Ahrensburg. Der Alte Speicher bietet laut Stadtverwaltung nicht genügend Platz für eine große Bühne. Auch ein Jugendgästehaus sei unrealistisch.
Die Sonne lässt den Alten Speicher auf dem Ahrensburger Gutshofgelände hell erstrahlen – zumindest von außen. Im Inneren des 1895 errichteten Gebäudes kommt nur wenig Licht an, viele Fenster sind mit Brettern vernagelt oder mit Eisenstangen gesichert. „Zum Schutz vor Einbrechern“, sagt Arno Petersen. Vorsichtig steigt der Rathausmitarbeiter eine Treppe bis zum zweiten Stock hinauf. Dort bleibt er stehen, leuchtet mit seinem Handy den Fußboden nach Nägeln ab. Sie geben ihm einen Hinweis, wo der Weg mit Holzbrettern verstärkt wurde. Ein falscher Schritt kann hier extrem gefährlich werden, denn: „Hier ist alles morsch“, sagt er. Deshalb sei der Zugang nach oben normalerweise abgesperrt.
Seit 2016 gehört der Speicher der Stadt, sie hat ihn für 600.000 Euro vom Eigentümer des Park Hotels erworben. Dank Städtebaufördergeld musste Ahrensburg nur ein Drittel der Kosten tragen. Deutlich teurer, aber wohl auch finanziell gefördert, wird die Sanierung werden. Im Innenstadtkonzept sind dafür 3,6 Millionen Euro vorgesehen. Doch zunächst muss die spätere Nutzung des 1600 Quadratmeter großen Gebäudes festgelegt werden.
Nicht jede Idee sei sinnvoll
„Alles, was bisher im Gespräch war, ließe sich umsetzen“, sagt Stadtplanerin Andrea Becker. Aber nicht jede Idee sei aus Sicht der Verwaltung sinnvoll. Eine deutliche Absage erteilt sie den Plänen für ein Theater. Kulturschaffende aus Ahrensburg hatten gehofft, im Speicher einen modernen Saal mit großer Bühne für Theater- und Musicalaufführungen zu bekommen. Ein solcher fehlt in der Schlossstadt. Die zurzeit genutzten Spielorte, der Alfred-Rust-Saal in der Selma-Lagerlöf-Schule und der Marstall, gelten als „nicht ideal“. Der Speicher bringe aber keine Verbesserung, sagt Bauamtsleiter Peter Kania. „Im Marstall ist die Bühne relativ klein. Der Speicher ist noch mal einen Meter schmaler.“ Zudem stelle ein Theaterbetrieb hohe Ansprüche an die Räume. Die wären nur realisierbar, wenn aus dem dreistöckigen Gebäude eine große Halle würde. Die Zwischendecken müssten entfernt werden. Aber selbst dann werde es knapp, Zuschauerplätze, Unter- und Hinterbühne, Garderoben und Requisitenräume unterzubekommen.
„Das ist jammerschade“, sagt Sabine Schwarz, Vorsitzende des Vereins Theater und Musik in Ahrensburg. Zurzeit nutzt der Verein für Vorführungen den Alfred-Rust-Saal. „Er liegt sehr abseits. Ein Theater im Ensemble mit dem Marstall wäre toll gewesen.“ Aber mit einer noch kleineren Bühne als bisher „könnten wir gar nicht arbeiten“, sagt Schwarz. Sie hofft, dass der Speicher trotzdem zu einem Kulturzentrum wird, mit Gastronomie und Künstlerateliers.
Jugendgästehaus ja – aber an einem anderen Standort
Für unrealistisch hält die Verwaltung auch ein Jugendgästehaus mit Schlafzimmern und Seminarräumen. Dieses wünscht sich der Kinder- und Jugendbeirat. Angedacht waren mindestens 30 bis 40 Betten – als Alternative zu dem Haus in Lütjensee, das häufig belegt ist. „Aus Brandschutzgründen ist das schwierig“, sagt Bauamtsleiter Peter Kania. Für einen Übernachtungsbetrieb müssten Notausgänge geschaffen werden. Wegen der festen Außenwände des Speichers wäre die Umgestaltung nur mit viel Aufwand zu schaffen. „Das Ganze wäre nicht wirtschaftlich“, sagt er. „Der Umbau würde bestimmt dreimal so teuer werden wie ein Neubau auf der grünen Wiese.“ Generell finde er ein Jugendgästehaus gut, betont der Fachbereichsleiter: „Aber an einem anderen Standort. Zum Beispiel beim Badlantic.“
Tim Grammerstorf, Vorsitzender des Kinder- und Jugendbeirates, hat durch das Abendblatt von den Bedenken der Verwaltung erfahren. Das Gremium wollte sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Februar, damit beschäftigen, wie es mit ihrem Projekt weitergeht, es aber nicht begraben. „Es wäre sehr schade, wenn aus dem Jugendgästehaus nichts wird“, sagt Grammerstorf. „Ich finde, wir sollten es noch nicht aufgegeben, denn in Ahrensburg gibt es auf jeden Fall Bedarf.“ Auch der Standort auf dem Gutshofgelände sei ideal – wegen der guten Erreichbarkeit und der Anbindung an die Kultur.
Stadtverwaltung favorisiert Mischnutzung des Gebäudes
Wie geht es jetzt weiter? Die Verwaltung hatte bereits im Frühjahr 2018 acht Ideen für den Speicher auf ihren Nutzwert hin untersucht: Gastronomie, Jugendgästehaus, Musicalschule, Museum, Theater, Kreativbüros, Galerie und Verwaltung. Damals kam das Gästehaus noch auf den zweiten Platz. Auch das Theater erreichte eine hohe Punktzahl. Was hat sich seitdem verändert? Dazu sagt Andrea Becker: „Wir haben die Analyse auf Wunsch der Politiker konkretisiert, haben untersucht, welche Effekte welche Nutzung hinsichtlich des baulichen Aufwands, für den Tourismus und für die Menschen in Ahrensburg hätte.“ Die Ergebnisse will die Verwaltung demnächst im Bau- sowie im Kulturausschuss vorstellen.
„Ziel sollte es sein, mit der Nutzung des Speichers Synergieeffekte für die umliegenden Gebäude zu schaffen, um mehr Besucher hinzulocken“, sagt Becker. Das Ensemble mit Marstall, Reithalle und Verwalterhaus steht unter Denkmalschutz. Laut Bauamt sei eine Mischnutzung des Speichers am besten, möglichst mit Gastronomie. „Es wäre toll, dort einen Veranstaltungsort für runde Geburtstage und andere Familienfeiern zu haben“, sagt Becker. „Die Gäste könnten dann einen Spaziergang zum Schloss unternehmen.“
Verwaltung schlägt entwicklungsoffene Sanierung vor
Auch für Ausstellungsräume und Künstlerateliers sei noch Platz. „Von der Struktur und Größe der Räume würde das gut passen“, sagt Kania. Zurzeit sieht es im Erdgeschoss noch chaotisch aus. Ein Antiquitätenhändler hat die Räume gemietet, lagert dort Ware. Möglich ist es aus Sicht der Behörde auch, eine Musical- oder Tanzschule im Speicher unterzubringen. Sie könnten dort eine kleine Bühne für Proben bekommen, müssten für Auftritte aber auf andere Standorte ausweichen.
Die Verwaltung schlägt vor, die Sanierung des Speichers „entwicklungsoffen“ vorzunehmen. Diese Anregung habe die Expertengruppe städtebaulicher Denkmalschutz bei einem Besuch in der Schlossstadt gegeben. „Verbaut es euch nicht!“, lautete die Mahnung der Fachleute, die Ahrensburg im Auftrag des Bundesministeriums für Bau im November 2018 zwei Tage unter die Lupe nahmen. Becker: „Das Gebäude sollte nach der Sanierung nicht für Jahrzehnte auf eine Nutzung festgelegt sein.“
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Zudem möchte die Stadt die Bürger stärker in den Entwicklungsprozess einbeziehen. „Bisher haben wir nur die Ideen der Vereine abgefragt“, sagt Becker. In welcher Form die Bürgerbeteiligung erfolgen soll, ist noch unklar. Möglich seien eine öffentliche Veranstaltung oder ein Aufruf, Konzepte einzureichen. Zeit dafür ist noch genügend. Die Sanierung ist im Stadtentwicklungskonzept erst für das Jahr 2023 vorgesehen.
Was denken Sie? Was soll aus dem Speicher am Marstall werden? Schreiben Sie uns eine Mail an stormarn@abendblatt.de oder per Post an Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn, Große Straße 11-13 in 22926 Ahrensburg.