Bargteheide. KulturStream des Vereins hat am heutigen Dienstag Premiere auf der Videoplattform YouTube. Kostenlose Konzerte und ein Poetry-Slam.

Seit Wochen dringt kein Klatschen mehr aus dem Innern des Kleinen Theaters Bargteheide, keine Zuschauer strömen nach den Vorstellungen aus dem Saal. Der Kulturbetrieb ist geschlossen, die Coronakrise hat ihn vorübergehend seines Livepublikums beraubt. Jedoch nicht seiner Kreativität, wie ein neues Projekt des Vereins zeigt, an dem viele Künstler aus der Region mitgewirkt haben. Heute Abend, 21. April (18 Uhr), geht der KulturStream mit seiner ersten Folge auf der Videoplattform YouTube online. Sechs sind geplant, jede Woche soll jeweils dienstags und freitags auf dem Kanal „Kleines Theater Bargteheide“ eine neue veröffentlicht werden.

Filmemacher ist für Aufnahmen und Schnitt verantwortlich

Unter den Mitwirkenden sind der renommierte Jazztrompeter und Mitglied der NDR Bigband Ingolf Burkhardt und seine Tochter Ella, die eine Ibanez-Vintagegitarre zum Auftritt mitgebracht hat. Der steht direkt bevor, die beiden sind schon auf der Bühne. Als die 18 Jahre alte Ella sanft, dann kraftvoller den ersten Song – Joni Mitchells „Both Sides Now“ – anstimmt, bezaubert sie die Anwesenden mit dem Ausdruck und der Intensität ihrer Stimme. Olaf Nehls, Norbert Ohl und Joachim Krämer vom Vereinsvorstand sowie Tontechniker Claudio Vera hören konzentriert zu. Während des Vortrags filmt Melvin Jäpel das Duo mal von weiter weg, mal fokussiert er mit der Kamera auf Details wie Ingolf Burkhardts Trompetenspiel. Filmemacher Jäpel ist seit vergangenem Jahr im Vorstand des Kinos aktiv. Bei diesem Projekt erweist sich der 25-jährige Experte in Sachen Film zum wiederholten Mal als große Bereicherung für den Verein. Einsatzbereit, engagiert und experimentierfreudig hat er nicht nur die Verantwortung für die Filmaufnahmen, sondern auch gleich für den Schnitt und das Hochladen der verschiedenen Folgen auf dem vereinseigenen YouTube-Kanal übernommen.

Bei der Arbeit trägt er vorschriftsmäßig eine Atemschutzmaske. Sie soll vor allem bei den Nahaufnahmen die Musiker als auch ihn selbst vor einer eventuellen Ansteckung schützen. Das Vater-Tochter-Gespann Ingolf und Ella Burkhardt lässt sich durch die Aufnahmen nicht in seiner Performance stören, denn mit den beiden sind Profis am Werk. Der 18-Jährigen ist durch nichts anzumerken, dass sie am Morgen desselben Tages ihre Aufnahmeprüfung für das Conservatorium in Maastricht absolviert hat - coronabedingt online. Die beiden Musiker wiederholen die Songs mehrfach, bis alles im Kasten ist.

Idee zu dem Videoprojekt kam bei einem Telefongespräch auf

Auch bei der Arbeit immer auf Abstand bedacht: Joachim Krämer (v. l.), Olaf Nehls und Norbert Ohl vor dem Kleinen Theater.
Auch bei der Arbeit immer auf Abstand bedacht: Joachim Krämer (v. l.), Olaf Nehls und Norbert Ohl vor dem Kleinen Theater. © Elvira Nickmann

Die Idee zu der Aktion sei während eines gemeinsamen Telefonats entstanden, berichten Olaf Nehls und Norbert Ohl. Da die Bürger nicht ins Kleine Theater kommen könnten, sollte die Kultur eben zu ihnen nach Hause kommen – per Videoplattform. Sie holten Melvin Jäpel ins Boot, diskutierten per Videokonferenz, wie die Theorie in die Praxis umgesetzt werden könnte. Pressesprecher Joachim Krämer sagt: „Wir haben Künstler angesprochen, zu denen wir gute Kontakte haben, und sie zu einem Konzerttag eingeladen.“ Auswahl habe es genug gegeben, denn „hier ist ja eine sehr künstlerische Ecke“.

Der Poetry-Slammer Lennart Hartmann, das Trio Latin Time, Singer-Songwriterin Ada Brodie – die längst aus dem Schatten ihres älteren Bruders David Garrett getreten ist, Sängerin Conni Kietzmann, Pianist Lajos Meinberg und Gitarrist Kjell Kitzing sagten ihre Teilnahme zu. Den Anfang macht Kjell Kitzing mit einer Soloperformance, in der er seine Bandbreite unter Beweis stellt. Das Nachwuchstalent ist in einer weiteren Folge zusammen mit Lajos Meinberg zu hören und zu sehen. Als Duo Kjell & Lajos traten die Musiker im Sommer 2019 beim Wettbewerb „Jugend jazzt“ an und gewannen den Konzertpreis.

Stress und Spaß gehören zu Drehtagen wie diesem einfach dazu

Für den Vereinsvorsitzenden Olaf Nehls ist die Aktion ein Herzensanliegen, er sagt: „Seit Wochen haben wir hier eine tote Bühne – aber jetzt nach den Auftritten bin ich richtig froh, denn es war so schön.“ Inzwischen ist auch das erste Video fertig bearbeitet und Jäpel vollauf zufrieden mit dem Ergebnis. Er sagt: „Der Drehtag hat Spaß gemacht, er war auch stressig, aber das ist beim Film immer so.“ 111 Gigabyte Filmmaterial seien so entstanden.

Jäpel ist auch von der Akustik angetan: „Der Techniker hat den Sound live abgemischt, dementsprechend hört es sich so an, dass es direkt auf Spotify gestellt oder auf CD gebrannt werden könnte.“ Besonders beeindruckt habe ihn die Performance Ada Brodies und die schöne Stimmfarbe von Ella Burkhardt. Auf dem YouTube-Kanal des Theaters sei ein Intro-Trailer zur Serie eingestellt, das Video selbst werde er am Dienstag hochladen. Wer über ein YouTube-Konto verfügt, kann den Button „Erinnerung einrichten“ unter dem Premierenbild anklicken, um zu Beginn eine Benachrichtigung zu erhalten.

Sechs Folgen des KulturStream sind ein Testlauf für weitere Aktionen

Etwa eine Stunde haben Ella und Ingolf Burkhardt für die Aufnahmen auf der Bühne gestanden. Nach dem Auftritt sagt der Trompeter: „Als Duo ist es unser erster öffentlicher Auftritt.“ Ob er erfolgreich ist, hängt jetzt von der Zuschauerbeteiligung ab. Wie auch das gesamte Projekt, das ein Testlauf für weitere alternative Kulturangebote des Vereins ist. Denn es gibt schon neue Ideen.