Ahrensburg. Riesen-Bärenklau und Co. stellen nach Ansicht der Landesbehörden ein Problem dar. Wie man sie erkennt, wie man mit ihnen umgeht.
Sie kommen aus dem Kaukasus, aus dem Himalaya oder auch aus Nordamerika, sie sehen mitunter ganz hübsch aus, sie haben alle eines gemeinsam: Sie gehören hier nicht hin! Mehr noch: Sie sind gefährlich für die heimische Flora. Die Rede ist von sogenannten invasiven Pflanzenarten. Die stellen im Gleichgewicht der Natur ein zunehmendes Problem dar. Darauf weist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) hin, das dem schleswig-holsteinischen Umweltministerium angegliedert ist. Sogenannte Neophyten wie der Riesen-Bärenklau, der Götterbaum, das Drüsige Springkraut und die Gelbe Scheincalla hätten schwerwiegende negative Einflüsse auf eine Vielzahl von Ökosystemen. Riesenbärenklau und Drüsiges Springkraut sind in Schleswig-Holstein bereits weit verbreitet, die Scheincalla kommt nur vereinzelt vor.
Invasive Pflanzen in Schleswig-Holstein
Nach Schätzungen der Europäischen Kommission gibt es mehr als 12.000 gebietsfremde Pflanzen- und Tierarten in Europa. Davon sind rund zehn bis 15 Prozent invasiv und verursachen einen jährlichen Schaden von mehr als zwölf Milliarden Euro. Seit 2015 gilt deshalb eine EU-Verordnung, um die Ausbreitung zu stoppen. In der laufend aktualisierten Unionsliste sind die Tiere und Pflanzen mit EU-weiter Bedeutung aufgezählt.
„Gemäß dieser Verordnung ist es verboten, die gelisteten Arten zu halten, zu züchten, zu befördern, in den Verkehr zu bringen, sie zu tauschen und in die Umwelt freizusetzen“, sagt LLUR-Sprecher Martin Schmidt. Tipps über Vorkommen nehmen die örtlichen Umweltämter entgegen.
Im Folgenden stellen wir die am häufigsten vorkommenden invasiven Pflanzen in Schleswig-Holstein vor. Wie sehen sie aus, woran erkennen wir sie? Mit welchen heimischen Pflanzen können wir sie aus Versehen verwechseln? Wie gefährlich sind sie? Woher kommen sie ursprünglich? Und vor allen Dingen: Wie lassen sie sich am wirkungsvollsten bekämpfen?
Riesen-Bärenklau
Der Riesen-Bärenklau wird auch Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) genannt. Die ursprünglich aus dem Kaukasus stammende Pflanze kann bis zu vier Meter hoch werden. Die weißen Blütendolden erscheinen von Juni bis Juli und haben einen Durchmesser von 50 Zentimetern. Der purpurfarbengefleckte, hohle Stängel ist fünf bis zehn Zentimeter dick. Verwechslungsmöglichkeiten bestehen mit den einheimischen Doldenblütlern Wiesen-Bärenklau und Engelwurz, die aber deutlich kleiner sind. Der Riesen-Bärenklau wurde Ende des 19. Jahrhunderts als botanische Attraktion in Gärten und Parks eingeführt. Er hat sich vor allem an Fließgewässern, Waldwegen, Bahnlinien und Straßenrändern ausgebreitet. Er besitzt keine natürlichen Feinde, verdrängt die einheimische, niedrigwüchsige Krautflora. Eine Pflanze kann bis zu 30.000 Samen produzieren.
Zur Bekämpfung sollten über drei Jahre die Blätter und Blüten Ende Juni/Anfang Juli abgeschnitten werden. Das ist nach drei Wochen erneut nötig, da viele Pflanzen Notblüten bilden. Bei älteren Pflanzen muss der oberste Wurzelstock mindestens zehn Zentimeter tief mit einem Spaten abgestochen werden. Das Mähen der Bestände ist nicht geeignet: Aus der Wurzel werden wieder neue Triebe über viele Jahre gebildet. Zudem können sich versteckt Notblüten bilden.
Da der Umgang zu schweren Hautverätzungen führen kann, ist äußerste Vorsicht geboten. Besonders gefährdet sind spielende Kinder. Man sollte beim Arbeiten vollständige Bekleidung, Handschuhe und Schutzbrille tragen, nicht in voller Sonne arbeiten und auf Freischneider (hohe Spritzgefahr) verzichten. Pflanzensaft auf der Haut muss sofort mit viel Wasser abgewaschen und die Stelle zwei bis drei Tage vor Sonnenlicht geschützt werden. Bei Rötung oder Blasenbildung sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Drüsiges Springkraut
Das Drüsige oder auch Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) ist ursprünglich im westlichen Himalaya in 1800 bis 3000 Meter Höhe zu Hause. Das Springkraut kam Mitte des 19. Jahrhunderts nach England und später auch auf das europäische Festland. Seit nunmehr gut 20 Jahren breitet sich die bei Imkern beliebte Pflanze mit ihren rosafarbenen, weißen oder auch purpurroten, orchideenähnlichen Spornblüten in Mitteleuropa stark aus. Sie mag feuchte Wälder, Auen- und Uferlandschaften besonders gern.
Da das Kraut schnell großflächig in die Höhe schießt, nämlich bis zu zwei Meter hoch, bekommen heimische Pflanzen darunter nicht mehr genug Licht. Durch einen „Schleudermechanismus“ befördert die Kapsel beim Aufplatzen ihre Samen bis zu sieben Meter weit in die Umgebung. Die Bekämpfung ist vergleichsweise einfach: Die Reifung des Samens kann bei der einjährigen Pflanze durch eine Mahd vor der Blüte verhindert werden.
Gelbe Scheincalla
Die Gelbe Scheincalla (Lysichiton americanus), die wegen ihres unangenehmen Duftes auch Stinktierkohl genannt wird, stammt aus Nordamerika, wo sie Sümpfe und Gewässerufer besiedelt. Bei Gartenteichbesitzern sind die gelben Blüten beliebt. Sie kann das Sumpfveilchen oder den Rippenfarn mit ihren langen und bis zu 70 Zentimeter breiten Blättern verdrängen.
Bestände auf Privatgrundstücken müssen beseitigt werden. Dabei müssen Gartenbesitzer darauf achten, dass durch die Entsorgung der Samen oder vitalen Pflanzenteile nicht unabsichtlich neue Vorkommen entstehen. Deshalb dürfen die Reste auch nicht auf dem eigenen Komposthaufen beseitigt werden.
Unter Naturschützern wird der Umgang mit den Neophyten übrigens durchaus kontrovers diskutiert. Während die einen Arbeitseinsätze zu ihrer Eindämmung unternehmen, warnen die anderen vor einer generellen Verteuflung dieser Pflanzen.