Ahrensburg/Reinbek. Freibadsaison 2020 weiter fraglich – Einnahmen drohen mangels Gästen zu entfallen. Kommunen steuern auf großes Defizit zu.
Noch bereiten sich die Freibadbetriebe im Kreis mit Instandsetzungsarbeiten auf ihre Besucher vor. Dabei steht noch nicht fest, ob es überhaupt eine Freibadsaison 2020 geben wird. Seit sämtliche Freizeitbäder am 14. März auf Anordnung des Landes Schleswig-Holstein wegen der Corona-Pandemie schließen mussten, herrscht Unsicherheit. „Wir hoffen, dass es diese Woche eine klare Entscheidung seitens der Landesregierung geben wird, wann und mit welchen Auflagen eine Wiedereröffnung der Bäder möglich ist“, sagt André Kelling, Mitglied der Betriebsleitung im Ahrensburger Freizeitbad Badlantic, das über Hallen- und Freibad verfügt. „Dann wissen wir auch, ob es sich für uns überhaupt rechnet, zu öffnen.“
Verband fordert schnelle Vorgaben von der Politik
Denn je nach Auflagen in puncto Ansteckungsgefahr könnte ein Betrieb unrentabel werden. „Wenn ich nur noch 100 Leute wegen des Sicherheitsabstands reinlassen darf, die aber stundenlang im Bad bleiben, und gleichzeitig 400 Leute vor der Kasse stehen und auf Einlass warten, dann habe ich für den gesamten Tag nicht nur viel weniger Einnahmen, sondern muss auch noch einen Sicherheitsdienst beauftragen, der den Besucherstrom unter Kontrolle hält“, sagt Badlantic-Geschäftsführer Kai Peter Thiede. Doch die Schließungszeit kostet ebenfalls Geld. Allein bis Ende Mai würden Thiede bereits 350.000 Euro an Eintrittsgeld verloren gehen.
Es ist eine wirtschaftlich enorm schwierige Zeit für alle Badbetreiber, nicht nur in Stormarn. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) fordert deshalb von der Politik eine klare Ansage bis spätestens an diesem Donnerstag. „Entweder wird ein konkretes und sinnvolles Datum für die Eröffnung der Freibadsaison genannt, oder es wird analog zu der Entscheidung hinsichtlich der Großveranstaltungen gesagt, dass dieses Jahr die Freibadsaison ausfallen soll“, heißt es vom Verband, der bundesweit Badbetreiber vertritt. Wenn die Unsicherheit nicht bald ein Ende habe, würden sich in den kommenden Wochen mehr und mehr Kommunen unabhängig von der Bundes- und Landespolitik dafür entscheiden, die Freibadsaison im Jahr 2020 ausfallen zu lassen.
Bis zu 60.000 Euro an monatlichen Einnahmen fehlen
Auch dem Freizeitbad Reinbek sind von einem auf den anderen Tag alle Einnahmen weggebrochen – und das in den sonst starken Monaten März und April, so Geschäftsführer Holger Kehl. Neben den Badegästen kommen auch die Vereine und Schulen nicht mehr, es werden keine Schwimmkurse mehr belegt und auch die Pacht für das kleine Bistro bleibt aus. An die 60.000 Euro an monatlichen Einnahmen gehen dem Bad flöten, so Kehl. Immerhin konnte er die Fixkosten in Höhe von bis zu 100.000 Euro um 70 Prozent senken. Einen großen Teil macht das Abpumpen der Schwimmbecken aus, die nicht nur durchgehend beheizt werden, sondern auch an eine Filteranlage angeschlossen sind. Das eine Million Liter fassende Becken in der Halle wird jedoch befüllt bleiben, um Spannungsrisse und Schäden an den Dichtungen der Leuchten zu verhindern. Holger Kehl hat aber die Heizung von 29 auf 18 Grad heruntergedreht. Die Wasseraufbereitungsanlage läuft auf unterster Stufe weiter, damit das Wasser nicht umkippt und die Anlage nicht verkeimt.
Um die 15 Mitarbeiter in Reinbek trotz Krise noch zu beschäftigen, wurden Reinigungs- und Revisionsarbeiten, die für Ende November geplant waren, vorverlegt. Auch das Badlantic in Ahrensburg sorgt derzeit für einen neuen Innenanstrich, entkalkte Bodenfliesen und gründliche Reinigung der leergepumpten Becken. Noch gehöre das zum ohnehin geplanten Frühjahrsputz, so Kai Peter Thiede. Aber was kommt dann? In Reinbek war das Team nur noch bis Ende April beschäftigt – trotzdem die Mitarbeiter bereits Überstunden abgebaut, Urlaub genommen und im Schichtdienst gearbeitet haben. Seit dem 1. Mai ist für sie Kurzarbeit angesagt. Vier Mitarbeiter, darunter ein Azubi und die Geschäftsführung, halten jetzt die Stellung. Auch die beiden Schwimmmeister am Tonteich in Wohltorf, die über Zeitverträge eingestellt sind, fürchten um ihren Job. Noch sind sie im Dienst, verrichten Grundstückspflege und Schönheitsarbeiten. Aber ob der betreibende Verein sie bald auch für die Badeaufsicht benötigt, ist weiterhin offen.
Laut Umweltamt besteht im Wasser keine Infektionsgefahr
Der Start der Freibadsaison in Bargteheide wäre traditionell Anfang Mai. Aktuell sei jedoch nicht abzuschätzen, wann das Freibad geöffnet wird, heißt es aus der Stadt Bargteheide auf Anfrage. Welche Auswirkungen dies auf die Inhaber einer Saisonkarte haben werde, sei derzeit ebenfalls noch nicht absehbar. Eines zeichnet sich jedoch schon ab: Die im Haushalt vorgesehenen knapp 180.000 Euro Einnahmen für die kommende Freibadsaison wird die Stadt wohl nicht verbuchen können.
Auch das Trittauer Schönaubad wollte ursprünglich am 9. Mai die ersten Besucher begrüßen. Nun wartet Bürgermeister Oliver Mesch die Vorgaben für Bäderbetriebe ab, um zu entscheiden, ob, wann und wie das Schönaubad öffnet. Pro Saison, die bis September andauert, rechne die Gemeinde mit durchschnittlichen Einnahmen von 83.000 Euro, denen jedoch hohe Kosten entgegenstünden. Wie auch in anderen Stormarner Kommunen wird das Bad defizitär betrieben. Doch 2020 könnte für alle zum Jahr des Rekorddefizits werden.
Defizit für Freibad Poggensee gleicht Bad Oldesloe aus
Eine reduzierte oder ausfallende Badesaison vergrößert auch für das Freibad Poggensee das Defizit. Da die Stadtwerke Bad Oldesloe als Betreiber kein eigenes Personal dafür vorhalten, sondern mit einem externen Dienstleister zusammenarbeiten, könnten sie einigermaßen flexibel auf die Situation reagieren, sagt Jürgen Fahl von den Stadtwerken Bad Oldesloe dazu. Das Defizit, das unter normalen Umständen bei rund 47.000 Euro jährlich liege, werde vollständig von der Stadt ausgeglichen, so Fahl. „Eine Ergebnisverschlechterung des Bades trifft also in gleicher Höhe den Haushalt der Stadt.“
Das Umweltbundesamt hat bereits Mitte März bestätigt, dass keine Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus im Badewasser besteht, weil das Chlor desinfizierend wirke. Doch wie kann eine Badöffnung in Zeiten von Corona konkret aussehen? Der Pandemieplan der DGfdB macht hier klare Vorgaben. So sollte ein Bad in der Größe des Freizeitbads Reinbek nur 25 bis 30 Gäste gleichzeitig einlassen.
Freizeitbad Reinbek bräuchte 1000 Besucher pro Tag
Für Holger Kehl, der für Spuckschutz an der Kasse und einen Desinfektionsmittelspender im Eingangsbereich gesorgt hat, ist klar, dass eine Wiederöffnung nicht gleich eine finanzielle Erholung mit sich bringt. Denn die wirtschaftlich erforderlichen 1000 Besucher pro Tag lassen sich so nicht verzeichnen. Kehl vermutet, dass auch nach der Öffnung nur 50 Prozent der sonstigen Einnahmen eingefahren werden können. Dass die Kunden ihm in den kommenden Monaten die Bude einrennen werden, mag er nicht recht glauben. Und sein Oldesloer Kollege Jürgen Fahl befürchtet: „Wenn die Freibadsaison nicht stattfindet, dürften sich bei schönem Wetter die Besucherströme auf unbewachte Seen und Strände konzentrieren. Das erhöht das Risiko von Badeunfällen.“