Glinde. Bürgermeister Rainhard Zug will die Vorschrift abschaffen. SPD und Grüne verhindern das im Bauausschuss mit ihrer Einstimmenmehrheit.

Am Anfang war die Stimmung noch heiter. „Gibt es Widerspruch dazu“, fragte Stefan Nowatzki (CDU), Vorsitzender des Glinder Bauausschusses, in herausforderndem Unterton und meinte damit eine Verwaltungsvorlage, in der Bürgermeister Rainhard Zug die Abschaffung der Baumschutzsatzung vorschlug. Die Reaktion war lautes Gelächter aus allen Fraktionen. Denn den Politikern war klar, dass es im Gremium gleich richtig zur Sache gehen würde. In der Schusslinie dabei der Verwaltungschef, den die SPD scharf kritisierte und seine Argumente als „hanebüchen“ bezeichnete. Deren Fraktionschef Frank Lauterbach geriet dann auch noch verbal mit seinem Pendant von der CDU, Rainer Neumann, aneinander. Nach lebhaften Diskussionen setzten sich Sozialdemokraten und Grüne mit ihrer Einstimmenmehrheit durch: Die Vorschrift bleibt bestehen.

Baumschutzsatzung erst abgeschafft, dann wieder eingeführt

Das Thema Baumschutzsatzung hat in Glinde eine lange Vorgeschichte. Schon im Jahr 2011 war eine solche aufgehoben worden, damals votierte neben den Christdemokraten auch die SPD dafür. Sie änderte dann aber ihre Meinung und war mit den Grünen auf einem Nenner. Die beiden Parteien klagten, dass Bürger auch geschützte Bäume fällen, weil sie von anderen rechtlichen Vorgaben gar nichts wüssten. Allen voran Peter Michael Geierhaas (SPD) und Martin Rusche, der inzwischen nicht mehr politisch aktiv ist und die Grünen im Bauausschuss vertrat, waren treibende Kräfte der Wiedereinführung. Die neue Satzung wurde im Mai 2018 beschlossen.

Für Rainhard Zug war es jetzt an der Zeit, das Thema wieder anzufassen und die Entscheider um Unterstützung für seinen Vorschlag zu beten. „Aus unserer Sicht ist die Satzung aufzuheben. Sie ist nicht akzeptiert“, so der Bürgermeister. Er bemängelt auch zu viel Aufwand für seine Mitarbeiter. „Die Bearbeitung der Anträge, der Widersprüche und die Kontrolle der Ersatzpflanzungen bindet viele zeitliche und personelle Ressourcen, sodass andere wichtige Themen aus Umweltschutz und Stadtplanung zurzeit kaum bearbeitet werden können“, heißt es in der Vorlage.

Bürgermeister sieht Probleme bei den Ersatzpflanzungen

Laut Zug wird der überwiegende Anteil der Anträge auf Baumfällung von seinen Mitarbeitern ohnehin genehmigt. Aber es gibt Probleme bei den Ersatzpflanzungen. Nur zehn Prozent der geforderten wurden bisher ordnungsgemäß umgesetzt. „Wir stehen an der Schwelle zu Gerichtsverfahren, werden Glinder Bürger verklagen und auch andersherum“, sagte Zug. Er beziffert die Kosten eines Prozesses für die Stadt auf 12.000 bis 13.000 Euro im Fall einer Niederlage. Sein Wunsch: Für Glinde soll das Landesnaturschutzgesetz maßgeblich sein. Bei Verstößen und Streitigkeiten mit Bürgern wäre dann nicht mehr seine Behörde zuständig.

Peter Michael Geierhaas stört vor allem die Art und Weise, wie der Verwaltungschef mit der Angelegenheit an die Politik herangetreten ist. „Man kann ja nach zwei Jahren überprüfen, aber nicht mit so einem Beschlussvorschlag kommen“, echauffierte sich der Sozialdemokrat. Er hätte eine intensive Diskussion ohne ein solches Papier präferiert, ist auch für Veränderungen bei der Vorschrift offen. Geierhaas präsentierte eine Danksagung des Landes aus 2018 für die Einführung der Satzung und zitierte daraus. Jan Schwartz von den Grünen sagte: „Diese Satzung ist ein großer Erfolg, weil sie ein Problembewusstsein geschaffen hat. Es ist eine Frage der Geschicklichkeit, wie man damit umgeht.“ Eine Abkehr ist für ihn unvorstellbar und wäre ein falsches Signal in Zeiten, wo der Klimaschutz immer wichtiger wird.

CDU liegt auf einer Wellenlänge mit Verwaltungschef

Die FDP stimmte zwar nicht mit SPD und Grünen, jedoch betonte Stefan Gebenus die Wichtigkeit des Baumschutzes: „Wir sind nicht für ein ersatzloses Streichen, die Satzung muss durch etwas Besseres ersetzt werden.“ Sie sei ein teures bürokratisches Element.

Die Christdemokraten unterstützen Rainhard Zug. Fraktionschef Rainer Neumann: „Denn unsere Bedenken haben sich voll bestätigt.“ Demnächst wird sich wohl der neugegründete Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz mit der Baumschutzsatzung befassen. Davon geht Frank Lauterbach aus. Er sagt: „Die Vorschrift wird überarbeitet werden müssen. Auch können wir über zusätzliches Personal reden.“ Mit Neumann schloss er dann auch seinen Frieden nach den verbalen Giftpfeilen, betonte, man verstehe sich ja eigentlich gut.