Grosshansdorf. Gemeinde muss für die Unterbringung von 111 Tieren in Heimen zahlen. Die Katzen lebten mit ihren Halterinnen in verdrecktem Haus.

101.000 Euro – diese Summe hat die Gemeinde Großhansdorf seit dem vergangenen August an Tierheime überwiesen. Das teilte Bürgermeister Janhinnerk Voß den Politikern auf der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses mit. In den sechs Einrichtungen in Hamburg und dem Süden Schleswig-Holsteins waren 111 Katzen untergebracht worden, die die Behörden aus einem Messie-Haus an der Ecke Sieker Landstraße/Grenzeck gerettet hatten. Ob Großhansdorf den Betrag zurückbekommt, ist ungewiss.

Nachbarn hatten sich jahrelang beschwert

Kater Bilbo lebte in dem Messie-Haus. Er wurde im Tierheim aufgepäppelt..
Kater Bilbo lebte in dem Messie-Haus. Er wurde im Tierheim aufgepäppelt.. © Hamburger Tierschutzverein

„Das Geld ist in die Unterbringung, medizinische Versorgung und Verpflegung der Tiere geflossen“, sagte Voß. „Pro Tag zahlt die Gemeinde etwa zehn Euro für jede Katze“, so der Verwaltungschef. Die Anwaltskosten für mehrere anhängige Verfahren gegen die beiden Halterinnen der Katzen, eine 70-Jährige und ihre 50 Jahre alte Tochter, seien in die Summe noch nicht mit eingerechnet. „Das Geld wollen wir uns wiederholen“, kündigte der Bürgermeister an. In voller Höhe werde das aber nicht möglich sein. Voß: „Wir gehen derzeit davon aus, dass wir Anspruch auf eine Rückerstattung von etwa Zweidritteln der Summe haben.“ Zwischen 65.000 und 67.000 Euro könne die Gemeinde den beiden Frauen also in Rechnung stellen. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass Großhansdorf auf den Kosten sitzen bleibt. „Ob die Halterinnen den Betrag dann begleichen können, ist eine andere Frage“, so der Verwaltungschef.

Nachbarn hatten sich jahrelang immer wieder bei der Gemeinde über die Zustände auf dem Grundstück der beiden Frauen beschwert. Im August 2019 hatten sie die Polizei verständigt, weil sie viele umherstreunende Katzen auf dem Areal entdeckten. Die Tierschutzbehörde des Kreises veranlasste daraufhin einen Großeinsatz. Polizei, Feuerwehr, Veterinäramt und Mitarbeiter mehrerer Tierheime rückten an, um die Katzen einzufangen. Auch Bürgermeister Janhinnerk Voß half mit. Er wurde von einem der Tiere in die Hand gebissen und musste in einer Klinik ambulant behandelt werden.

Besitzerinnen klagen gegen das Tierhaltungsverbot

Spezialanzüge schützten die Einsatzkräfte vor Kot, Urin und Müll.
Spezialanzüge schützten die Einsatzkräfte vor Kot, Urin und Müll. © rtn

Den Einsatzkräften bot sich ein grausames Bild. „Das gesamte Gebäude war von Abfall und Fäkalien und sämtlich von durch undichte Stellen eintretendes Wasser und Katzenurin durchfeuchtet“, heißt es in einem Bericht der Amtstierärztin. Im Keller habe die Feuerwehr der Raumluft wegen der hohen Konzentration von Ammoniakgasen künstlich Sauerstoff zuführen müssen, um ihn gefahrlos betreten zu können. Einigen Tieren fehlten Extremitäten, sie hätten offene Wunden gehabt.

Die Gemeinde Großhansdorf ordnete die Fortnahme der Katzen an, das Kreisveterinäramt verhängte ein Tierhaltungsverbot gegen die Frauen. Das Haus dürfen sie nicht mehr betreten. „Wir gehen davon aus, dass die Ammoniakbelastung durch den Kot gesundheitsschädlich ist“, sagt Voß. Daher habe die Gemeinde ein Nutzungsverbot für die Immobilie verhängt.

Halterinnen wollen die Katzen behalten

Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Eine Enteignung komme unter den derzeitigen Umständen rechtlich nicht infrage, sagt Voß. Nach Auffassung der Gemeinde ist die Immobilie abrissreif. „Die Damen sind weiterhin an der Adresse gemeldet, ihre Post holen sie dort regelmäßig ab“, so der Verwaltungschef. Wo die beiden Frauen sich derzeit aufhalten, sei ihm aber nicht bekannt.

„Die Halterinnen haben gegen alle acht unserer Bescheide bezüglich der Katzen und der Nutzung des Hauses vor Gericht Widerspruch eingelegt“, sagt Voß zum Abendblatt. Sie wollen die Katzen behalten und weiterhin in dem Haus leben. Drei Klagen und zwei Eilanträge hätten die Damen zudem eingereicht. „Sämtliche Eilanträge sind vom Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht in Schleswig zu Gunsten der Gemeinde Großhansdorf entschieden worden“, sagt der Bürgermeister. Das sei ein Zeichen dafür, dass das Gericht die Auffassung der Gemeinde teile. Doch bis ein endgültiges Urteil in den Verfahren ergehe, könne es noch ein bis zwei Jahre dauern, fürchtet Voß.

Summe wird bis zum Urteil in rund zwei Jahren wachsen

„Bis rechtlich alles geklärt ist, wird die Gemeinde kein Geld von den Halterinnen bekommen“, sagt der Verwaltungschef. Stattdessen werde die Summe weiter anwachsen. „Zwischen zehn und 20 Katzen konnten vermittelt werden“ berichtet Voß. Gleichzeitig seien zahlreiche Tiere trächtig gewesen, hätten inzwischen Junge geboren. „Viele Tiere leiden an einem Infekt, sind vorerst nicht vermittelbar“, so Voß. Er betont: „Für eine kleine Gemeinde wie Großhansdorf sind das enorme Kosten, aber das Wichtigste für uns ist das Wohl der Tiere.“ Es handele sich schließlich um Lebewesen, denen sich die Gemeinde moralisch verpflichtet fühle.

Großhansdorf kann hoffen, dass die Unterbringungskosten in Zukunft geringer ausfallen. Voß: „Einige Tierheime haben uns in Aussicht gestellt, aus Kulanz mit Beginn diesen Jahres keine Kosten mehr in Rechnung zu stellen.“