Ahrensburg. Städten und Gemeinden fehlen Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe. Zugleich steigen Ausgaben. Etatplanung ist hinfällig.
Den Kommunen in Stormarn brechen in diesem Jahr Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe weg. Wegen der Coronakrise sinken die Umsätze vieler Firmen drastisch – und damit auch die Gewerbesteuern. Hinzu kommen die Erstattung von Kita-Beiträgen sowie Hilfen für Vereine, Verbände und Kultureinrichtungen. „Das werden die Kommunen nicht allein stemmen können“, sagt Barsbüttels Bürgermeister Thomas Schreitmüller.
Gemeindetag erwartet deutliches Signal von Bund und Land
Schreitmüller ist auch Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags (SHGT), der rund 1050 Gemeinden und Städte im Land vertritt, von der Hallig Gröde mit neun Einwohnern bis zu Henstedt-Ulzburg mit mehr als 28.000. In Stormarn zählen die größeren Gemeinden wie Ammersbek, Barsbüttel, Großhansdorf und Oststeinbek dazu sowie alle Dörfer in den Ämtern. „Hilfsprogramme dürfen sich nicht allein auf die Wirtschaft und Arbeitnehmer konzentrieren“, sagt Schreitmüller. „Auch die Kommunen brauchen Hilfe.“ Der SHGT erwarte ein deutliches Signal von Bund und Land. „Die Coronakrise sollte nicht dazu führen, dass Gemeinden und Städte die Grund- und Gewerbesteuer oder andere Einnahmemöglichkeiten in den nächsten Jahren massiv anheben oder Einrichtungen wie Volkshochschulen oder Büchereien sich einschränken müssen.“ Das Abendblatt zeigt heute auf, was sich für einzelne Orte abzeichnet.
Ahrensburg: Bürgermeister Michael Sarach hat bereits eine haushaltswirtschaftliche Sperre für die mit 34.000 Einwohnern größte Stormarner Stadt erlassen. „Fakt ist, dass ein erheblicher Einbruch im Bereich der Steuereinnahmen zu erwarten ist und sich dieser bereits deutlich durch zahlreiche Herabsetzungen der Gewerbesteuervorauszahlungen auf null sowie Anträge auf zinslose Stundungen für Steuernachzahlungen abzeichnet“, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow. In welchem Umfang die Erträge einbrechen werden, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.
Zum Steuereinbruch kommen Einnahmeausfälle hinzu
Der ursprünglich erwartete Jahresüberschuss von 1,6 Millionen Euro ist illusorisch. Im Etat stehen den Erträgen von 84,3 Millionen Euro Aufwendungen von 82,7 Millionen gegenüber. Das Investitionsvolumen beträgt 15,5 Millionen. Zum Steuereinbruch kommen Einnahmeausfälle bei städtischen Einrichtungen wie Volkshochschule, Stadtbücherei und Kindertagesstätten. „Auch das Schwimmbad hat deutliche Einnahmeeinbußen durch die Schließung zu verzeichnen“, so Dorow. Das Rathaus überprüft nun Einsparpotenziale, um der prekären Finanzsituation entgegenzuwirken. Dann zeigt sich, ob ein Nachtragshaushalt nur mit neuen Schulden auszugleichen ist. In Kürze werde es Beratungen mit den Fraktionsspitzen geben. Die Kommunalpolitiker entscheiden auch, ob Investitionen möglicherweise verschoben werden.
Von Bund und Land wäre ein Schutzschirm für die Kommunen wünschenswert. Dorow sagt: „Auf der einen Seite brechen die Einnahmen weg, und auf der anderen Seite steigen die Ausgaben stark an, nicht zuletzt durch höhere soziale Leistungen.“ Eine Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer könne keine Lösung sein.
Bad Oldesloe: Der städtische Haushalt werde jetzt durch Mindereinnahmen und Mehrausgaben „enorm belastet“, sagt Bürgermeister Jörg Lembke. „Ob weitere Kreditaufnahmen notwendig sind, ist abzuwarten.“ Wie viel Gewerbesteuer wegfalle, lasse sich aktuell noch gar nicht abschätzen. Neben Kita-Gebühren fallen auch Mieteinnahmen aus, die Immobilienverwaltung meldet Stundungsanträge. Darüber hinaus werde politisch über die Erstattung von Sondernutzungsgebühren und den Wegfall von Parkgebühren diskutiert.
Bargteheide: Die noch schuldenfreie Stadt mit mehr als 16.000 Einwohnern erwartet erhebliche Auswirkungen. „Es werden Einnahmen in allen Bereichen wegbrechen“, sagt Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht. Das reiche von der Gewerbesteuer über den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer bis zum Kita-Bereich und Freibad. Der gesamte Umfang lasse sich voraussichtlich erst in einigen Wochen halbwegs belastbar prognostizieren. Die Mehrausgaben wegen der Coronapandemie seien dagegen bislang noch überschaubar.
Die Wirtschaft soll durch Investitionen gestützt werden
Alle Investitionen im 76,5-Millionen-Euro-Haushalt sollen derzeit zur Stützung der Wirtschaft soweit irgend möglich planmäßig umgesetzt werden. „Sparpotenziale hätten in den vergangenen Boom-Jahren ausgelotet werden müssen“, sagt Kruse-Gobrecht. „Jetzt ist der falsche Zeitpunkt dafür.“
Für das laufende Jahr geht die Verwaltung weiterhin davon aus, keine Kredite aufnehmen zu müssen. „Ich wünsche mir, dass das Land über den Finanzausgleich die notwendige finanzielle Entlastung der Kommunen realisiert, damit auch Städte wie Bargteheide unterstützt werden und in ihrer Liquidität gestärkt bleiben“, sagt die Bürgermeisterin.
Barsbüttel: Bereits früh zeichneten sich dramatische Einbußen bei der Gewerbesteuer ab. Die Summe sank von eingeplanten 10,65 Millionen Euro unter neun Millionen – bei weiter eingehenden Stundungsanträgen. „Außerdem ist absehbar, dass in den kommenden Jahren die Gewerbesteuereinnahme reduzierter ausfällt, weil in den Betrieben niedrige oder keine Gewinne entstehen“, sagt Bürgermeister Schreitmüller. Höhere Arbeitslosenzahlen und Kurzarbeit werden den Anteil an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer reduzieren.
„Das Sparpotenzial ist gering“, so Schreitmüller. Seit Mitte März gilt eine haushaltswirtschaftliche Sperre. „Unter Beteiligung der Fraktionsvorsitzenden wurde festgelegt, dass die größeren Investitionen weiterhin ihre Berechtigung haben und umgesetzt werden sollen.“ Eine Verschiebung in Folgejahre wird auch deshalb kritisch gesehen, da Kreditzinsen für eine Laufzeit von 20 Jahren bei rund 0,5 Prozent liegen, die jährlichen Baukostensteigerungen aber deutlich über diesen Wert. Ein Nachtragshaushalt mit neuen Krediten soll in der Sitzung der Gemeindevertretung am 25. Juni beschlossen werden.
Oststeinbek: Die Folgen für den 42,2-Millionen-Euro-Etat sind noch nicht absehbar. „Eine Einschätzung bezüglich des zu erwartenden Einbruchs bei der Gewerbesteuer kann ohne Beurteilung der Firmen nicht erfolgen“, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer. Bis Ostern lagen die Anträge auf Stundungen bei weniger als 100.000 Euro. Mittel- bis langfristig seien die Verluste aber sicherlich groß. „Da dadurch dem Kreis erhebliche Einnahmen entgehen, wird sicherlich die Kreisumlage wieder Thema werden, was die Gemeinde Oststeinbek neben der Finanzausgleichsnovelle sehr belasten wird“, sagt Hettwer. An Kita-Beiträgen fehlen je Monat etwa 150.000 Euro. Dieses Minus fängt das Land teilweise auf.
Land soll Kommunen nicht zwingen, Steuersätze anzuheben
Hettwer erwartet, dass Projekte zeitlich verschoben werden müssen. „Allerdings wollen wir die geplanten Neubauvorhaben Grundschule, Freiwillige Feuerwehr Havighorst und Bauhof weiterführen“, sagt er. Andere Themen würden in die Zukunft verlagert. „Ich denke hier an nicht konkret greifbare Aufgaben wie Sanierung von Gebäuden, Straßenausbau, aber auch Klimaschutzmaßnahmen und Starkregenvorsorge.“ Das Land sollte die Kommunen jetzt nicht zwingen, die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze anheben zu müssen. „Das wäre für die Menschen, Firmen und die Region in dieser Situation fatal.“ Land und Bund sollten den eingeschlagenen Weg der Hilfe für Firmen, Arbeitnehmer, Vereine und Verbände weiter gehen. Absoluten Vorrang habe es, so viele Menschenleben wie möglich zu retten.
Reinbek: „Die Ertragseinbußen, insbesondere auch im Bereich der Gewerbesteuer, werden von der Dauer der Einschränkungen abhängen“, sagt Kämmerin Isabella Randau. Allein die Kita-Schließungen bedeuten einen monatlichen Ertragsausfall von rund 330.000 Euro. Weitere etwa 100.000 Euro fehlen in der offenen Ganztagsschule. Null Einnahmen haben zudem das Freizeitbad, das Kulturzentrum im Schloss und die Volkshochschule.