Bad Oldesloe. Konzerte nur als Stream, Infoveranstaltungen sind ausgesetzt. Lesepaten dürfen nicht in Kitas und Schulen. Digitaler Ausbau geplant.


Das Coronavirus stellt auch die Arbeit einer Stiftung vor neue Herausforderungen. Wo persönliche Begegnungen vor Ort der Kern von Projekten waren, legen nun
die Pandemie-Beschränkungen
das ehrenamtliche Engagement auf Eis. Das trifft die Bürger-Stiftung Stormarn mehrfach. Ob Klassikkonzerte der „Blumendorfer Begegnungen“, die Servicestelle Internationale Jugendarbeit für Auslandsaufenthalte junger Menschen oder die Lesepaten, die als Vorleser Kitas und Schulen besuchen – sie alle sind aktuell nicht durchführbar. Auch Informationsveranstaltungen der Stiftung, unter anderem zum Thema Depression, fallen dem aktuellen Versammlungsverbot zum Opfer.

„Das Coronavirus hat unsere Arbeit drastisch verändert“, sagt Ernst-Jürgen Gehrke, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes. „Unter den rund 270 Ehrenamtlichen, die in allen Stiftungen unter unserem Dach mitwirken, sind viele ältere Menschen, die zur Risikogruppe gehören. Damit ist vieles zum Erliegen gekommen.“

Lesepaten bekommen kaum Kontakt zu Kindern

Doch als Dachorganisation für sechs regionale Bürgerstiftungen und 33 Stiftungsfonds im Kreis wolle die Bürger-Stiftung das Bestmögliche aus der Situation machen. Während es ihr Ende September noch möglich war, wenigstens ein Scheunenkonzert auf Schloss Blumendorf anstelle der Konzerte im Festsaal anzubieten, wird sie das Konzert am 29. November, bei dem Aleksander Madžar von der Hamburger Hochschule für Musik und Theater seine Klavierklasse präsentiert, streamen und als DVD produzieren. „So wollen wir wenigstens ein wenig Musikgenuss ins heimische Wohnzimmer bringen“, sagt Geschäftsführer Jörg Schumacher. „Was uns freut: 80 Prozent der Kartenkäufer haben auf eine Rückzahlung des Eintrittsgelds zugunsten der Künstler verzichtet.“


Für die Lesepaten, die vor allem Zeitspender sind, sehen die Alternativen schwieriger aus: „Seit März sind wir ausgebremst“, sagt Annelore Penno, Bereichsleiterin in Bargteheide. Zwei Tage vor Beginn des Lesefestes, das die Stiftung alle zwei Jahre kreisweit organisiert,
kam der Lockdown.
„Unsere 65 Veranstaltungen, bei denen prominente Vorleser wie der Landrat zur Lesung bitten, waren ausgebucht. Wir haben das Lesefest ein Dreivierteljahr lang vorbereitet und mussten alles an einem Tag absagen.“ Weil die knapp 70 Lesepaten, die Stormarns Kitas und Grundschulen als Vorleser besuchen, wegen der Ansteckungsrisiken derzeit keine der Einrichtungen betreten dürfen, sucht Penno mit ihren Mitstreitern nach anderen Wegen, um die Kinder zu erreichen.

Viele Lesepaten haben ihr Engagement beendet

Einer davon sei der Schreib- und Malwettbewerb „Stadt, Land, Welt“ im Sommer gewesen, an dem sich Kinder zwischen fünf und elf Jahren mit Texten und Illustrationen beteiligten. Vier Teilnehmer wurden ausgewählt, um in Kooperation mit der Stadtbibliothek Bargteheide ein Hörspiel zu produzieren. „Die Produktion mussten wir auf 2021 verschieben“, sagt Penno, „aber jedes Kind hat einen Besuch im Naturerlebnis Grabau geschenkt bekommen.“

Um die Texte einem größeren Publikum zugänglich zu machen, nutzt Penno nun das Schaufenster des Heimatmuseums Bargteheide an der Hamburger Straße. „Wir überlegen zurzeit, wie wir außerhalb von Kita und Schule in Kontakt zu den Kindern kommen.“ Das gilt auch für die sogenannten 1+1-Leser, wo Vorlesepaten mit einem Erst-, Zweit- oder Drittklässler das Lesen üben, um Lesehemmungen beim Kind abzubauen. „Diese Förderarbeit können wir derzeit nicht leisten.“ Aus Sorge vor Ansteckung habe jeder zehnte Lesepate sein Engagement beendet, so Penno, die nun Unterstützer für Großhansdorf, Trittau und Umgebung sowie für Bad Oldesloe sucht.

Digitalisierung gestalte das Management angenehmer


Ein entscheidender Weg, mit mehreren gleichzeitig in Kontakt zu treten, ist digital. Videokonferenzen sind seit Pandemiebeginn für viele Firmen und Organisationen die erste Wahl,
um Meetings abzuhalten
und im Austausch zu bleiben. „Wir haben einen Förderantrag bei der Bundesstiftung für Engagement und Ehrenamt gestellt, um unsere Digitalisierung voranzutreiben“, sagt Jörg Schumacher. „Ziel ist es, die Dachstiftung mit den regionalen Stormarner Stiftungen sowie diese untereinander so zu vernetzen, dass jederzeit in größeren Runden kommuniziert werden kann. Dafür wollen wir unsere Mitglieder mit nötiger Software und Technik ausstatten.“

Damit könne die Stiftung ihre Geschäftsprozesse neu gestalten. „Dann binden wir zum Beispiel auch die regionalen Stiftungen ins Intranet ein und haben alle zentralen Zugriff auf Daten. Auch das Management der Zeitspender wird durch die Digitalisierung leichter.“ Bis Jahresende rechnet er mit einer Entscheidung der Bundesstiftung. Es gilt, Anschaffungskosten für Hard- und Software sowie IT-Betreuung in Höhe von 20.000 bis 25.000 Euro zu finanzieren.

Spendenaufkommen in der Corona-Krise gesunken

Den digitalen Ausbau will der Vorstand gegebenenfalls auch ohne Fördermittel vorantreiben. „Wir stellen damit nicht nur eine reibungslose Kommunikation sicher, auch wenn wir uns nicht treffen dürfen, sondern machen ebenso hinsichtlich des Klimaschutzes Fortschritte, wenn wir zugunsten virtueller Konferenzen auf Fahrten zu Treffen verzichten“, sagt Ernst-Jürgen Gehrke. Als kapitalstärkste Stiftung Schleswig-Holsteins hat die Bürger-Stiftung mit rund fünf Millionen Euro Kapital auch in Krisenzeiten ein gutes Polster. „Zwar sind ertragreiche Geldanlagen, die Grundvoraussetzung für Ausschüttungen und die Erfüllung unserer Zwecke, momentan rar, aber wir erhalten weiter Zustiftungen“, sagt Jörg Schumacher. Die jüngste stamme vom Reinbeker Kulturförderer und Stifter Bernhard Donati. „Er hat uns sein Einfamilienhaus vermacht.“

Zuwendungen für die Arbeit der Stiftung seien wichtig, ergänzt Vorstandsmitglied Ralph Klingel-Domdey. „Sie sichern unsere Arbeit. Leider hat Corona wohl auch dazu geführt, dass das Spendenaufkommen gesunken ist.“ Er vermutet, „dass die Arbeit der Ehrenamtlichen in Zeiten solcher Krisen schlichtweg weniger wahrgenommen wird.“ Das sei bedauerlich. Denn: „Geld ist und bleibt neben bürgerlichem Engagement ein wichtiger Faktor. Die öffentliche Hand kann vieles von dem, was die Ehrenamtler leisten, nicht mehr finanzieren.“ Der Vorstand der Bürger-Stiftung Stormarn appelliert: „Informieren Sie sich auf unserer Website über unsere Arbeit. Vielleicht weckt das bei Ihnen die Lust, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“

Jeder kann auf seine Weise mitmachen


Bei der Bürger-Stiftung Stormarn kann jeder helfen – als
Geld- oder Zeitspender, als Zustifter oder als Gründer
einer eigenen Stiftung unter dem Dach der Bürger-Stiftung. Gesucht werden Menschen, die Angebote aktiv mitgestalten möchten. Spender können laufende Projekte mitfinanzieren oder als Zustifter das Stiftungskapital erhöhen.


Erträge aus der Anlage
werden zur Erfüllung der Stiftungszwecke ausgegeben. Mehr unter www.buerger-stiftung-stormarn.de, E-Mail: info@buerger-stiftung-stormarn.de