Ahrensburg. Frühes Ende für ein Überraschungskonzert der Charly Schreckschuss Band. Die Musiker spielten an Bord eines Lkw für Passanten.
Es ist kurz nach 10 Uhr, als die Tour des Kulturtrucks durch Ahrensburg ein abruptes Ende nimmt: Das 16,50 Meter lange und bis zu fünf Meter hohe Fahrzeug kollidiert im Stadtteil Gartenholz mit einem Kleinwagen, der zum Überholen angesetzt hatte. Rainer „Charly“ Beutin, Sänger der Charly Schreckschuss Band, wird von seinem Hocker gerissen, stürzt auf die Ladefläche. Der 69-Jährige bleibt unverletzt.
Seit eineinhalb Wochen tourt der Truck durchs Land
Doch das Konzert auf der „rollenden Bühne“ durch Ahrensburg muss nach nur 25 Minuten beendet werden. Während die Polizei den Unfall aufnimmt, werden die fünf Musiker zum nächsten Auftritt nach Bargteheide gebracht.
Seit eineinhalb Wochen tourt der Truck des Kulturfestivals Schleswig-Holstein durch das Land, hat dabei auch mehreren Städten und Gemeinden in Stormarn einen Überraschungsbesuch abgestattet. An Bord: Jeweils eine Band, die während einer meist einstündigen Stadtrundfahrt ein Konzert gibt. Am letzten Tag in Stormarn sind Ahrensburg und Bargteheide dran.
Fußgänger nehmen Konzert mit Smartphone-Kamera auf
In Schrittgeschwindigkeit von etwa fünf Kilometern pro Stunde fährt der Wagen zunächst durch die Ahrensburger Innenstadt. Von der Großen Straße geht es vorbei am Alten Markt und dem Schloss, dann weiter in den Stadtteil Gartenholz hinein. Auf der Ladefläche sitzen die Musiker der Charly Schreckschuss Band an ihren Instrumenten, präsentieren den Passanten eine Mischung aus R&B, Blues, Boogie, Cajun und Soul mit deutschen und plattdeutschen Texten.
Sie singen über Männer und Frauen, Spargel und iliosakrale Gelenkblockaden. Fußgänger bleiben stehen, zücken ihre Smartphones, um das besondere Konzert festzuhalten. Einige Mitarbeiter der umliegenden Büros und Geschäfte kommen auf die Straße oder blicken von Balkonen hinunter. Bauarbeiter unterbrechen ihre Arbeit. Eine Großmutter, die mit ihren Enkeln unterwegs ist, beginnt spontan zu tanzen.
Auch Beate Lambrecht ist begeistert. Die Ahrensburgerin sitzt gerade mit einem Kaffee auf der Terrasse, als sie von der lauten Musik überrascht wird. Sie läuft zur Straße, holt ihr Handy hervor. „Das ist ja phänomenal“, sagt die 62-Jährige. „Endlich mal ein Highlight in Corona-Zeiten.“
Lambrecht besucht normalerweise regelmäßig kulturelle, aber auch andere Großveranstaltungen wie den Schlagermove und die Harley Days in Hamburg. „Das fehlt mir zurzeit sehr“, sagt Lambrecht. „Aber jetzt bekomme ich ein Konzert direkt vor die Haustür geliefert. Das ist eine coole Nummer.“
Für die Band ist es der erste Auftritt seit Januar
Für die Charly Schreckschuss Band, die vor 42 Jahren gegründet wurde und seitdem einige Alben herausgebracht hat, ist es der erste Auftritt seit Januar. Die Gruppe hat bereits auf dem Wacken-Open-Air und beim Hamburger Hafenkonzert gespielt, ein Truck ist für sie aber Neuland. „Hört überhaupt jemand zu?“, ruft Charly Beutin von dem Truck herunter. Und: „Wo bleibt der Applaus?“
Nach dem Unfall im Gartenholz werden die Instrumente transportsicher befestigt. Etwas nachdenklich verlässt Charly Beutin die rollende Bühne. „Beinahe hätte ich jetzt einen Gips“, sagt er. Und weiter: „Es ist schon strange. Man spielt nur für Vorbeilaufende.“