Glinde. Viergeschossiges Gebäude mit 20 Behandlungsräumen soll entstehen. Parteien beraten über erforderliche Nutzungsänderung.

In der Glinder Innenstadt an der Avenue St. Sebastien soll ein zahnmedizinisches Versorgungszentrum entstehen, in dem bis zu zehn Spezialisten Patienten behandeln. Geplant ist ein viergeschossiges Gebäude mit fast 600 Quadratmetern. Darin sind rund 20 Behandlungsräume angedacht. Der Bebauungsplan lässt diese Größe zu. Allerdings ist auf dem Areal derzeit nur eine neue Immobilie mit Wohnungen möglich. Die Stadt muss daher einer Nutzungsänderung zustimmen.

Zahnzentrum soll an Hochhaus angedockt werden

Hinter dem Projekt stehen Anna Siemers und der Glinder Zahnarzt Sebastian Bowien. Siemers ist Grundstückseigentümerin und Bauherrin, will den Komplex vermieten. Sie hat bereits vor drei Jahren ein Hochhaus mit hellen Verblendsteinen an der Ecke zum Oher Weg erstellt. Im Erdgeschoss befinden sich Geschäfte, darüber Mietwohnungen. Dem Gebäude mit seinen mehr als 1200 Quadratmetern musste seinerzeit ein kleines und dunkelrot gestrichenes Haus weichen, das Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde. Zuletzt war dort ein Friseur und davor für rund 25 Jahre die Kult-Kneipe Filou.

Das Zahnzentrum soll an das Hochhaus angedockt werden. Zu sehen ist das auf einer Skizze, die Bestandteil einer Präsentation im nichtöffentlichen Teil der Bauausschusssitzung im vergangenen Dezember gewesen ist. In dem Dokument sind auch die Expansionspläne des Zahnarztes Sebastian Bowien mit Zahlen beschrieben. Er hat derzeit eine Praxis am Glinder Berg, die nicht mehr seinen Anforderungen entspricht und in der drei weitere Mediziner arbeiten. Eine Kollegin ist zudem in Elternzeit.

Mediziner nennt Vorteile des Standortwechsels

Bowien, der die Immobilie an der Avenue St. Sebastien mieten will, plant nach dem Umzug mit acht bis zehn Zahnärzten. Die Zahl der Lehrlinge will er von derzeit drei auf acht erhöhen und weitere Mitarbeiter einstellen. Die dazugehörige Expansionsphase ist in der Präsentation mit dem Zusatz „ab 2020“ versehen. 18 bis 20 Behandlungsräume hat Bowien aufgeführt. Das sind dreimal so viele wie in der jetzigen Praxis.

Der Mediziner nennt in dem Schriftstück weitere Vorteile des Standortwechsels. Unter anderem soll eine Kieferorthopädie-Abteilung zum Zentrum gehören. Und er zahle Gewerbesteuer an die Stadt. Bowien führt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), verspricht zudem lange Öffnungszeiten. Der Zahnarzt hat es offenbar eilig, will mit der Umsetzung nicht warten, bis das Ortsmittenkonzept steht. Ein solches hat die Stadt mit Bürgerbeteiligung zwar erarbeitet. Der dazugehörige Rahmenplan, in dem die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt sind, muss von der Politik aber noch verabschiedet werden. Es gibt Zeichnungen, wie die City aussehen könnte. Werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, geht es um Investitionen im dreistelligen Millionenbereich. Ziel ist es, die Attraktivität der 18.700 Einwohner zählenden Kommune zu erhöhen.

Zahnarzt Bowien will sich noch nicht zum Projekt äußern

Sebastian Bowien wollte sich gegenüber dem Abendblatt genauso wie Bürgermeister Rainhard Zug nicht zum Zahnzentrum äußern. Der zuständige Architekt Sven Kosemund beantwortete Fragen wie nach der Höhe des Investitionsvolumens nicht. „Bei der nächsten Bauausschusssitzung sollen entscheidende Weichen für die weitere Planung gestellt werden“, teilte er lediglich mit. Diese ist am Donnerstag, 13. Februar, um 19 Uhr im Marcellin-Verbe-Haus (Markt 2). Das Thema wird dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt.

Bürgermeister Zug ist befugt, eine Nutzungsänderung auszusprechen und kann das Vorhaben somit auf den Weg bringen. Das will der Verwaltungschef aber nicht. Stattdessen verfährt er nach dem Prinzip der Absicherung, möchte sich Rückendeckung von den Parteien holen.

Der FDP-Vorsitzende Thomas Kopsch sagt: „Wir sehen das grundsätzlich positiv, müssen in der Fraktion aber noch einmal über die Parkplatzsituation reden.“ Rainer Neumann, Fraktionschef der CDU, beurteilt das Zahnzentrum so: „Dieses Projekt ist ein erweiterter Service für die Bürger. Ich persönlich tendiere zu einer Zustimmung.“ In seiner Fraktion stünden noch Gespräche an.

In Glinde gibt es mehrere Altenheime

Auch bei der SPD steht das Thema bei der nächsten Besprechung auf der Agenda. Der Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach: „Mein Bauchgefühl sagt, das Ding ist drei Nummern zu groß. Parkplatztechnisch liegt es meiner Ansicht nach ungünstig.“ Ein Ärztehaus mit Medizinern verschiedener Fachrichtungen begrüße er, allerdings an einem anderen Standort.

„Wir stehen dem wohlwollend gegenüber“, sagt Grünen-Fraktionschefin Petra Grüner. Ihre Partei habe über das Zahnzentrum einmal diskutiert. „Es ist eine gute Möglichkeit für ältere Menschen, gerade ob der Barrierefreiheit behandelt zu werden. Dort sollen auch Liegendtransporte berücksichtigt werden.“ In Glinde gibt es mehrere Altenheime. Dort sind viele Senioren untergebracht, die nicht mehr gehen können.