Ahrensburg. Hostel, Brotmanufaktur oder Markthalle: Hochschüler aus Hannover präsentieren Konzepte für das denkmalgeschützte Gebäude.
Es ist dunkel und kalt, viele Fenster sind mit Brettern vernagelt oder mit Eisenstangen gegen Einbrecher gesichert: Zurzeit sieht der Alte Speicher auf dem Ahrensburger Gutshofgelände wenig einladend aus. Ein Bild, das sich auch 19 Innenarchitektur-Studenten der Hochschule Hannover bot, als sie das denkmalgeschützte Gebäude im Herbst 2019 besichtigten. Ihre Aufgabe für die anschließenden vier Monate: eine „publikumswirksame und ökonomisch tragfähige Nutzung“ für das 1895 errichtete Bauwerk zu entwickeln.
Ein Entwurf sieht kleine Bühne für Musiker vor
Ihre fertigen Konzepte haben sie jetzt im Marstall der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ideen reichen von unterschiedlichen Gastronomie-Angeboten über ein Hostel bis zu Ausstellungsräumen und Ateliers. „Wir haben nicht nur das Gebäude an sich betrachtet, sondern auch dessen Historie und die Umgebung“, sagt Diplom-Ingenieur Sven Ronshausen, der das Projekt mit zwei Kollegen betreut hat. „Die Studenten haben das Denkmal erhalten, aber im Inneren radikal aufgeräumt.“
Ekaterina Modakalova hat aus dem Speicher zum Beispiel ein „Genuss Werk“ gemacht. „Das Herzstück meines Entwurfs ist ein verglastes Atelier in der Mitte eines Restaurants“, sagt die 23-Jährige. „Die Besucher können beim Essen zusehen, wie die Künstler dort arbeiten.“ Im zweiten Obergeschoss soll es wechselnde Ausstellungen geben, die nach dem Restaurantbesuch besichtigt werden können. Im Erdgeschoss möchte die Studentin eine kleine Bühne für Musiker errichten. Sie sagt: „Alles lebt und profitiert voneinander.“
„Ahrensburger wieder an das traditionelle Handwerk heranführen“
Ihre Kommilitonin Mara Kühn würde den Speicher gern in ein Hostel umwandeln. „Alle wünschen sich, dass mehr junge Menschen nach Ahrensburg kommen“, sagt sie. Mit einem solchen Angebot könnte das gelingen. Auch für Hochzeitsgäste sei der Weg vom Ahrensburger Schloss nicht weit. Vorgesehen sind in ihrem Konzept Einzel-, Doppel- und Mehrbettzimmer mit Gemeinschaftsbad, dazu im Erdgeschoss ein großer Aufenthaltsraum mit Bar, Küche und Arbeitsplätzen.
Philippa Hahlbohm schlägt vor, aus dem denkmalgeschützten Gebäude die Brot- und Biermanufaktur „Frida & Wilhelm“ zu machen. „Ich möchte die Ahrensburger wieder an das traditionelle Handwerk heranführen“, sagt sie. „Welcher Ort wäre dafür besser geeignet als ein alter Getreidespeicher?“ Ihre Pläne sehen eine Gaststätte, einen Shop und einen Workshop-Bereich vor, in dem Besucher lernen können, Brot zu backen.
Studentinnen planen ein Stockbrot-Restaurant
Auch Neele Prauser und Jana Riedel setzen auf Erlebnisgastronomie. „Wir haben über unsere schönsten Kindheitserinnerungen mit Essen nachgedacht“, sagt Prauser. Das Ergebnis: Die Studentinnen wollen aus dem Speicher ein Stockbrot-Restaurant machen, mit Feuerstellen an den Tischen. Dafür müsste die Decke zwischen Erd- und erstem Obergeschoss entfernt werden. Im Außenbereich sieht ihr Konzept um den Teich eine Terrasse mit Lagerfeuer vor. Zudem soll es das Stockbrot auch „to go“, also zum Mitnehmen geben.
„Wir wollen Kinder und Jugendliche ansprechen sowie ältere Menschen“, sagt Ann-Kristin Müller. Die 23-Jährige stellt bei ihrem Entwurf das Thema Kreativität in den Mittelpunkt. Angedacht sind Ateliers und Werkräume, Bereiche für Workshops und Ausstellungen. Besucher sollen den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter schauen können.
Für die Studentinnen Ronja Arnold und Jennifer Ianula ist der Alte Speicher ein idealer Ort für eine Markthalle. An verschiedenen Ständen sollen Gäste ihren Vorstellungen zufolge Suppen, Pasta, Stullen sowie Obst und Gemüse kaufen und dann an einem Sitzbereich in der Mitte verzehren können. Olga Strugova setzt auch bei der äußeren Gestaltung auf Extravaganz. „Ich würde den Keller mit einer Glasfassade ausstatten, dadurch erhält das Gebäude eine schwebende Wirkung“, sagt sie.
Bürger sollen bei der späteren Nutzung mitreden können
Die Idee für die Kooperation kam von der Hochschule Hannover. Sie suchte für ein Projekt ein leerstehendes Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. „Die Zusammenarbeit hat sich angeboten“, sagt Kay Renner, Mitarbeiter im Ahrensburger Bauamt. „Denn wir wissen selbst noch nicht, wofür der Speicher nach seiner Sanierung genutzt werden soll.“
Die Ergebnisse der Studenten sollen neue Erkenntnisse liefern, „die uns bei der Entscheidung helfen“. Ausgeschlossen hat die Verwaltung bislang ein Jugendgästehaus („zu hohe Kosten“) und einen Theatersaal („zu wenig Platz“).
Der Speicher gehört seit 2015 der Stadt. Sie hat ihn für 600.000 Euro vom Eigentümer des Park Hotels erworben. Ahrensburg musste dank Städtebaufördergeld nur ein Drittel der Kosten tragen. Das gilt auch für die Sanierung, die im Innenstadtkonzept mit 3,6 Millionen Euro veranschlagt ist. Die Umsetzung ist für 2023 geplant. Die Bürger sollen bei der künftigen Nutzung mitreden. Laut Renner ist noch eine umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligung geplant.