Glinde. Organisatorin der Glinder Suppenküche möchte am 30. April wieder Speisen anbieten. Sie benötigt die Zustimmung des Bürgermeisters.
Am Donnerstag, 22. April, hat Barbara Bednarz einen Termin um 9 Uhr bei Glindes Bürgermeister Rainhard Zug im Rathaus. Verbunden damit ist ihre Hoffnung, endlich wieder die Suppenküche im Bürgerhaus öffnen zu dürfen. Die Stadt stellt Räume kostenlos zur Verfügung und muss die Freigabe erteilen. Wegen der Corona-Pandemie ruht das Hilfsprojekt für Menschen mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten seit rund einem halben Jahr. Zuletzt wurden im Oktober Speisen ausgegeben. Die Organisatorin peilt jetzt einen Neustart an. Geht es nach Bednarz, werden Senioren und auch Arbeitslose am letzten Freitag dieses Monats beköstigt, ohne einen Cent dafür zu zahlen.
„Wir sind vorbereitet, haben ein ausgefeiltes Hygienekonzept, dass von der Kreisbehörde für gut befunden wurde“, sagt die 71-Jährige. Dazu gehören Schilder, die Ein- und Ausgangswege kennzeichnen, bei Bedarf werden den Besuchern Masken zur Verfügung gestellt. Und natürlich gibt es Desinfektionsmittel für die Hände. Stühle sind so an den Tischen angeordnet, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Ist ein Gast mit dem Essen fertig und verlässt den Raum, wird der Platz gereinigt, bevor der nächste diesen einnimmt.
Zahl der Helferinnen ist um zwei gestiegen
Außerdem hat Bednarz Trennwände aus Kunststoff besorgt, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Eine Kollegin notiert die Kontaktdaten. Von einer Anmeldung per Telefon oder E-Mail wird abgesehen. Wer Hunger hat, soll spontan vorbeikommen. Notfalls müssen jene, die sich später als andere im Bürgerhaus einfinden, warten.
Maximal 20 Personen passen in das Sitzungszimmer im ersten Stock mit angrenzender Küche. Eine Essensausgabe vor der Tür auf dem Marktplatz ist laut Bednarz nicht möglich. Das habe sich in einer Unterredung mit dem Verwaltungschef herausgestellt.
Inzwischen ist die Zahl ihrer ehrenamtlichen Mitstreiterinnen um zwei gewachsen. Acht weitere Damen engagieren sich. Man hat sich in zwei Gruppen aufgeteilt mit je einer Leitung, die eingespielt sind. Somit ist gewährleistet, dass es im Fall eines positiven Tests einer Helferin keine personellen Engpässe gibt und der Zeitrahmen eingehalten werden kann. Beim Aufbau der Tische unterstützen zwei Männer.
Sollte Rainhard Zug, der momentan im Urlaub weilt, ihrem Ansinnen zustimmen, werden vor allem Bednarz’ Kochkünste gefragt sein. Bislang hatte ein im Zentrum ansässiger Gastronomiebetrieb die Suppe gratis kredenzt. Er hat zurzeit allerdings geschlossen. Die Seniorin will das Essen nun selbst anrichten sowie die Zutaten kaufen, hat in Büchern gestöbert nach Rezepten für Kartoffel- und Gemüseeintopf. „100 Euro sind noch in unserer Kasse. Das reicht natürlich nicht, deshalb werde ich eigene Mittel einbringen“, sagt sie.
Zuletzt kamen 30 Gäste ins Bürgerhaus
Eine Spendenquittung kann die Ehrenamtlerin nicht ausstellen, weil die Suppenküche kein Verein ist. Eine solche Organisationsform ist unter den Helferinnen nicht mehrheitsfähig. Dennoch wird über sämtliche Einnahmen und Ausgaben penibel Buch geführt. An Bord geblieben sind indes zwei Sponsoren: Ein Discounter liefert zum Beispiel Joghurt, eine Bäckerei Brot.
Zuletzt zählte die Suppenküche rund 30 Gäste. Ursprünglich war das Angebot für Senioren gedacht, wurde dann aber ausgeweitet. „Es ist traurig, dass wir so viele Arbeitslose haben“, sagt Bednarz. Schon allein wegen ihrer Tätigkeit im Vorstand des örtlichen Sozialverbands kennt sie viele Menschen in Not, spricht auch von alleinerziehenden Müttern mit einem Halbtagsjob: „Die können sich zum Beispiel ab 13.30 Uhr Behälter mit Suppe bei uns abholen.“
Um die Aktion in der Stadt bekannt zu machen, fertigt Bednarz Flyer. Essensausgabe ist immer am letzten Freitag eines Monats von 12 bis 14 Uhr. Das Projekt bezeichnet die Glinderin als Herzensangelegenheit. Sie ist selbst in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und in ihrer Jugend nicht immer satt geworden. „Deshalb kann ich mich gut in die Situation der Menschen hineinversetzen.“
Die Kirche ist aus dem Projekt ausgestiegen
Bürgervorsteher Martin Radtke (CDU) hat die Einrichtung besucht, dabei viele Gespräche geführt. Er sagt: „Das ist eine wichtige Sache für Glinde.“ Die Hygienevorschriften seien eingehalten worden. „Ich persönlich würde mit dem Neustart aber noch ein bisschen warten.“ Er sei sehr besorgt wegen der Ausbreitung der britischen Virusvariante.
Die Idee, eine Suppenküche zu installieren, hatte der Runde Tisch Senioren bereits 2017. Konkret wurde es erst im vergangenen Jahr, nachdem ein Raum gefunden wurde. Die evangelische Kirche war mit im Boot in Person von Pastorin Sabine Spirgatis, stieg aber wegen Meinungsverschiedenheiten aus. Seitdem sind Bednarz und ihr Team auf sich allein gestellt.