Trittau. Gemeindevertreter segnen Entwurf des B-Plans für Gebiet zwischen Großenseer Straße und B 404 ab. Projekt birgt viele Herausforderungen.
Viele Trittauer Firmen und Gewerbetreibende, die expandieren wollen, finden dafür kein ausreichend großes Gelände im Ortskern. Abhilfe könnte da ein neues Gewerbegebiet schaffen, das die Gemeinde am Ortsrand südlich der Großenseer Straße plant. Die Gemeindevertreter billigten in ihrer jüngsten Sitzung mehrheitlich den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan 51. Das Gelände umfasst 13,56 Hektar und sieht neben den Gewerbeflächen auch eine Sondergebietsfläche im südlichen Bereich vor.
Planerin sieht kein Risiko durch Recyclinganlage
Kerstin Langmaack, Architektin und Stadtplanerin beim Lübecker Planungsbüro BCS stadt+region, ist für das Projekt zuständig. Sie sagt: „Der Sonderbetrieb schafft Arbeitsplätze, das ist wichtig für den Ort.“ Anlass für die Ausweisung zur Sondernutzung war die Anfrage eines ortsansässigen Unternehmens der Abfallwirtschaft bei der Gemeinde nach einem geeigneten Platz für seinen neuen Betriebssitz. Dort will es eine Recyclinganlage zur Wiederaufbereitung von Bauschutt bauen und im Zuge der Betriebsvergrößerung etwa 15 weitere Arbeitsplätze schaffen.
Befürchtungen, die Anlagen stellten ein Risiko für die Umwelt dar, setzt die Stadtplanerin entgegen: „Das sind moderne Anlagen, die in einer großen Halle eingehaust werden.“ Der Architekt baue in ganz Deutschland Recyclinganlagen. „An dieser Stelle war es mir besonders wichtig, rechtskonform zu sein. Wir setzen mit den Anlagen europäische Standards“, sagt sie.
BGT stellt Antrag auf Umwidmung des Sondergebiets
Die Bürgergemeinschaft Trittau (BGT) ließ sich von ihren Argumenten dennoch nicht überzeugen. In letzter Minute stellte Peter Sierau für seine Fraktion den Antrag, das Sondergebiet umzuwidmen. Die BGT befürchte eine Gefährdung des Biotops und vermehrten Schwerlastverkehr, lautete die Begründung. „Alle Firmen, die sich dort ansiedeln, haben die Umweltvorgaben zu beachten“, konterte der Fraktionsvorsitzende der CDU Jens Hoffmann. Der BGT-Antrag wurde mit einer Dreiviertelmehrheit abgelehnt.
Nach den Wünschen der Gemeinde wird sich das Gewerbegebiet modern und alles andere als grau präsentieren. Laut ihren Vorgaben sollen sich an der Hallenwand Kletterpflanzen an Schnüren emporranken und eine durch das Grün gegliederte Fassade bilden. Langmaack: „So entstehen Nistplätze für Vögel, Fledermäuse und Insekten.“ Das Bürogebäude soll mit einem Grasdach versehen werden.
Haselmaus-Population muss umgesiedelt werden
Für Betriebe, die mehr bauen wollten, als auf der Grundfläche vorgesehen sei, gelte die Voraussetzung, dass diese ebenfalls die Fassaden begrünen und Grasdächer anlegen müssten. Die Planerin hat sich dafür stark gemacht, dass zwölf Bäume auf den öffentlichen Flächen angepflanzt werden. Sie sagt: „Sie sind wichtig für das Kleinklima. Es gibt eine Liste mit heimischen Sorten, die mit dem Klimawandel zurechtkommen. Daraus werden sie ausgewählt.“
Laut Bürgermeister Oliver Mesch war der Artenschutz ein großes Thema, speziell die geschützte Haselmaus, die in dem Gebiet heimisch ist. Er sagt: „Die vorbereitenden Maßnahmen zur Umsiedelung der Tiere haben bereits begonnen.“ Sie würden in einen von der Naturschutzbehörde ausgewiesenen Siedlungsraum gebracht. Um sicherzustellen, dass die gesamte Population eingesammelt sei, kämen eigens dafür ausgebildete Suchhunde zum Einsatz.
Spielhalle erlaubt, Rotlichtmilieu ausgeschlossen
Eine E-Ladestation könne geschaffen werden und an der Großenseer Straße sei Platz für eine neue Bushaltestelle. Eine Tankstelle dürfte sich auf dem Gelände ebenso ansiedeln wie Behindertenwerkstätten und Vergnügungsstätten. Erotische Dienstleistungen seien dagegen ausgeschlossen. Langmaack erläutert, warum: „Vergnügungsstätten hat man ja nicht gern im Ortskern. Ganz verhindern können wir sie nicht, sie sind in Schleswig-Holstein durch die Spielhallensatzung erlaubt. Weist man außerhalb des Ortskerns Flächen dafür aus, muss man innerorts keine zulassen.“ Das Rotlichtmilieu müsse hingegen überhaupt nicht erlaubt werden.
„Es gibt eine lange Liste Trittauer Betriebe, die sich vergrößern wollen. Auf dem Gelände können sich je nach Größe sechs bis zwölf Firmen ansiedeln“, schätzt Langmaack. Um eine Sondergebietsfläche auszuweisen, müsse man die Anlage zwar kennen. „Nur das, was im Sondergebiet festgeschrieben ist, kommt auch dort hin.“ Der Bebauungsplan für das normale Gewerbegebiet sei vom Grundsatz her jedoch eine sogenannte Angebotsplanung und biete allen Interessenten die Möglichkeit, sich zu bewerben. Das Gebiet sei sehr gut strukturiert mit Grünflächen, Knicks, einem Biotop, Bäumen und dem auf den Grundstücken vorgeschriebenen Abstandsgrün. Das Biotop sei aus einem alten Grabensystem entstanden und vom Land als schützenswert kartiert worden. „Es macht Sinn, dass es nicht nur geschützt, sondern auch gepflegt wird“, sagt die Stadtplanerin. Dazu solle eine Firma beauftragt und die Kosten auf alle umgelegt werden. Außerdem dürften Flächen, die nicht bebaut würden, auch nicht versiegelt werden.
Gebiet darf bereits bestehende Gewerbe nicht beeinträchtigen
Trotz all dieser Vorgaben stünden ausreichend Stellplätze für Lkw und Pkw zur Verfügung. Sie könne zwar nicht sagen, ob sich ein Tankstellenbetreiber im neuen Gewerbegebiet ansiedeln wolle. Doch wenn dort eine Tankstelle hinkommen sollte, werde es dort automatisch auch Lkw-Stellplätze geben. Mit zusätzlichen Vorteilen: „Der Betreiber hält das sauber, bietet eine Toilette und vielleicht eine Dusche an, welche die Lkw-Fahrer nutzen können.“
Wohnraum soll es auf dem Gelände nicht geben. Das hat einen wichtigen Grund: die Nachbarschaft zu bereits bestehenden Betrieben, insbesondere zur Disco Fun-Parc, soll nicht aufs Spiel gesetzt werden. „Die Disco kann weiter betrieben werden, denn im neuen Gewerbegebiet ist keine Wohnung erlaubt und somit gibt es niemanden, den der Nachbar stören könnte“, führt Kerstin Langmaack aus. Die Gemeinde wolle den Betreiber in seinem Gewerbe vollkommen schützen. Ganz nach dem Grundsatz, dass die neue Nutzung bestehende Betriebe nicht gefährden dürfe.
Bürger können innerhalb Vier-Wochen-Frist Stellung nehmen
Als nächster Schritt werden die Bürger über die Auslegung des B-Plans (bei der Verwaltung und im Internet) informiert und die Unterlagen dem Träger öffentlicher Belange zugesandt. Bürger und Träger haben dann vier Wochen Zeit, Stellung zu beziehen. „Die Abwägung machen wir gemeinsam mit der Gemeinde“, so die Planerin. Bürgermeister Oliver Mesch hofft darauf, dass es zügig vorangeht. „Dann könnten wir den Satzungsbeschluss noch dieses Jahr fassen.“