Rohlfshagen in Rümpel vorüber.
Der Heimleiter in Rümpel, Daniel Schöneberg. Corona ist für das Pflegeheim Wohnpark Rohlfshagen in Rümpel vorüber. © Unbekannt | Petra Sonntag

Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass es in zahlreichen Alten- und Pflegeheimen Corona-Ausbrüche mit vielen Toten gegeben hat. Allein im Wohnpark Rohlfshagen in Rümpel starben 15 Bewohner. Das Pflegeheim für Demenzkranke nahe Bad Oldesloe war im April 2020 die erste Einrichtung in Stormarn gewesen, in der sich das Virus ausbreitete. 58 der 70 Bewohner und 24 der 58 Mitarbeiter infizierten sich.

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Nach einem ruhigen Sommer mit wenigen neuen Todesfällen stiegen die Zahlen im Herbst rasant an. Zu der Zeit breitete sich das Virus erneut in Alten- und Pflegeheimen aus. Ein Corona-Testmobil der Kassenärztlichen Vereinigung nahm während der Weihnachtsfeiertage Tests in verschiedenen Einrichtungen vor. Das Ergebnis: In 15 Heimen wurden Fälle festgestellt. 218 Bewohner und 101 Mitarbeiter waren damals laut Kreisverwaltung infiziert. Auch im Haus Billetal in Trittau wütete das Virus über den Jahreswechsel. 16 Bewohner starben.

Alten- und Pflegeeinrichtungen besonders von Corona-Ausbrüchen betroffen

„Ausbrüche in Alten- oder Pflegeheimen haben offensichtlich in der Vergangenheit einen bedeutenden Anteil an der bedauerlich hohen Zahl an Verstorbenen im Kreis Stormarn gehabt“, sagt Clobes. 149 der insgesamt 281 Stormarner, die an oder mit Covid-19 starben, seien Teil eines Ausbruchs in einem Heim gewesen. Etwa 70 Prozent der Corona-Ausbrüche mit mindestens einem Toten fanden nach Angaben der Fachdienstleiterin in einem Alten- oder Pflegeheim statt.

In einem aktuellen Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) heißt es: „Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen sind aufgrund ihres Alters und häufig damit einhergehender Umstände wie zum Beispiel altersspezifische pathophysiologische Veränderungen, Nachlassen der Leistungsfähigkeit des Immunsystems, Gebrechlichkeit sowie dem Vorliegen von Vorerkrankungen besonders gefährdet an Covid-19 schwer zu erkranken oder zu versterben.“ Aus der Analyse der übermittelten Covid-19-Meldedaten gehe hervor, dass 70 Prozent der hospitalisierten und 95 Prozent der verstorbenen Patienten in Deutschland mindestens 60 Jahre alt waren und dass „Alten- und Pflegeeinrichtungen in besonderem Maße von Ausbrüchen betroffen sind“, so das RKI weiter.

Stormarn hat keinen höheren Altersquotient im Vergleich zu anderen Kreisen im Land

Das spiegelt auch eine Auswertung der Kreisverwaltung wider. „Mehr als 90 Prozent der Verstorbenen waren über 70 Jahre alt“, sagt Clobes. Etwa 70 Tote gehörten der Altersgruppe der über 90-Jährigen an, rund 130 Verstorbene zählten zur Gruppe der über 80-Jährigen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die Bevölkerungsstruktur kommt als Erklärung für die überdurchschnittliche Letalität aber offenbar nicht infrage. „Tatsache ist, dass im Kreis Stormarn kein höherer Altersquotient im Vergleich zu anderen Kreisen in Schleswig-Holstein vorliegt“, sagt Clobes. „Wohl aber hatten wir es bisher mit einer überdurchschnittlichen Gesamtzahl an Infektionen zu tun – sowohl absolut als auch in Relation zur Bevölkerung.“

Derzeit infizieren sich mehr jüngere Stormarner

Derzeit sind laut Kreisverwaltung alle Alten- und Pflegeheime in Stormarn coronafrei. In den vergangenen Wochen gab es weniger neue Todesmeldungen als noch im Januar und Februar. „Es ist positiv zu bemerken, dass sich die Zahl der Verstorbenen Woche für Woche verringert“, sagt Clobes. „Von den 107 an oder mit Covid-19 Verstorbenen im Jahr 2021 sind lediglich fünf Personen im März gestorben. Wir stellen einen eindeutigen Trend hin zu jüngeren Personen bei den Infektionen – bei abnehmender Letalität – fest.“ So ist nach Angaben der Kreisverwaltung seit Pandemiebeginn rund die Hälfte aller Infizierten jünger als 50 Jahre. Im März sei dieser Anteil auf fast zwei Drittel angestiegen.