Ammersbek/Reinbek/Reinfeld/Trittau. In Ammersbek, Reinbek und Trittau sind die Amtsinhaber die einzigen Kandidaten. Führt die Corona-Krise zur Briefwahl für alle?
Die Bürger in vier Stormarner Orten wählen am Sonntag, 17. Mai, ihren Bürgermeister – wenn nichts dazwischenkommt. Seit dem Bewerbungsschluss am Montag um 18 Uhr steht fest: Eine richtige Wahl gibt es einzig in Reinfeld, wo Mary Rose Wolgast und Roald Wramp um die Nachfolge von Heiko Gerstmann wetteifern.
In den drei anderen Kommunen haben sich keine Herausforderer für die Amtsinhaber Horst Ansén (Ammersbek), Björn Warmer (Reinbek) und Oliver Mesch (Trittau) gefunden. Dort können die Wähler ihr Kreuz nur bei Ja oder Nein machen.
Hermann Harder hält Briefwahl für die beste Lösung
Ob die Abstimmungen Mitte Mai aber tatsächlich wie geplant möglich sind, wird mit jedem weiteren Tag der Corona-Krise fraglicher. Im schleswig-holsteinischen Innenministerium werde über Alternativen nachgedacht, so Hermann Harder, Leiter der Kommunalaufsicht in der Kreisverwaltung Stormarn. „Denkbar ist eine Terminverschiebung, aber auch eine Ausnahmeregelung mit der Briefwahl für alle“, sagt er.
Noch sind zwar siebeneinhalb Wochen Zeit. Wenn sich das Coronavirus aber weiter ausbreitet, ist wegen der Ansteckungsgefahr eine Stimmabgabe in den häufig kleinen Wahllokalen kaum vorstellbar. Und auch die Suche nach ehrenamtlichen Wahlhelfern dürfte schwierig sein. Wegen „höherer Gewalt“ will die Stadt Rendsburg ihre für 7. Juni geplante Bürgermeisterwahl auf Ende Oktober verlegen.
Hermann Harder hält persönlich die Briefwahl für die bessere Lösung. „Damit ist die Handlungsfähigkeit der Verwaltungen mit dem Bürgermeister als oberstem Vertreter sichergestellt“, sagt er. Und auch bei einem späteren Termin sei ja nicht gewährleistet, dass die Krise bis dahin beendet sei.
Gerstmann setzte sich gegen Andreas Lehmann durch
Reinfeld: Der 12. September 2014 war Heiko Gerstmanns erster Arbeitstag im Rathaus, der 11. September 2020 wird sein letzter sein: Der von den Kommunalpolitikern häufig kritisierte Bürgermeister zog seine Kandidatur zurück. Die rund 7500 Wahlberechtigten können sich jetzt zwischen der Zollbeamtin Mary Rose Wolgast und Roald Wramp, Kämmerer der Amtsverwaltung Nordstormarn, entscheiden. Ihn unterstützen CDU, SPD, Grüne und Wählergemeinschaft WIR. Vor sechs Jahren hatte die SPD ihren Stadtverordneten Gerstmann, Bau- und Wirtschaftsingenieur bei den Entsorgungsbetrieben Lübeck, nominiert. Die Grünen unterstützten ihn. Gerstmann setzte sich mit 56,8 Prozent der Stimmen gegen den Reinfelder Kämmerer Andreas Lehmann durch, den Kandidaten von CDU und WIR.
Der Gemeindewahlausschuss kommt zur weiteren Vorbereitung am Freitag, 27. März, in reduzierter Besetzung zusammen. „Eventuell werden wir die Sitzung unter freiem Himmel durchführen, um alle Sicherheitsaspekte einzuhalten“, sagt Wahlleiterin Inga Burmeister zum Abendblatt.
Björn Warmer aus Reinbek hat keinen Gegenkandidaten
Ammersbek: Bürgermeister Horst Ansén steht seit Januar 2009 an der Spitze der Verwaltung und vor seiner dritten Amtszeit. Erstmals hat er keinen Gegenkandidaten. Bei seiner ersten Wahl verwies Ansén, der zuvor als Betriebswirt bei der Volksfürsorge arbeitete und SPD-Gemeindevertreter war, drei Mitbewerber mit 54,8 Prozent auf die Plätze. Im Mai 2014 lag er mit 71,6 Prozent deutlich vor seinem Kontrahenten Lars Theinert. „Aktuell gelten die meisten Corona-Beschränkungen bis 19. April, deshalb müssen wir von dem Wahltermin im Mai ausgehen“, sagt Wahlleiter Michael Nehring. Machbar sei auch eine reine Briefwahl. Um gesetzliche Fristen einzuhalten, tagt der Gemeindewahlausschuss am Freitag, 27. März. Stimmberechtigt sind rund 8200 Einwohner.
Reinbek: Seit September 2014 leitet Bürgermeister Björn Warmer (44) die Verwaltung. Das dürfte in den nächsten sechs Jahren so bleiben, denn der frühere Justiziar der Stadt Schwarzenbek hat keinen Gegenkandidaten. Bei seiner ersten Wahl setzte er sich mit 53,6 Prozent gegen Jürgen Vogt-Zembol, Verwaltungsdirektor im Reinbeker Rathaus (31,3 Prozent), und den Erzieher Lars Bardua (15,0) durch. Damals unterstützte die SPD Björn Warmer, jetzt wurde er auch von der CDU nominiert. Der Gemeindewahlausschuss tagt am Freitag, 27. März, unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Sitzungssaal des Rathauses. Ob und wie die rund 22.300 stimmberechtigten Reinbeker im Mai wählen können, entscheidet sich in Absprache mit dem Innenministerium.
Krisenmanagement steht derzeit im Vordergrund
Trittau: In Trittau sind rund 7520 Bürger wahlberechtigt. Der einzige Kandidat für die Bürgermeisterwahl ist Amtsinhaber Oliver Mesch. Für den 49-Jährigen, der seit dem 15. August 2014 Verwaltungschef ist, wäre es die zweite Amtszeit. Das frühere SPD-Mitglied trat 2013 aus der Partei aus, ging als unabhängiger Kandidat ins Rennen. Bei der Wahl setzte er sich gegen fünf Mitbewerber durch. Im ersten Wahlgang erhielt er 1560 Stimmen, gefolgt von dem Bordesholmer Eckhard Frahm mit 733 Stimmen. In der nötigen Stichwahl bekam Mesch 1801 Stimmen (57 Prozent) und Frahm 1359 Stimmen (43 Prozent).
Oliver Mesch ist gebürtiger Trittauer. Er hat Geschichte und Skandinavistik studiert, war ab 2000 Amtsarchivar von Gemeinde und Amt Trittau und ab 2002 bis 2014 Amtsarchivar der Archivgemeinschaft Trittau-Siek sowie Geschäftsführer des Kulturzentrums Wassermühle. Seine Amtszeit endet am 13. August.
Zu den Wahlmodalitäten sagt Mesch: „Das Land ist in der Pflicht, genaue Angaben zu machen, wie die Direktwahl durchgeführt werden soll.“ Bisher gebe es nur die Aussage, dass sie nicht verlegt werden solle. Der Bürgermeister kann sich auch eine reine Briefwahl vorstellen. Er sagt: „Corona wirbelt alles durcheinander, auch das Wahlkampfkonzept.“ Hausbesuche seien nicht denkbar, Flyer und Plakate müssten überarbeitet werden. „Der Wahlkampf verändert sich inhaltlich, die Form muss der Zeit angemessen sein.“
Derzeit setzt der Bürgermeister ohnehin andere Prioritäten: „Das Krisenmanagement steht im Vordergrund, da muss der Wahlkampf zurückstehen.“ Er wisse von Bürgern, die wegen Einkommensausfällen ihre Miete nicht mehr zahlen könnten, und Betrieben, die ihre Steuervorauszahlungen nicht mehr leisten könnten. „Corona ist eine Zeitenwende“, sagt Mesch, der für die Gemeinde Steuereinbußen erwartet. Die Bewältigung der Krise werde nur funktionieren, „wenn Verwaltung und Politik vertrauensvoll zusammenstehen“.