Rümpel/Trittau. Erleichterung nach vielen Todesfällen. Fast alle Bewohner und Mitarbeiter sind geimpft. Heute treten erste Lockerungen in Kraft.

Es ist eine Nachricht, die Hoffnung macht: Erstmals seit Monaten gibt es keine Corona-Infizierten in Stormarner Seniorenheimen, alle Einrichtungen im Kreis sind aktuell coronafrei. Das gab das Kreisgesundheitsamt in der vergangenen Woche bekannt. Einen großen Anteil daran dürfte das Voranschreiten der Impfkampagne haben.

Bis einschließlich Donnerstag wurden in Schleswig-Holstein 424.471 Dosen der Corona-Vakzine verimpft. 319.301 Menschen haben die erste Spritze erhalten, 105.170 auch die zweite. Am heutigen Montag treten in Schleswig-Holstein erste Lockerungen für die Pflegeeinrichtungen in Kraft.

„Sie glauben gar nicht, wie groß die Freude bei uns war, als die Impfärzte endlich im Haus waren“, sagt André Aue, Geschäftsführer der Rosenhof-Seniorenwohnanlagen, unserer Redaktion. Im vergangenen Oktober waren 13 Bewohner und Mitarbeiter des Rosenhofs Großhansdorf 1 positiv auf Covid-19 getestet worden.

„Unseren Bewohnern, aber auch den Mitarbeitern und Angehörigen wurde sehr viel abverlangt“, sagt Aue rückblickend. Inzwischen sind rund 90 Prozent der Senioren und Angestellten geimpft. „Auch wenn sich die Situation deutlich entspannt hat, sind wir von Normalität leider noch ein ganzes Stück entfernt“, sagt der Geschäftsführer.

Gemeinschaftsräume dürfen wieder genutzt werden

Ab heute ist die Nutzung von Gemeinschaftsräumen wieder erlaubt, Gruppenangebote und Veranstaltungen können wieder stattfinden. Außerdem fällt die Begrenzung auf zwei feste, registrierte Besucher je Bewohner weg. Angehörige, die eine Impfung gegen das Coronavirus nachweisen können, benötigen keinen negativen Test mehr, um die Einrichtung zu betreten, wenn die zweite Impfung mindestens 14 Tage zurückliegt.

André Aue, Geschäftsführer der Rosenhof-Seniorenanlagen
André Aue, Geschäftsführer der Rosenhof-Seniorenanlagen © Anne Dewitz / HA | André Aue

Grundsätzlich bleibe die Hygieneschleuse im Eingangsbereich bestehen, um Besucher zu erfassen und den Gesundheitszustand zu überprüfen, so Aue. Die Mitarbeiter würden weiterhin regelmäßig getestet. Insgesamt sieht Aue aber „Licht am Ende des Tunnels“. Er sagt: „Wenn man sich den Rückgang der Infektionszahlen in Senioreneinrichtungen nach erfolgter Impfung ansieht, scheint der Impfstoff sehr gut zu wirken. Das lässt uns zuversichtlich in die Zukunft blicken.“

15 Todesfälle gab es im Wohnpark Rohlfshagen

Daniel Schöneberg, Leiter des Wohnparks Rohlfshagen in Rümpel. sagt: „Die Impfungen geben uns ein wenig Beruhigung und Sicherheit, substanzielle Erleichterungen gab es aber bis jetzt nicht.“ Schöneberg hat lang gewartet, dass die Landesregierung einen Teil der Einschränkungen zurücknimmt.

Das Pflegeheim für Demenzkranke nahe Bad Oldesloe war im vergangenen April die erste Einrichtung in Stormarn, in der es zu einem Corona-Ausbruch kam. 58 der 70 Bewohner und 24 der 58 Mitarbeiter hatten sich damals mit dem Virus infiziert. 15 Senioren starben, das Gesundheitsamt stellte das gesamte Haus unter Quarantäne. Nach vier Wochen im Ausnahmezustand war das Seniorenheim wieder coronafrei.

„Wir haben das Beste aus der Situation gemacht und unsere Arbeit fortgeführt“, sagt Daniel Schöneberg rückblickend über die Monate nach dem Corona-Ausbruch. Dennoch seien die Erlebnisse bei den Bewohnern und Mitarbeitern noch stark präsent, zumal sie jetzt zu Ostern genau ein Jahr zurücklägen. „Im Nachgang habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, andere Einrichtungen mit den Erfahrungen, die wir gemacht haben, zu unterstützen“, so der Leiter der Einrichtung.

Von den Bewohnern des Wohnparks Rohlfshagen haben laut Schöneberg inzwischen mehr als 95 Prozent die zweite Impfung erhalten, bei den Mitarbeitern seien es etwa 70 Prozent. „Wir bemühen uns um weitere Termine“, sagt der Schöneberg. Angesichts des hohen Anteils immunisierter Bewohner hofft er, dass sich das Heimleben weiter normalisiert.

Auch das Haus Billetal in Trittau war stark betroffen

Einrichtungsleiter Andreas Schulz vor dem  Haus Billetal in Trittau.
Einrichtungsleiter Andreas Schulz vor dem Haus Billetal in Trittau. © Melissa Jahn | Melissa Jahn

Auch Andreas Schulz, Geschäftsführer des Hauses Billetal in Trittau, zeigt sich erleichtert von dem Voranschreiten der Impfkampagne. „Zweimal war das mobile Impfteam bereits bei uns im Haus, mehr als 95 Prozent der Bewohner sind zweimal geimpft“, sagt er.

In Kürze werde das Team ein drittes Mal kommen, um die neu zugezogenen Senioren zu immunisieren. Zum Jahreswechsel hatte das Coronavirus mit voller Wucht in der Einrichtung mit der idyllischen Lage am Flüsschen Bille gewütet. Am 25. Dezember war der erste Fall in dem Seniorenheim registriert worden, mutmaßlich hatte eine Mitarbeiterin das Virus ins Haus getragen.

16 Bewohner starben, insgesamt hatten sich 121 von 170 Senioren und 55 der 140 Mitarbeiter im Haus Billetal infiziert. „Es gab 80-Jährige, die völlig symptomfrei geblieben sind und andere, die innerhalb von nur zwei Tagen verstarben“, sagt Schulz. Auch drei Mitarbeiter hätten im Krankenhaus behandelt werden müssen. Seit dem 12. Februar ist die Einrichtung coronafrei. „Es ist kaum Zeit geblieben, um das Geschehene aufzuarbeiten, der Betrieb lief ja die ganze Zeit weiter“, sagt der Geschäftsführer.

Auf die Lockerungen haben alle lang gewartet

„Viele unserer Bewohner sind an Demenz erkrankt, für sie wäre es enorm wichtig, nach so langer Zeit zum normalen Alltag zurückzukehren“, sagt der Geschäftsführer. Erleichterungen habe es nur in Trippelschritten gegeben. „Seit alle Bewohner ihre zweite Impfung 14 Tage hinter sich haben, ist das gemeinsame Essen im Speisesaal wieder möglich, auch gegenseitige Besuche innerhalb des Hauses sind erlaubt“, sagt Schulz.

Auf die jetzt in Kraft getretenen Lockerungen hat der Geschäftsführer lang gehofft. „In den meisten Heimen gibt es inzwischen eine Herdenimmunität“, sagt Andreas Schulz. Es sei vor allem den dementen Bewohnern schwer zu vermitteln gewesen, warum es bislang trotz Impfung so viele Einschränkungen gegeben habe.