Tremsbüttel. Bürgermeister bedauert Ende der Hotel-Ära. Auf dem Gelände sollen von Dezember an psychisch Kranke behandelt werden.
Aus dem Schloss Tremsbüttel wird eine Privatklinik für psychische Kranke. Die Dr. Karsten Wolf AG, die bereits in der Nähe von Köln ein Krankenhaus in einem Schloss betreibt, will noch in diesem Jahr einen Standort im Kreis Stormarn eröffnen. „Voraussichtlich am 1. Dezember 2021 wird das ehemalige Jugendstil-Herrenhaus als Akutklinik mit den Schwerpunkten Präsenztherapie und Sporttherapie neu eröffnet“, heißt es von dem Unternehmen, das 2018 vom gleichnamigen Psychiater mitbegründet wurde. Geplant seien 36 Einzel- und 20 Doppelzimmer.
Hotel hatte im Sommer 2020 Betrieb eingestellt
Damit ist die Ära des wohl außergewöhnlichsten Hotels im Kreis Stormarn endgültig zu Ende. Im Sommer vergangenen Jahres hatte das auf Tagungen, Firmen- und Privatfeiern spezialisierte 50-Zimmer-Haus überraschend seinen Betrieb eingestellt. Auch das Restaurant Louise und das Café mit Blick auf den Schlosspark sind seitdem geschlossen.
Als Grund nannte Geschäftsführerin Silke Strathmann die massiven Umsatzeinbußen wegen der Corona-Krise. Ihr verstorbener Mann, der Hamburger Pharma-Unternehmer Detlef Strathmann, hatte das Schloss im Juni 1996 gekauft und für mehrere Millionen Euro renovieren und ausbauen lassen.
Die Familie hat das Anwesen mittlerweile verkauft. Seit Jahresbeginn gehöre es einer Investorengruppe, der WI Immobilienmanagement GmbH aus Fellbach in Baden-Württemberg, sagt Tremsbüttels Bürgermeister Stefan Schacht (CDU). Seiner Kenntnis nach werde dieses Unternehmen Eigentümer der Immobilie bleiben und sie dem Klinikbetreiber zur Nutzung übergeben.
Bürgermeister hofft auf einzelne Veranstaltungen für die Öffentlichkeit
Stefan Schacht hatte bis zuletzt gehofft, dass ein neuer Pächter gefunden wird, der das Hotel-Projekt übernimmt. „Das alte Konzept lief doch gut“, sagt er. „Aber wir können es nicht ändern. Jetzt beginnt für das Schloss ein anderes Zeitalter.“ Besonders traurig stimmt ihn, dass das Schloss und der mehr als vier Hektar große Park künftig wohl nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich sein werden. „Viele Menschen haben dort immer ihren Sonntagsspaziergang gemacht“, sagt der Bürgermeister.
Er habe in den vergangenen Monaten sehr viele Anrufe von Dorfbewohnern und Menschen aus der Umgebung erhalten, die sich erkundigten, wann sie endlich wieder in den Schlosspark dürften. Auch die Kinder der Kita Schlossgeister hätten das Anwesen in der Vergangenheit gern für Ausflüge oder ihren Laternenlauf genutzt. „Das wird wahrscheinlich alles nicht mehr möglich sein“, sagt Schacht. „Ich gehe davon aus, dass das Klinikgelände für die Allgemeinheit gesperrt wird.“ Auch die Möglichkeit, im Schloss zu heiraten, werde wohl entfallen. Bis Ende 2020 hatte die Amtsverwaltung Bargteheide-Land einen Vertrag für die Nutzung des Trauzimmers im Schloss gehabt.
Spezialstation für Jugendliche und junge Erwachsene vorgesehen
Bislang habe er noch keinen Kontakt zum Klinikbetreiber gehabt, sagt Schacht. „Ich hoffe, dass wir uns bald unterhalten können.“ Er wolle dafür werben, dass es zumindest einmal im Jahr einen Tag der Offenen Tür auf dem Gelände gebe und dass der beliebte Open-Air-Pfingstgottesdienst der Kirche im Amphitheater fortgeführt werden dürfe. „Schön wäre, wenn es in Zukunft noch punktuell öffentliche Veranstaltungen geben könnte“, sagt Schacht. Der Bürgermeister geht davon aus, dass für den Umbau zur Klinik eine neue Baugenehmigung erforderlich ist. So benötige ein Krankenhaus zum Beispiel ein anderes Brandschutzkonzept, auf das sich auch die Freiwillige Feuerwehr der 2000-Einwohner-Gemeinde einstellen müsse. Den anvisierten Zeitplan der Klinikbetreiber bezeichnet er daher als „sportlich“.
Das Unternehmen wirbt auf seiner Internetseite damit, Patienten in Tremsbüttel eine unmittelbare Nähe zur Natur anbieten zu können. „Ein Spaziergang durch den Garten des mehr als vier Hektar großen Anwesens bietet zahlreiche Gelegenheiten zur Ruhe und Einkehr“, heißt es. Und weiter: „Wunderbar geeignet ist zum Beispiel der chinesisch-japanische Garten, der dazu einlädt, sich hinzusetzen und den Gedanken freien Lauf zu lassen.“ Ein Schwerpunkt soll auf der Sporttherapie und individuellem Ausdauertraining liegen. Im Amphitheater neben dem Teich ist zudem eine Theatertherapie geplant.
Ähnliches Projekt in Baden-Württemberg geplant
„Weil die Anlage so groß ist, gibt es außerdem mehrere Küchen, sodass wir unseren Patienten anbieten können, Kochkurse zu besuchen und mit unseren Köchen zusammen Rezepte auszuprobieren und verschiedene Mahlzeiten zuzubereiten“, heißt es vom Unternehmen. Die Behandlung der Patienten soll stationär, teilstationär oder ambulant erfolgen. Zudem wird es eine Spezialstation für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 24 Jahren geben.
Zusätzlich zum Standort nahe Köln und dem neuen Projekt in Tremsbüttel will die Firma in diesem Jahr noch eine weitere Klinik in Baden-Württemberg eröffnen – ebenfalls in einem Schloss.
Viele Prominente übernachteten auf dem Anwesen
Schauspielerin Sophia Loren, die Beatles und auch die Rolling Stones – viele weltbekannte Persönlichkeiten haben im Schloss Tremsbüttel übernachtet. Die Beatles verbrachten im Juni 1966 während ihrer Deutschlandtournee eine Nacht in der Präsidenten-Suite und winkten ihren Fans für 45 Sekunden vom Balkon aus zu.
Schauspieler Klaus Kinski hinterließ nach seinem Aufenthalt eine besondere Nachricht: „Das einzige Hotel, in dem man in Deutschland wohnen kann“, schrieb er ins Gästebuch. Der amerikanische Herzchirurg Dr. Michael DeBakey feierte seine Hochzeit in Tremsbüttel. Als Trauzeuge dabei: Schauspieler Curd Jürgens. Hamburger Bürgermeister, Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, andere Politiker und Kaufleute trafen sich zu vertraulichen Gesprächen im Herrenhaus. Auch Stardirigent Leonard Bernstein war mal Gast.
2017 übernachteten die Schauspieler Keira Knightley („Fluch der Karibik“) und Jason Clarke („Planet der Affen – Revolution“) während der Dreharbeiten für den Film „The Aftermath“ in dem Hotel.